Page images
PDF
EPUB

bürgerliche Unteroffiziere zu Offizieren. Unterm 19. Febr. 1717 schrieb er an den Herzog von Hol stein: "Ew. Liebden sollen nur von Dero Regiment zehn Unteroffiziers vorschlagen, die capables sind, daß ich sie zu Offiziers machen kann, davon E. L. auch versichert sein müssen, daß sie teine Brand weinsäufer sind." Friedrich Wilhelm wies die lächerlichen Rangstreitigkeiten des Adels zuweilen sehr ernstlich in ihre Schranken. Ein Herr von Strundede in Cleve von altem Adel hatte sich bitter darüber beklagt, daß ein Herr von Pabst von weit jüngeren Adel fich über ihn gesezt habe in der Kirche. Der König schrieb eigenhändig auf die Beschwerdeschrift: „Dieses sein Thorheit, in Berlin ist kein Rang, in Kleve mus feiner sein. wen Pabst über mir fizet in der Kirche so bleibe doch was ich bin, mein extraction bleibet allezeit." Als Friedrich Wilhelm im Jahre 1732 den Titel eines Fürsten von Ostfriesland noch vor dem Aussterben dieser Familie, das erst unter Friedrich dem Großen eintrat, annahm und der Kaiser ihm durch Seckendorf da gegen Borstellungen machen ließ, schrieb er diesem:

Ich kann in Wahrheit sagen, daß die Annahme des Titels von Ostfriesland feine Malice von mir ist, da ich in Wahrheit geglaubt, daß es ein Bagatell ist, als wenn man einen Baron nennt. (Gundling und Rabenpreis, der Jagd- und Tafelrath waren solche Bagatell Barone.) Indeffen affecuriren Sie dem Kaiser, daß durch solche Lumperei in nichts meine wahre Freundschaft soll alteriret werden."

[ocr errors]

Preußen. III.

4

schweifende Lebhaftigkeit der Franzosen, noch das steife und gezwungene Wesen der Deutschen bemerkt, welche meinen, es ließe schön und vornehm, wenn sie sich hochmüthig und schwülstig gebehrden."

"Man kann mit Recht den preußischen Hof die Schule der Höflichkeit nennen: es herrscht an demselben durchgängig eine solche Leutseligkeit und ein solches anges nehmes, natürliches Wesen, daß man öfters nicht wüßte, daß ein Unterschied der Stände sei, wenn einem nicht zuweilen ein Ordensband oder ein prächtiges Gebäude in die Augen fiele und diesen Unterschied bemerkte; denn im Umgange sind die Markgrafen, die Prinzen, die Generale, die Staatsminister und sowohl der hohe als niedre Adel überhaupt leutselig und höflich. Man sieht. hier keine großen Staatsperrücken mit steifen Köpfen und spreuftigen Mienen. Man macht feine Complimente, die uichts heißen. Man hält nichts auf ein thörichtes Gepränge und große Ceremonien, welche heut zu Tage fast die halbe Welt zu Comödianten machen. Man kommt zusammen, man ißt, man trinkt, man spielt und geht wieder von einander, ohne daß man sich ängstigen darf, wie man das Ceremoniel beobachten und was man für eine Rede halten soll. Die wahre Höflichkeit ist leicht, angenehm und natürlich. Man redet hier bei Hof meistens französisch und dieses so gut als in Frankreich. Demungeachtet glaube ich nicht

zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß auch die deutsche Sprache hier ihren reinsten Geschmack bekommen habe. Was die Lustbarkeiten bei Hof betrifft, so kommen dieselben mit denjenigen des Wiener und Dresdner Hofs in keinen Vergleich. Ja, ich muß sagen, man findet hier gar keine, wenn man solche nicht in einem artigen Gespräch, kleinen Spiel, in einer guten Tafel, in angenehmer Gesellschaft, in angenehmen Spaziergängen, in mittelmäßigen Conzerten, in Künsten und Wissenschaften und dergleichen Dingen zu suchen gewohnt ist."

Diese Schilderung des unpartheiischen und redlichen von Loen läßt am Besten erkennen, welche Uebertreibungen in den Memoiren der eigenen Tochter des Königs in den Urtheilen sich finden in diesen Memoiren wird der Hof Friedrich Wilhelm's geradehin wie ein Pandämonion geschildert.

