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Lentulus, der ihm schmeicheln wollte, erklärte er ehrlich und geradezu: „Gestehe er nur, daß ich viel Glück gehabt habe.“

Seit dem Frieden von Hubertusburg ftand nun Preußen gefestet da in der öffentlichen Meinung. Von nun an konnte es wirklich als Weltmacht aufs treten. Sogar der türkische Sultan ließ Friedrich durch einen besondern Gesandten begrüßen, der mit einem Gefolge von achtzig Personen am 9. November 1763 seinen Einzug in Berlin hielt, er hieß Resmi Achmed Effendi, er überbrachte als Geschenke einen Reiherbusch aus. Brillanten, drei reichgeschirrte Pferde und an dreihundert Stücke verschiedener Stoffe und Zeuge. Er verweilte in Berlin bis zum 2. Mai 1764. Der alte Frig war der populärste Mann in ganz Europa geworden. In allen Häusern und Hütten von Deutschland und weit über die Grenzen Deutschlands hinaus, selbst in Amerika war sein Bildniß zu sehen, dieses Bildniß des ernsten Mannes mit den stechenden, durchbohrenden Angen und dem lieblichen Munde, in etwas gebückter Stellung, den größen, dreieckigen Treffenhut auf dem Kopfe, in abgetragener blauer Uniform mit rothen Aufschlägen und breiten Rockschößen, hinten den langen Zopf, vorn die Weste starrend von Spaniol, den er fortwährend zu schnupfen pflegte, in kurzen, schwarzen Sammetbeinkleidern und langen schlottrigen Stiefeln bis über die Knie, an der Seite den Degen und in der Hand den Krückenstock tragend. Der berühmte Weltumsegler Reinhold Forster, Profeffor in Halle,

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der durch den Staatsminister von Heyniß im Jahre 1780 vorgestellt wurde, sagte zu dem König, den er, als er ihn von Angesicht erblickte, nicht genug be wundern konnte: "Sire, ich habe außer einem Dugend wilden Königen auch zwei zahme ge= sehen, aber so Einer, wie Ew. Maj. ist mir noch nicht vorgekommen." Ueber dieses sonderbare Compliment fand sich Friedrich natürlich wenig geschmeichelt, er meinte von Forstern, als er abgetreten war zu Heynig: Der ist ein Erzgrobian!" Dagegen ließ er ganz gern geschehen, daß 1777 zu seinem Geburtstag ein Vorspiel: Ein Patriot", von Lieutenant von Bonin im deutschen Theater zu Berlin gegeben wurde, wo er schlechtweg unser alter Friße" genannt wurde. Der Oberst von Schèele von Garde- Grenadier-Bataillon in Potsdam fand das so beleidigend, daß er den Director der Truppe Döbbelin zur Verantwortung gezogen wiffen wollte. Der König, als ihm die Sache zu Gehör kam, äußerte: „Der Scheel muß bei Roßbach und Torgau nicht mit dabei gewesen sein, sonst wüste er, daß ich schon vor zwanzig Jahren der alte Frige hieß und jünger wird man nicht mit den Jahren." Charakteristisch bei Friedrich war das Ensemble der gestrengen Augen und des lieblichen Mundes. Wie jene scheu zurückhielten, zog dieser unwiderstehlich an. Friedrich's bloßer Blick war so durchbohrend, daß er hinreichte, einen Panduren, der einmal aus einem Hinterhalte das Gewehr gegen ihn anlegte, dasselbe sinken lassen zu machen. Ein eigner musikalischer Zauber lag bei Friedrich in der

