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Betrognen noch dazu vollends zu brüsquiren und sie für den Betrug sich bedanken zu laffen, konnte ja nicht für einen ordentlichen richtigen Cavalier" pafsiren.

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Solche Erempel, wie sie Friedrich der Große mit dem Baron Pöllniz ftatuirte, dem nichts weiter zu borgen öffentlich auf den Straßen Berlins bei. Trommelschlag unter hundert Ducaten Strafe ausgerufen wurde und mit dem Gouverneur von Königsberg, Grafen Dohna, dem durch Cabinetsorbre die Pflicht, seinen Schneider zu bezahlen, begreiflich gemacht werden mußte und mit dem Grafen Frankenberg zu Grödißberg in Schlesien, dem die Cavaliersluft, seine armen Unterthanen in den eisernen Stock zu legen, diese Manier une manière des plus cruelles injustes et insupportables", wie der König in der ihm zugefertigten Cabinetsordre fie bezeichnete durch diese Tabinetsordre erst gelegt werden mußte

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seitdem fiel der Adelsstand tief in der öffentlichen Schäßung. Die Zeiten waren vorüber, die den Schluß der pommerschen Ritterschaft auf dem Landtage zu Stettin 1602 zu Wege gebracht hatten, wo der Adel feierlich schwur, denjenigen, der sich weigern werde, richtige Schulden prompt zu bezahlen für einen Unmann, Schelm und Bösewicht zu halten und mit ihm weder effen, noch trinken zu wollen.

7. Personalien Friedrich Wilhelm's I.

Friedrich Wilhelm war ein deutscher, einfach bürgerlicher Herr, er richtete sich in Berlin und Potsdam ganz einfach bürgerlich ein, wie ein guter deutscher Haushalter. Sobald er seinen Vater zur Erde bestattet und die Staatstrauerkleider ausgezogen hatte, zog er seine einfache, blaue Uniform mit rothen Aufschlägen und silbernen Lizen, dazu gelbe Weste und Beinkleider und weiße Leinwand-Stiefeletten an, den Degen trug er stets an der Seite und in der Hand ein tüchtiges Rohr von Bambus.. Dieser Bambus war der Zauberstab, mit dem die Monarchie regiert wurde. Ging der König nicht in Uniform, so trug er einen braunen Rock und eine rothe Weste mit schmaler goldner Borde. In Wusterhausen ward ein grünes Jagdkleid angezogen. Wenn er im Cabinet arbeitete, zog er leinwandne Ueberärmel an und band sogar eine Schürze vor, aus Reinlichkeit und um seine guten Hauskleider zu schonen. Tapeten, Polsterstühle, Teppiche und dergleichen sah man in seinen Wohnzimmern nicht, alle Tische, Stühle und Bänke waren von Holz. Sogar fein Lavoir war von Holz, eine Art Mulde. Statt der Perrücke trug er einen Zopf. Seine Unterthanen folgten ihm hierin nach, sie nahmen ebenfalls den Zopf. Auch die Geistlichen nahmen ihn endlich, aber es machte ungeheures Aufsehen, als der s. g. Zopfprediger Schulz im Dorfe Gilsdorf

bei Berlin zuerst im Zopf auf der Kanzel erschien: Lange hielt man noch eigensinnig an den Perrücken fest, wie man früher fich eigensinnig gegen fie geftemmt hatte. Erft als dem katholischen Clerus verboten ward, Perrücken zu tragen, hatte sie der proteftantische angenommen. Die ächt orthodoren Perrücken der lutherischen Geistlichen waren von ganz schwarzem Bockshaar. Auch sie aber wurden vom Zopfe verdrängt.

