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englischen Gesandten Mitchel gestand, daß er in seiner Jugend étourdi gewesen sei. Fouqué kam den andern Abend mit zwei großen Wachsstöcken, löschte die Lichter aus, zündete aber die Wachsstöcke an. Bei den Verhören benahm Friedrich sich gefaßt, stellte sich sogar, wie Seckendorf schreibt, lustig und fröhlich an und fragte auch immer, ob die Commiffarien nichts mehr wissen wollten?" Grumb. kow, der sich überzeugt hatte, daß die Königin und die Prinzessin Friederike die wichtigsten Papiere weggebracht hätten, drängte den Prinzen zu Aussagen über einige Punkte. Friedrich antwortete ihm mit stolzer Verachtung. Grumbkow drohte nun mit der Folter. Darauf sagte der Prinz: „Ein Henker, wie er, fönne nur mit Vergnügen von seinem Handwerke reden, er habe Alles gestanden, bereue es jedoch, weil er nicht nöthig habe sich zu erniedrigen und einem Schurken wie Grumbkow zu antworten.“ Es ergab sich durch die Untersuchung, daß Friedrich zur Flucht 15,000 Thaler aufgeborgt habe. Auch ein Liebesverständniß mit der Potsdamer Cantorstochter, der schönen Doris Ritter, ward dem Prinzen zur Laft gelegt, weil er mit ihr Musik gemacht und fie Geschenke von ihm angenommen habe. Der König befahl, fie ewig nach Spandau in's Spinnhaus abs zuführen. Der Vater verlor sein Amt. Vorher ward das sechzehnjährige Mädchen am 7. September vor dem Rathhause, vor ihres Vaters Hause und dann an allen Stadtecken ausgepeitscht. Erst nach drei Jahren kam sie aus dem Spinnhause los und heirathete den

Berliner Fiakerpachter Schomer. Rochow, Friedrich's Wagenbegleiter auf der Rheinreise und Baron KayBerling mußten zu ihren Regimentern abgehen. Duhan, des Prinzen Lehrer, ward wegen seiner atheistischen Grundsäge nach Wesel verbannt.

Das schrecklichste Schicksal hatte der unglückliche Katt. Er war in Berlin arretirt worden: er hatte mit der Flucht gezögert, wie Friedrich später einmal an den englischen Gesandten Mitchel als Muthmaßung mittheilte, weil er ein Mädchen hatte, das ihn hielt. Das Kriegsgericht hatte Katt nur zu Ausstoßung aus der Armee und lebenslänglicher Festung verurtheilt. Der König verschärfte das Urtheil auf die Todesstrafe. Am 6. Nov. früh fieben Uhr wurde der zweiundzwanzigjährige Mann vor dem Schloffe von Cüftrin vorbei, wo Friedrich gefangen saß, zum Schaffot auf den Wall geführt. Friedrich öffnete das Fenster und rief mit lauter Stimme: „Pardonnez moi, mon chèr Katt!" Katt erwiederte: "La mort est douce pour un si aimable prince!" Damit ging er muthig zum Richtplaß, wo sein Kopf fiel. Friedrich fiel in Ohnmacht und blieb dann unbeweglich bis zum Abend am Fenster stehen, den Blick unverwandt auf die Richtstätte geheftet.

Keith, der mit Chesterfield's Hülfe sich nach England gerettet, ward sofort von dem König reclamirt, der englische Hof schickte ihn mit einer Pension nach Irland und von da, um den König nicht zu sehr zu erbittern, nach Portugal, wo er Militairdienste nahm. 1741, nach der Thronbesteigung Friedrich's, kehrte er

zurück, bekam den Titel als Oberstlieutenant und wurde Stallmeister und mit Graf Gotter und Redern Curator der Akademie. Ein dritter Vertrauter, der Lieutenant von Spaen bei der großen Garde in Potsdam, kam mit Cassation und einem Jahre Festungsarrest in Spandau durch, ging nachher in holländische Dienste und wärd General. Nach dem fiebenjährigen Kriege wohnte Friedrich 1763 auf einer Reise nach Cleve bei ihm, war sehr gnädig und zutraulich, erinnerte ihn an ihre Jugendgeschichten, erwähnte aber nie des Jahres 1730, weshalb General Spaen zu sagen pflegte: „Der König habe ein vortreffliches Gedächtniß bis 1730."

