Page images
PDF
EPUB
[ocr errors]

von Brand, jezt ihr Oberhofmeister. Außerdem hatte die Königin wenig Vergnügen. Im Sommer schreibt der Tourist von Loen, fährt die Königin insgemein gegen Abend nach Monbijou. Ein paar schlechte Kutschen mit sechs alten Pferden bespannt und ein kleiner Mohr zur Seite, das ist gewöhnlich der ganze Aufzug dieser großen Königin."

Troß dem Mangel an Luftbarkeiten und dem vorschlagend soldatischen Wesen war der preußische Hof unter Friedrich Wilhelm 1. ein Hof, der seine bestiramte Anziehungskraft hatte auch für Fremde: es befanden fich an demselben die meisten gescheiten Leute. "Der König, schreibt der Tourist von Loen, ist gewohnt, von Jugend auf die artigsten und belebtesten Leute um sich zu haben und deshalb muß man es ihm zu gut halten, wenn er die Gelehrten mit weniger Hochachtung betrachtet. Ich kenne unter den preußischen Soldaten verschiedene kluge Köpfe, welche den Wissenschaften mehr Ehre machen, als diejenigen, deren Handwerk es eigentlich ist, Gelehrte zu sein. Der König braucht fie zu den wichtigsten Geschäften und zu allerhand Verschickungen an andere Höfe. Er kann damit mehr ausrichten, als mit einem stolzen Pedanten, der fich auf seine weitläuftige Gelehrsamkeit verläßt und nicht zu leben weiß. Die Lebens art in Berlin hat mir besser gefallen, als an einem Orte in der Welt. Die französischen Manieren haben sich daselbst mit den deutschen auf das Glücklichste vereinbar und machen zusammen ein solches vernünftiges Temperament, daß man bei Hof weder die aus

schweifende Lebhaftigkeit der Franzosen, noch das steife und gezwungene Wesen der Deutschen bemerkt, welche meinen, es ließe schön und vornehm, wenn sie sich hochmüthig und schwülstig gebehrden."

"Man kann mit Recht den preußischen Hof die Schule der Höflichkeit nennen: es herrscht an demselben durchgängig eine solche Leutseligkeit und ein solches angenehmes, natürliches Wesen, daß man öfters nicht wüßte, daß ein Unterschied der Stände sei, wenn einem nicht zuweilen ein Ordensband oder ein prächtiges Gebäude in die Augen fiele und diesen Unterschied bemerkte; denn im Umgange find die Markgrafen, die Prinzen, die Generale, die Staatsminister und sowohl der hohe als niedre Adel überhaupt leutselig und höflich. Man sieht hier keine großen Staatsperrücken mit steifen Köpfen und spreuftigen Mienen. Man macht feine Complimente, die uichts heißen. Man hält nichts auf ein thörichtes Gepränge und große Ceremonien, welche heut zu Tage fast die halbe Welt zu Comödianten machen. Man kommt zusammen, man ißt, man trinkt, man spielt und geht wieder von einander, ohne daß man sich ängstigen darf, wie man das Ceremoniel beobachten und was man für eine Rede halten soll. Die wahre Höflichkeit ist leicht, angenehm und natürlich. Man redet hier bei Hof meistens französisch und dieses so gut als in Frankreich. Demungeachtet glaube ich nicht

zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, daß auch die deutsche Sprache hier ihren reinsten Geschmack be kommen habe. Was die Lustbarkeiten bei Hof betrifft, so kommen dieselben mit denjenigen des Wiener und Dresdner Hofs in keinen Vergleich. Ja, ich muß sagen, man findet hier gar keine, wenn man solche nicht in einem artigen Gespräch, kleinen Spiel, in einer guten Tafel, in angenehmer Gesellschaft, in angenehmen Spaziergängen, in mittelmäßigen Conzerten, in Künften und Wissenschaften und dergleichen Dingen zu suchen gewohnt ist."

Diese Schilderung des unpartheiischen und redlichen von Loen läßt am Besten erkennen, welche Uebertreibungen in den Memoiren der eigenen Tochter des Königs in den Urtheilen sich finden in diesen Memoiren wird der Hof Friedrich Wilhelm's geradehin wie ein Pandämonion geschildert.

