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eine große Staatsperrücke mit herabhängenden langen Locken von weißen Ziegenhaaren ein großer Hut mit weißen Straußfedern, paille Beinkleider, rothseidne Strümpfe mit goldnen Zwickeln und Schuhe mit den üblichen rothen Abfäßen. Der König erhob ferner Gundling- und zwar an des großen Leibniz Stelle 1718 zum Präsidenten der Akademie der Wissenschaften. Außerdem steht er noch im Adreßkalender von 1720 als Geheimer Ober Appellations, Kriegs- und Hofkammerrath, auch Hof- und Kammergerichtsrath und Historiograph." 1724 ward er in den Freiherrnstand erhoben, vorerst nur, wie es im Diplom hieß, da seine großen Verdienste längst meritirt, daß er mit dem Grafenstande beehrt werde."

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Der König ertheilte endlich Gundling auch noch 1726 die Kammerherrnwürde. In der Trunkenheit schnitt man ihm aber den Kammerherrnschlüssel einst ab, der König bedrohte ihn nun, ihn wie einen Soldaten zu behandeln, der sein Gewehr verloren habe. Nachdem Gundling acht Tage lang einen fast eine Elle langen vergoldeten hölzernen Schlüssel zur Strafe auf der Brust hatte tragen müssen, ward ihm der verlorene wieder behändigt, er ließ ihn sich nun von einem Schloffer mit starkem Draht an den Rockschoß festmachen. Alle Würden und Chargen erhielt Gundling nur, um ihn und sie damit zu verspotten. So z. B. ernannte der König Gundling auf seinen Vorschlag, Maulbeerbäume in der preußischen Monarchie anzupflanzen, zum Geheimen Finanzrath" mit der Weisung an den vorsißenden Etatsminister: ihn

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feierlich in das Collegium zu introduciren, ihn cum voto sessionis anzustellen und ihm das Departe ment aller seidenen Würmer im ganzen Lande zu übertragen."

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Im Tabacks-Collegium belustigte man sich mit Gundling auf die ergöglichste, wenn freilich auch ausgelaffenste, ja oft rohefte und derbste Weise. Dem König galten uur die Soldaten etwas, die Gelehrten waren ihm Pedanten, Tintenfleckser, Schmie rer." Man mußte ihnen die soldatische Ueberlegenheit beweisen. Freilich hatte der König recht Leibnize waren selten. Es war, wie gesagt, das Vergnügen des Königs, der selbst stark poculirte, seine Gäste betrunken zu machen, sogar seine Tochter schreibt, daß er ihren Gemahl, den Erbprinzen von Baireuth bei seiner Hochzeit betrunken gemacht habe. Gundling ward gar oftmals so stark zugefeßt, daß er seiner nicht mächtig blieb. Nachdem man solchergestalt den Sieg über die Gelehrsamkeit davongetragen, ward Gundling eine Zielscheibe der massivsten und handgreiflichsten Schnurren und Späße des Königs und seiner Offiziere. Man heftete ihm allerlei Figuren von Eseln, Affen und Ochsen an sein Staatskleid und malte ihm einen Schnurrbart. Man ließ ihn aus den Zeitungen die boshaftesten Artikel über seine eigene Person ablesen, welche der König eigens an die Redactionen hatte schicken lassen. Man seßte einen Affen, der ganz so wie Gundling selbst gekleidet und mit dem Kammerherrnschlüssel geschmückt war, ihm zur Seite, der König

behauptete nun, dieß sei ein natürlicher Sohn von ihm, Gundling mußte ihn vor dem ganzen TabacksCollegium umarmen. In Wusterhausen, wo immer im Schloßplaze mehrere junge Bären umherliefen, legte man ihm einige derselben in sein Bett, die ihn mit ihren Umarmungen, obwohl die Vorderfüße verstümmelt waren, beinahe todt gedrückt hätten, mehrere Tage lang mußte der arme Gundling Blut husten. Man nahm die tollsten Dinge mit ihm vor. Einmal im Winter taumelte er schwer geladen in Wusterhausen über die Schloßbrücke nach Hause, da packten ihn auf Befehl des Königs vier handfeste Grenadiere und ließen den schweren Mann an Stricken in den gefrornen Schloßgraben so lange hinunter und wieder herauf und wieder hinunter, bis er das Eis aufgestoßen hatte. Diese besonders komische Scene mußte zu besonderer Ergöglichkeit des Königs wiederholt und fogar gemalt werden. Einmal war Gundling zu Gaste geladen und ließ sich in einer Sänfte tragen. Auf einmal wich der Boden unter ihn, er rief die Träger sehr laut an, zu halten, aber je lauter er rief, je schneller liefen die Träger und zwangen ihn so, mit ihnen à la Pachter Feldkümmel zu laufen. Mehreremale fand Gundling, wenn er zu Hause kam, sein Studierzimmer zugemauert und mußte, statt sich zur Ruhe legen zu können, die ganze Nacht mit Suchen zubringen. Auch beschoß man ihn in diesem Studierzimmer mit Raketen und Schwärmern.

