Page images
PDF
EPUB

"

Manteufel nennt Preußen geradezu eine Galeere." "Tout sujet en ce pays-cy, de quelque condition, qu'il soit, est regardé comme un esclave né, dont le maître peut disposer comme bon luy semble." Selbst Grumbkow schrieb einmal 4. Nov. 1732 an Seckendorf: "Le bon Dieu me fera voire une porte, pour sortir de cette maudite galere." Manteufel war ein Freund des berühmten Philosophen Wolf. Die Pietisten der Waisenhauspartei in Halle, an ihrer Spige der Profeffor der Theologie Joachim Lange, einst selbst Verfolgte, waren Verfolger geworden. Sie wandten sich an zwei Generale in des Königs Umgebung, namentlich an Nazmer. Sie gaben dem König den Rath, Wolf von Halle zu entfernen. Sie stellten, um den König dazu zu bewegen, ihm sehr nachdenklich vor, daß Wolf den Atheismus predige, indem er ein fatum lehre, ein Verhängniß. Um den König an der empfindlichsten Seite zu faffen, machten sie vorstellig, daß eine solche Lehre vom fatum z. B. die großen Grenadiere in Potsdam durchzugehen zwinge, sie, die großen Grenadiere könnten dem fatum nicht widerstehen und der König thue also - so lehre Wolf - unrecht, fie deshalb zu bestrafen. Weil nun dem Könige wirklich damals viele seiner lieben, blauen Kinder durchgegangen waren, zeichnete er im Zorne die berühmte harte Ordre vom 8. Nov. 1723, daß Wolf als ein Unchrist" binnen achtundvierzig Stunden bei Strafe des Stranges Halle

Preußen. III.

6

[ocr errors]

räumen solle. Wolf's Bücher wurden bei Karrenstrafe als atheistisch verboten. Später ward Friedrich Wilhelm günstiger und zulegt sogar ganz günstig gegen Wolf ge= stimmt, er hatte Lange an der königlichen Tafel von der lieblosen Seite kennen lernen und ein Ausschuß von vier lutherischen und reformirten Theologen hatte ausdrücklich begutachtet, die gefährlichen Irrthümer fänden sich nicht in Wolf's Schriften, die Lange darin gefunden. Er äußerte nun im Vertrauen gegen Manteufel: "Ich wollte Wolfen gern in Halle placiren, aber da würden sich die Kerels gleich wieder bei die Köpfe kriegen." Er bot ihm 5. Mai 1739 eine Profeffur in Frankfurt an, Wolf schlug sie aus, obgleich ihm der König die Bedingungen zu stellen selbst überlassen hatte. Das konnte Friedrich Wilhelm nicht begreifen, da er kein hessisches Landeskind sei, Wolf war ein Breslauer. Er bot ihm nun das Vicekanzellariat zu Frankfurt an der Oder an mit 1200 Thaler Gehalt, womit der sparsame Herr viel that, aber Wolf kam nicht. Der König empfahl indeß jezt ausdrücklich selbst nun in einem Erlaß an das reformirte Consistorium März 1739 den Candidaten des Predigtamts, Wolf's Logik zu studiren". Er selbst sogar las, wie sein Sohn unterm 14. Oct. 1739 den sächsischen Gesandten von Suhm schreibt, alle Tage drei Stunden in des Philosophen Schriften. Einige Zeit später schrieb Friedrich an der Obersten Camas: "Ich habe in der Gemüthsstimmung des Königs eine merkliche Veränderung

gefunden, er hat von den Wissenschaften als von etwas Löblichem gesprochen.“

8. Friedrich Wilhelm's religiöse Haltung. Franke und der Pietismus. Lebensart des Königs. Krankheit und Tod.

Bereits im ersten Jahre seiner Regierung gründete der König ein evangelisch - reformirtes Kirchendirec= torium. Dieses Directorium stellte für jede Provinz einen oder mehrere Inspectoren an, welche die Aufsicht über das gesammte Prediger- oder Lehrerpersonal in den Provinzen führten. Die Kirchenangelegenheiten der einzelnen Gemeinden endlich wurden von den Presbyterien geleitet: sie bestanden aus dem Prediger und aus Laien, die als Kirchenvorsteher ohne Nangunterschied aus der Gemeinde gewählt wurden. In kirchlichen Angelegenheiten behielten die Gemeinden ihre Selbstständigkeit.