Deutsche Ehrlichkeit und Häuslichkeit und holländische Reinlichkeit waren Hauptzüge und Hauptvorzüge in Friedrich Wilhelm's sonst so höchst wunderlichem Wesen. Fleißige Handwerker, reinliche Hausfrauen belobte er sehr. Mit der Reinlichkeit konnte er an seiner Person nicht genug thun, er hatte wiederholten Wäschewechsel und wiederholtes Händewaschen, namentlich bei Tisch, in stetem Gebrauche. An seinem Kronprinzen verdroß ihm das Gegentheil so, daß er ihm in jenem schon erwähnten Billet vom Jahre 1728 ansdrücklich vorwarf: "er sei mal propre an seinem Leibe. Eine fernerweite sehr löbliche Eigenschaft des Königs war Wahrheitsliebe. In der Instruction von 1723 für die Räthe seines Generaldirectoriums schrieb er ihnen eigenhändig vor: „Wir wollen die Flatterien durchaus nicht haben, sondern man soll Uns allémal die reine Wahrheit sagen." Aber er war ein gar sehr gewaltthätiger Herr und König, zu Zeiten wild und furchtbar, im Zorne aufbrausend und entschieden despotisch. Schon sein Aeußeres war schrecklich. Bielefeld, der ihn 1739, ein Jahr vor seinem Tode, sah,

sagt, daß sein Anblick geradezu fürchterlich gewesen sei: die Farbe des Gesichts habe in Roth, Blau, Gelb und Grün sich schattirt, der dicke Kopf tief in den Schultern gesteckt, die ganze Figur sei turg und gedrängt gewesen. Friedrich der Große und seine Lieblingsschwester hatten ihm den Spiznamen le ragotin" gegeben. Er war zuleßt so dick geworden, daß seine Weste fast vier Ellen weit war.

Friedrich Wilhelm verlangte von Allen und Jeden unbedingten Gehorsam ohne Widerspruch. Kein Unterthan durfte es nur wagen, zu raisonniren." Die Universität zu Halle stellte einmal 1731 beweglich vor, daß ein Studiosus juris von einigen Soldaten eines Abends auf öffentlicher Straße, angefallen und zum Stadtthore hinausgeführt worden sei. Der Bescheid lautete: "Soll nicht raisonniren! Ist mein Unterthan."

Er wollte nichts in seinem Lande haben, als: "gute Christen, fleißige Bürger und tapfre Soldaten.“ Voltaire nannte ihn nur „den Vandalen." Alle seine Gestrengigkeit und Härte entschuldigte er mit der Pflicht. Er äußerte öfters: „Ich bin nur der erste Diener des Staats." Den Staat regierte er nun auch eben nach seiner eigenthümlichen Weise mit Gewalt, um ihn zu beglücken. Mit eisernem Tritte verfolgte er diesen Weg der Beglückungsgewalt. Er war sehr gewissenhaft: es ist vorgekommen, daß er einen Beamten, den er in Stettin durch den Henter hatte ausprügeln lassen, als seine Unschuld herauskam, an seiner Tafel speisen ließ, um ihm eine eclatante

Ehrenerklärung zu geben. Aber es lam gar nicht immer so glücklich alles Unrecht heraus, das von ihm ausging. Er selbst glaubte immer streng rechtlich zu handeln. Er handelte aber nur in dem rechtlich, was er selbst für Recht erkannte. Er war sehr religiös, aber nur in dem, was er für sich selbst als Religion gelten ließ: seine starre Rechtgläubigkeit war so bizarr und eigenmächtig, wie sein ganzes Wesen, eine Necht gläubigkeit ganz nach eignem Recept und Vorschrift. Er war zu Zeiten ungemein scrupulös: zu mehreren Malen war er ganz ernstlich abzudanken gesonnen aus Gewissensfcrupeln, weil er ganz ernstlich meinte, seiner Pflicht nicht gehörig Genüge thun zu können. Er hielt fich in vollem Ernst des Wortes für einen Knecht Gottes. So wenig er sonst auf das Alte Testament gab, seine Geseze waren wie im Alten Testamente. Er hielt streng an das Gebot: das Gebot: Wer Menschenblut vergießt, deß Blut soll wieder vergoffen werden.“ Auf Todtschlag, auch im Duell, stand unerbittlich der Tod. Er schrieb an Seckendorf, der sich für einen Major von Damis verwendet hatte: Würde ich mich gewiß ein besonderes Plaisir machen, seinen Bitten zu deferiren, wenn nicht Menschenblut, wovon ich keinen in der Welt lossprechen kann, noch werde, hierunter wäre." Wilddiebe wurden unerbittlich gehangen, ebenso, wer Munition stahl. Gegen einen Wilddieb erkannte das Gericht auf Reinigungseid oder Tortur: der König ließ ihn hängen. Ein Jude war wegen Diebstahl gefoltert worden und behauptete,

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