Der schwergeplagte Mann enifloh endlich zu feinem Bruder, dem berühmten Professor und Kanzler

Nicolaus Hieronymus in Halle. Der König ließ ihn indeß wieder holen, machte Anfangs Miene, ihn als Deserteur zu bestrafen, nahm aber, als er eine ungewöhnliche Stille an ihm bemerkte, wieder zu dem alten Köder, der Eitelkeit, seine Zuflucht. Man ertheilte ihm die ungemessensten Lobsprüche, er erhielt 1000 Thaler Zulage und ward damals, 1724, mit der Anciennität von sechzehn Ahnen väterlicher und mütterlicher Seite in den Freiherrnstand erhoben. Drei Jahre darauf ließ der König aber einen der stärksten Schwänke an ihm verüben. Auf seinen Befehl schrieb Faßmannn, aus Wiesenthal in Sachsen, der Autor der damals sehr beliebten „Gespräche im Reiche der Todten", sein Rival und Nachfolger, eine der derbsten Satyren gegen Gundling unter dem Titel: „Der gelehrte Narr." Er ward beauftragt, fie Gundling im Tabacks-Collegium zu überreichen. Gundling ward hochroth vor Zorn und kam so in Harnisch, daß er eine der zum Pfeifenanbrennen mit glühendem Torf gefüllten kleinen Pfannen ergriff und sie Faßmann in's Gesicht warf, wovon ihm die Augenwimpern versengt wurden. Sofort sette sich dieser vor den Augen Sr. Maj. in Avantage, entblößte Gundling die hinteren Kleider und bearbeitete ihn mit der Pfanne so, daß Gundling vier Wochen lang nicht zu fizen vermochte. Seitdem begegneten sich die beiden gelehrten Herren niemals im Tabacks-Collegium, ohne daß es von Neuem zum Faustkampfe kam. König, die Minister, Generale und Gesandten sahen diesen Fußturniren zu. Endlich forderte der König, Preußen. III.

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die beiden Herren sollten ihre Ehrenfache durch ein rechtschaffnes Duell ausmachen. Faßmann forderte Gundling auf Pistolen, Gundling mußte die Forderung annehmen, er mochte wollen oder nicht. Als die Combattanten aber auf dem Schauplah erschienen, warf Gundling die Pistole weg, Faßmann schoß ihm die feinige, welche blos mit Pulver geladen war, in die Perrücke, die davon anbrannte. Gundling fiel vor Schreck zur Erde und konnte kaum durch einen ganzen Eimer über ihn geschütteten kalten Wassers zu dem Glauben zurückgebracht werden, daß er noch lebe. Gundling beschloß endlich sein hochgelahrtes und auch hochgestelltes, aber auch sehr hochgeplagtes Leben zu Potsdam, achtundfunfzig Jahr alt, 1731 auf seinem Zimmer im königlichen Schloffe. Bei der Section ergab sich, daß er im Magen ein großes Loch hatte, er war vom vielen Trinken geborsten. Nichtsdestoweniger, so ernst dieser Umstand war, ließ der König ihn auch noch im Tode verspotten. Seit zehn Jahren bereits war ein mächtiges Weinfaß zu Gundling's lester Ruhestätte bestimmt. In dieses Weinfaß ward er statt des Sargs, mit seinem besten Staatskleide angethan, gelegt und so in Bornstädt bei Potsdam - troß der Reclamationen der Geistlichkeit wirklich begraben. Faßmann hielt dem preußischen Freiherrn mit der Anciennität von sechzehn Ahnen, dem preußischen Kammerherrn und Historiographen und Präsidenten der Akademie der Wissenschaften und Geheimen Finanz- u. s. w. u. s. w. Rathe die Parentation über seiner Weinfaß- Ruhestätte.

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