So orthodor Friedrich Wilhelm war, so hielt er doch, wie seine Vorfahren, die Toleranz mit allem Nachdrucke fest. Er duldete alle Religionsparteien, nur die Jesuiten waren ihm im Tod zuwider, „die Vögels, die dem Satan Raum geben und sein Reich vermehren wollen" wie er an Seckendorf zu einer Eingabe nach Wien 1727 schrieb. Schon zu Anfang seiner Regierung erließ er ein Edict, in welchem er den lutherischen und reformirten Religionsverwandten gebot, sich aller Schmähungen gegen

einander zu enthalten und friedlich mit einander zu verkehren. Mit aller Derbheit seines ehrlichen Herzens drückt er sich in einem eigenthümlichen Postscripte zu einem Erlaffe d. d. Wusterhausen, 10. Sept. 1726 an den lutherischen Propst Roloff hierüber so aus: "Der Unterschied zwischen unsern beiden evangelischen Religionen ist wahrlich ein Pfaffengezänk, denn äußer= lich ist ein großer Unterschied; wenn man es examinirt, so ist es derselbige Glaube in allen Stücken, sowohl der Gnadenwahl als h. Abendmahl. Nur auf der Kanzel, da machen sie eine Sauce, eine saurer als die andre. Gott verzeihe allen Pfaffen, denn die werden Rechenschaft geben am Gerichte Gottes, daß sie Schulraßen aufwiegeln, das wahre Wort Gottes in Uneinigkeit zu bringen. Was aber wahr haftige geistliche Prediger sind, die sagen, daß man sich soll einer den andern dulden und nur Christi Ruhm vermehren, unsere Nächsten lieben als uns selbst, christlich zu leben und christlich zu wandeln und nur auf Christi Verdienst sich zu verlassen. Die werden gewiß felig. Aber es wird nicht heißen: Bist du lutherisch? Bist du reformirt? Es wird heißen: hast du meine Gebote gehalten oder bist du ein braver Disputator gewesen? Es wird heißen: Weg mit die legten in's höllsche Feuer zum Teufel; die meine Gebote gehalten, kommt zu mir in mein Reich, den soll die viele Freude willkommen sein. Gott gebe uns allen seine Gnade und gebe allen seinen evangelischen Kindern, daß sie mögen seine Gebote halten und daß Gott die möge alle zum Teufel schicken, die

Uneinigkeit verursachen.

Dazu helfe uns Gott der allmächtige Vater unsers Erlösers Jesu Christi durch einen bittern Tod. Amen. Friedrich Wilhelm."

Nachdem Auguft der Starke, Director des evangelischen Körpers am Reichstag, 1697 katholisch geworden war, betrachtete sich der preußische König als oberster Schußherr der Protestanten im Reich. Zwar konnte er das Directorium Sachsens nicht erlangen, er trat aber überall, wo es galt, höchst energisch für die Intereffen der Reformirten sowohl als der Lutheraner auf. Um die Bedrückungen der evangelischen Unterthanen des katholischen Kurfürsten von der Pfalz aufhören zu machen, ließ der König seit 1718 eine Abtei im Halberstädtschen und den Dom zu Minden sequestriren, der Kaiser war darüber fehr ungehalten, behauptete, solche Repreffalien ge= bührten nur dem Reichsoberhaupte, aber er befahl doch Churpfalz, die Evangelischen in ihre Rechte wieder einzusehen.

Als das Haupt der Protestanten nahm 1732 der König Friedrich Wilhelm auch den lebhaftesten Antheil an dem Schicksal der Salzburger Emigranten. 'Er schickte nicht nur ausdrücklich Commissarien zu den Salzburger Bauern, um sie einzuladen, sich in seinen Staaten niederzulassen, sondern er ergriff auch, um den Erzbischof Firmian von weiterer Verfolgung abzuschrecken, von Neuem Repreffalien gegen die Katholiken in seinem Bisthum Halberstadt, er drohte die Einkünfte der Klöster daselbst in Beschlag zu nehmen. 20,000 Salzburger fanden damals in Preußen eine

« PreviousContinue »