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6. Hof- und Privatleben und Tagesordnung Friedrich's des Großen. Seine Freunde und Freundinnen.

Ich komme nun auf die Tagesordnung des Königs. Regelmäßig residirte Friedrich der Große während der Frühlings- und Sommerzeit von Ende März, Anfang oder Mitte April an, je nachdem die Witterung war, bis zum Spätherbst in Sanssouci. Er bewohnte hier die rechte Hälfte des Schloffes, wozu drei Zimmer, ein Schlafcabinet und ein Bibliothekzimmer gehörten. Die drei Zimmer, das Empfangs-, das Musik und das ovale Speisezimmer, so wie das Schlafcabinet durften Fremden gezeigt werden in das kleine mit Cedern getäfelte Bibliothek oder Studierzimmer ward Niemand geführt, als von Friedrich selbst. Das Schlafcabinet war mit dem Bildniß Gustav Adolf's und einer antiken Büste Marc Aurel's auf dem Kamine geschmückt. Friedrich starb darin und es ist, wie das Studierzimmer noch heut zu Tage in dem Stande, wie es der große König benußte; die andern Gemächer ließ Friedrich Wilhelm II. durch den Dessauer Erdmannsdorf

wesentlich verändern. Alle Vorhänge und Möbelüberzüge in des Königs Gemächern waren, da Friedrich nur gedämpfte Farben liebte, hellviolett, himmelblau, seladongrün oder rosenroth, auch fleischfarbig, mit Silber eingefaßt.

Die andere linke Hälfte des Schloffes war für die eingeladenen Gäste refervirt, namentlich für den Erbprinzen und den Prinzen Friedrich von Braunschweig, seine Neffen und Lieblinge; hier wohnte auch Voltaire.

Der König stand alle Morgen zwischen drei und vier, selten nach vier Uhr und im Winter um fünf Uhr auf. Er schlief nur fünf bis sechs Stunden; nur in seinen alten Tagen erhöhte sich diese Zeit auf sieben, ja auch acht und neun Stunden. Er hatte von Natur eine Neigung zum Langeschlafen; er arbeitete aber dieser natürlichen Neigung mit aller Energie des Geistes entgegen: seine Bedienten waren angewiesen, ihm eine in kaltes Waffer getauchte Serviette zu der Stunde, wo er aufstehen wollte, übers Gesicht zu legen, wenn er der vorgezeigten Weckuhr nicht Folge leiste. Als er noch als Kronprinz mit seinem Vater der Campagne am Rheine beiwohnte, hatte er einen Versuch gemacht, wie lange er sich ohne zu schlafen erhalten könne. Er hatte sich mit Kaffeetrinken vier Tage lang munter erhalten, zulegt aber war er bei Tische eingeschlafen. Eine Viertelstunde nach dem Wecken wurde in dem Schlafzimmer, Sommer und Winter durch, Kaminfeuer gemacht. Auf dem Betie sigend, zog Friedrich seine schwarzen Sammetbeinkleider, seine Stiefeln und

einen seiner Casaquins von reichem, meist hellblauem Stoffe oder Sammet mit Silber gestickt an, die ihm feine Schwestern und Nichten zu schenken pflegten. Nur, wenn er frank war, bediente er sich eines Zobelpelzes, den ihm die Kaiserin Elisabeth geschenkt hatte. Sobald er hier!" rief, trat der Kammerlakai mit den von dem ersten Kabinetsrathe in versiegeltem Einschluffe eingesandten Briefen herein. Während der Lakai ihm den Zopf machte, sah der König die Briefe durch, es waren solche, die nach dem Petschafte oder nach dem Postberichte von Adeligen kamen. Ueber alle Bittschriften der Nichtadeligen und alle übrige Berichte, Vorstellungen und Anzeigen der RegierungsDepartements las der König nur die Auszüge, die zwei Kabinetsräthe alltäglich zu machen angewiesen

waren.

War der König mit der Durchsicht dieser Briefe zu Ende, so wusch er sich und seßte in den späteren Jahren seine Haartour auf und den Hut, den er, außer bei Tische und wenn er mit Personen hohen Ranges sprach, stets auf dem Kopfe trug. Darauf übergab der Adjutant der Leibgarde den Rapport über die in Potsdam eingetroffenen Fremden, der Rapport aus Berlin war schon mit den Briefschaften angekommen. Den Rapport über die Fremden benußte der König, um Jedermann Gelegenheit zu geben, sich direct an ihn zu wenden; fand er in dem Rapport die Bemers kung: hat Verrichtungen bei S. Maj." und die Person hatte sich nicht mit ihrem Anliegen gemeldet, so ließ er Meilen weit die Leute durch einen reitenden

"

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