Friedrich hatte von Katt noch ein in den beweg= lichsten Worten abgefaßtes Bekenntniß der Reue über seine Lebensgrundsäße erhalten. Er ward dadurch tief erschüttert. Er gab nun die Erklärung, daß er sein Unrecht einsehe, an den Feldprediger Müller vom Regiment Gensd'armen ab, den der König an Katt geschickt hatte, um ihn auf seinem Todeswege zu begleiten, und dem zugleich der Auftrag gegeben worden war, den Kronprinzen zur bußfertigen Unterwerfung zu bringen. Am 10. November kündigte ihm darauf Müller die königliche Begnadigung an. Gegen das vom Kriegsgericht unterm 1. November gefaßte Todesurtheil des Prinzen hatten der Fürst von Dessau, Buddenbrock, des Königs täglicher Gesellschafter und der alte fromme Feltmarschall Razmer energisch sich verwendet. Auf Seckendorf's

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Vorschlag, den er dem König unterm 31. October 1731 schriftlich ertheilt hatte, legte nun eine königliche Commission, aus sieben Generalen und Obersten und dem Geheimen Rath Thulemeyer zusammengesett, Friedrich einen Eid vor, kraft deffen er bei Verlust der Krone und Kur versprechen mußte, fünftig blindlings den väterlichen Willen und Ordres zu befolgen." Er leistete den Eid am 19. November früh neun Uhr. Darauf ward er auf freien Fuß gestellt, durfte aber ohne Erlaubniß des Gouverneurs von Cüftrin die Festung nicht verlassen. Er erhielt ein besonders eingerichtetes Haus in der Stadt und für seinen kleinen Hof jährlich 2700 Thaler für die Menage, den Stall, die Wohnung, Holz, Licht, Wäsche uns Koftgeld für acht Domestiquen. Dieses Budjet Budjet ward 1732 auf 6000 Thaler erhöht. Zum Hofmarschall bestellte der König einen pommerschen Edelmann, den Geheimen Rath von Wolden, und zu den zwei GesellschaftsCavalieren den Sohn des

Razmer und von Rohwedel.

Feldmarschalls

von

2. Friedrich's Leben in Cüstrin und Ruppin und seine Heirath. Die Correspondenz mit Grumbkow.

Seckendorf hatte gerathen: weil der Kronprinz beständig von Organisationen spreche" ihn in der Cüstrin'schen Kriegs- und Domainenkammer arbeiten

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zu laffen, damit er die Wirthschaft praktisch erlerne. Er trat nun in diese Kammer als jüngster Kriegsund Domainenrath ein. Der Chef dieses Collegiums, der Kammerpräsident von Münchow, war angewiesen, ihn wie ein gewöhnliches Mitglied anzusehen und zú beschäftigen. Das geschah, aber man übersah es, wenn der Prinz in den Sessionen seine kleinen französischen Bücher las oder seine Herren Collegen mit Attributen abconterfeite, den einen mit Hörnern, den andern reitend auf einem Weinfaß, den dritten mit Karten u. s. w. Präsident Münchow nebst feiner Familie nahm sich liebevoll Friedrich's an. Er hatte bereits sein Gefängniß erleichtert, indem er, da er über Friedrich im Schloffe wohnte, durch die Decke von dessen Zimmer ein Loch machen und ihm leibliche und geistige Nahrung hatte zukommen lassen. Münchow suchte ihm durch Feste und Bälle in seinem Hause Erholung zu verschaffen. Ein scherzhaftes Document aus jener Zeit, vom 18. December 1730, ist noch erhalten, worin Friedrich der Tochter des Kammerpräsidenten, der verwittweten Landräthin von Manteuffel sein Bedauern zu erkennen giebt, daß fie Cüstrin verlassen wolle: Friedrich, Königl. Hoheit. Unserm gnädigsten Kronprinzen und Herrn wird so eben unterthänigst vorgetragen, daß die Frau Landräthin von Manteuffel wider ihr Versprechen, sich dennoch unterstehen wolle, ihren Stab fortzuseßen und von hier nach Pommern zu gehen. Wie nun höchstgedachte S. K. H. an solchem strafbaren Unternehmen nicht anders als Mißfallen bezeigen können, da Sie der

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