Nächst der Soldatenpaffion hatte Friedrich Wilhelm noch eine Passion, die zu bauen oder vielmehr bauen zu lassen. Auch hier verfuhr er wieder nach seiner autokratischen Weise. Die Berliner zwang er mit Gewalt zu bauen, um die von seinem Vater angelegte Friedrichstadt emporzubringen. Ein unbemittelter Beamter bat um Verschonung. Der Befehl lautete ganz lakonisch: "Der Kerl ist reich, soll bauen." Acht Personen, darunter die Generale Graf Truchseß von Waldburg und Graf Schulenburg, der Landjägermeister Graf Schwerin, der Minister von Happe und die Geheimen Räthe von Klinggräff und von Nüßler, leßterer Schwiegersohn des

reichen Kanzlers von Ludewig zu Halle, mußten seit dem Jahre 1734 zum Theil prächtige Paläste mitten in der Friedrichstadt, jenseits des Wilhelmsplages in einem großen und tiefen Teich und Sumpf, wo tausende von Baumstämmen zu Roften eingerammt werden mußten, bauen. Der König schenkte den erftgenannten vier Personen und dem Minister von Marschall 40,000 Thaler Baumaterialien dazu und er kam selbst alle Tage, um nachzusehen und munterte nach seiner Weise zur Beschleunigung auf. Wer sich irgend bei ihm insinuiren wollte, mußte auch bauen. So baute denn der General Alexander Graf Döuhoff den Dönhoffplag 1734, der Minister von Happe 1737 den später Gräflich Reußischen Palast und Garten auf der Leipziger Straße, 1735 der Baron von Vernezobre den nachherigen Palast der Prinzessin Amalie, Schwester Friedrich's des Großen, jest des Prinzen Albrecht auf der Wilhelmsstraße; ferner: 1736 der Minister von Marschall den später Gräflich Finkenstein'schen Palast und Garten auf dem Wilhelmsplage. Von demselben Jahre datirt auch

"

von Graf Carl Ludwig Truchseß gebaute Palast und Garten des Johanniterordensmeisters an dem Wilhelmsplage, jezt das Palais des Prinzen Carl. Der Geheime Rath Piper ward 1736, weil er ein schön magnifique Haus baut", geadelt. 985 neue Häuser wurden auf diese Weise ir den Jahren von 1721 bis 1737 in Berlin gebaut. Die Residenz zählte im Jahre 1740 bereits 98,000 Einwohner.

6. Friedrich Wilhelm und der Udel.

Die Dynastie Hohenzollern hatte im funfzehnten Jahrhundert, als Friedrich, Burggraf von Nürnberg Kurfürst ward, ihre Laufbahn damit begonnen, den übermüthigen Adel der Marken zu Paaren zu treiben, er hatte gegen die Burgen der Herren von Quigow, von Puttlig, von Rochow die ersten Kanonen aufgeführt. Sein Urenkel Joachim Nestor 1. hatte zur Zeit der Reformation zum zweitenmal den märkischen Adel gedemüthigt. Der große Kurfürst seßte im Herzogthum Preußen die Souverainetät durch: das Beispiel der Erecution Kalkstein's schreckte. Friedrich Wilhelm I. vollendete die Beugung des Adels, er feste die Besteuerung durch. Als im Jahre 1717 der Generalfeldmarschall Graf Alexander Dohna als Marschall der Stände Preußens in seinem Bericht an den König die Phrase gebraucht hatte: "tout le pays sera ruiné", schrieb dieser die merkwürdige Marginalresolution dem Bericht bei: „Tout le pays sera ruiné? Nihil kredo, aber das Kredo, daß die Junkers ihre Autorität Nie pos volam (das volnische Liberum vetoj wird ruinirt werden. Ich stabilire die Souverainetät wie einen Rocher von Bronce.“ Preußen ist der einzige Staat in Deutschland, dessen mergische Monarchen ihren widerhaarigen Abel der mittelalterlichen Tarenfreiheit sich zu begeben zwangen. Preußen und Hannover waren auch die einzigen

« PreviousContinue »