Stimme: er entzückte alle die mit ihm gesprochen hatten. Der Ton seiner Stimme, sagt der Prinz von Ligne in seinem Mémoire über ihn, war sanft und etwas leise und seine Lippen bewegten sich mit einer unaussprechlichen Anmuth. Auch seine Augen, die in allen Portraits, die wir von ihm haben, zu hart dargestellt sind und die von der angestrengten Arbeit im Cabinet und von den Beschwerden des Kriegs überspannt waren, wurden sanft und milde, so oft er einen Zug von Menschenliebe erzählte und erzählen hörte." Das Merkwürdigste bei dem König war der erstaunliche Wechsel im Ausdruck seines Gesichts. "Ich hatte, schreibt Massenbach, der ihm im November 1782 zum erstenmal sah, in seinen Rückerinnerungen an große Männer, noch nie einen Menschen gesehen, auf dessen Gesicht alle Gedanken der Seele sich eben so schnell ausdrückten, als Gedanken auf einander folgen. Das war eine Mobilität, die mich in Erstaunen sezte. Dieser königliche Ernst und dann urplöglich wieder diese königliche Milde. Den Ausdruck, der in dem Auge dieses Königs lag, hat kein Maler erreicht, er war unerreichbar."

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3. Regimentsführung Friedrich's nach dem Frieden. Der Manu factur und Handelsminister Marschall. Der Kaufmann Gozkowsky. Die Banquiers Schüße und Ikig. Der Jude Ephraim. Die Regie: de la Haye de Launay. Der Großkanzler Cocceji. Der Müller Arnold'sche Proceß. Die Minister Fürst und Zedlig. Allianz mit Rußland und polnische Theilung.

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Von den Schlachtfeldern des siebenjährigen Kriegs weg, dessen Schluß seine Regierung in zwei ganz gleiche Hälften theilt, zog Friedrich sich nun wieder in seinen stillen Aufenthalt nach Sanssouci zurück. Dieses Luftschloß, ein halbes Stündchen vor dem Brandenburger Thore bei Potsdam, hatte er nach Knobelsdorf's Zeichnungen 1745 bauen lassen und schon seit dem 19. Mai 1747 bezogen. Es war ein bescheidener einstöckiger Pavillon mit lichten Glasthüren und weiten Fenstern, ein durchsichtiges Sommerhaus, in das alle Welt hineinblicken konnte; es erhob sich auf der obersten von sechs Terrassen aus einer Parkfläche über frisches Waldgrün, Wiesen und Wasser. Hier, umgeben von den Statuen und den Portraits der großen Männer aller Zeiten, widmete nun der König sich mit der höchsten Sorgfalt dem Wiederaufbau dessen, was der furchtbare Krieg niedergerissen hatte. Seine Adleraugen überwachten Alles selbst und es gelang ihm, die schweren Wunden, die der Krieg geschlagen hatte, nach und nach wieder zu heilen.

Am meisten hatte Pommern und die Neumark, demnächst Schlesien gelitten: für Pommern und die

Neumark erließ Friedrich die Steuern sofort auf zwei Jahre, für Schlesien auf sechs Monate. Das Getreide, das man schon zum nächsten Feldzug aufgekauft hatte, ward als Saatkorn unter die gänzlich verarmten Bauern ausgetheilt, desgleichen wurden ihnen 35,000 für die Artillerie und das Packwesen bestimmte Armeepferde überlassen. Dazu kamen bedeutende Summen in Gelde. Sogleich nach dem Kriege vertheilte der König mehrere Millionen aus dem Schaße. In der legten Hälfte seiner Regierung, den dreiundzwanzig Jahren seit dem Frieden bis zu seinem Tode, find nach genauer Berechnung des Ministers Herzberg über vierundzwanzig Millionen Thaler von den Privatersparnissen aus der Chatoulle unter sämmtliche Staaten vertheilt worden.

Reichlich und überreichlich unterstüßte Friedrich den Adel durch große Geldsummen. Auch die Bauern erhielten Capitalienvorschüsse, erhielten Prämien zu Verbesserungen und zu Versuchen, die Theilung der Gemeinheiten ward begünstigt. Der König ließ in allen Gegenden der Monarchie neue Dörfer anlegen und wüste Gegenden anbauen. Dieser Zweig der Organisation, die Urbarmachungen, lagen ihm besonders am Herzen. Seit dem Jahre 1762 war der frühere Deffauische Kammerdirector Franz Balthasar von Brenkenhoff, den er in Deffau aus seinen Werken

das Land ward durch ihn wie ein Garten kennen gelernt hatte, als geheimer Finanzrath in seine Dienste getreten: durch diesen ließ er hauptsächlich die Angelegenheit treiben, durch Brenkenhoff's Hände

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