[ocr errors]

Nächst der Soldatenpassion hatte Friedrich Wilhelm noch eine Passion, die zu bauen oder vielmehr bauen zu lassen. Auch hier verfuhr er wieder nach seiner autokratischen Weise. Die Berliner zwang er mit Gewalt zu bauen, um die von seinem Vater angelegte Friedrichstadt emporzubringen. Ein unbemittelter Beamter bat um Verschonung. Der Befehl lautete ganz lakonisch: "Der Kerl ist reich, soll bauen." Acht Personen, darunter die Generale Graf Truchseß von Waldburg und Graf Schulenburg, der Landjägermeister Graf Schwerin, der Minister von Happe und die Geheimen Räthe von Klinggräff und von Nüßler, leßterer Schwiegersohn des

reichen Kanzlers von Ludewig zu Halle, mußten seit dem Jahre 1734 zum Theil prächtige Paläste mitten in der Friedrichstadt, jenseits des Wilhelmsplages in einem großen und tiefen Teich und Sumpf, wo tausende von Baumstämmen zu Rosten eingerammt werden mußten, bauen. Der König schenkte den erstgenannten vier Personen und dem Minister von Marschall 40,000 Thaler Baumaterialien dazu und er kam selbst alle Tage, um nachzusehen und munterte nach seiner Weise zur Beschleunigung auf. Wer sich irgend bei ihm insinuiren wollte, mußte auch bauen. So baute denn der General Alexander Graf Döuhoff den Dönhoffplag 1734, der Minister von Happe 1737 den später Gräflich Reußischen Palast und Garten auf der Leipziger Straße, 1735 der Baron von Vernezobre den nachherigen Palast der Prinzessin Amalie, Schwester Friedrich's des Großen, jest des Prinzen Albrecht auf der Wilhelmsstraße; ferner: 1736 der Minister von Marschall den später Gräflich Finkenstein'schen Palast und Garten auf dem Wilhelmsplaße. Von demselben Jahre datirt auch der von Graf Carl Ludwig Truchseß gebaute Palast und Garten des Johanniterordensmeisters an dem Wilhelmsplage, jest das Palais des Prinzen Carl. Der Geheime Rath Piper ward 1736, "weil er ein schön magnifique Haus baut“, geadelt. 985 neue Häuser wurden auf diese Weise ir. den Jahren von 1721 bis 1737 in Berlin gebaut. Die Residenz zählte im Jahre 1740 bereits 98,000 Einwohner.

6. Friedrich Wilhelm und der Adel.

Die Dynastie Hohenzollern hatte im funfzehnten Jahrhundert, als Friedrich, Burggraf von Nürnberg Kurfürst ward, ihre Laufbahn damit begonnen, den übermüthigen Adel der Marken zu Paaren zu treiben, er hatte gegen die Burgen der Herren von Quigow, von Puttlig, von Rochow die ersten Kanonen aufgeführt. Sein Urenkel Joachim Nestor 1. hatte zur Zeit der Reformation zum zweitenmal den märkischen Adel gedemüthigt. Der große Kurfürst sezte im Herzogthum Preußen die Souverainetät durch: das Beispiel der Execution Kalkstein's schreckte. Friedrich Wilhelm I. vollendete die Beugung des Adels, er fezte die Besteuerung durch. Als im Jahre 1717 der Generalfeldmarschall Graf Alexander Dohna als Marschall der Stände Preußens in seinem Bericht an den König die Phrase gebraucht hatte: "tout le pays sera ruiné", schrieb dieser die merkwürdige Marginalresolution dem Bericht bei: "Tout le pays sera ruiné? Nihil kredo, aber das Kredo, daß die Junkers ihre Autorität Nie pos volam (das polnische Liberum veto) wird ruinirt werden. Ich stabilire die Souverainetät wie einen Rocher von Bronce." Preußen ist der einzige Staat in Deutschland, deffen energische Monarchen ihren widerhaarigen Adel der mittelalterlichen Tarenfreiheit sich zu begeben zwangen. Preußen und Hannover waren auch die einzigen

« PreviousContinue »