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51395

BLIOTHEQUE CANTONAL

LAUSANNE
UNIVERSITAIR

B orrede.

Warum diese Critik nicht eine Critik der reinen practischen, sondern schlechthin der practischen Vernunft überhaupt betitelt wird, obgleich der Parallelism derselben mit der speculativen das erstere zu erfodern scheint, darüber giebt diese Abhandlung hinreichenden Aufschluß. Sie soll blos darthun, daß es reine practische Vernunft gebe, und .critisirt in dieser Absicht ihr ganzes practisches Vermögen. Wenn es ihr hiemit gelingt, so bedarf sie das reine Vermögen selbst nicht zu critisiren, um zu sehen, ob fich die Vernunft mit einem solchen, als einer bloßen Anmaßung, nicht übersteige (wie es wol mit der speculativen geschicht.) Denn wenn sie, als reine Vernunft, wirklich practisch ist, so beweiset sie ihre und ihrer Begriffe Realität durch die That, und alles Vernünfteln wider die Möglichkeit, es zu seyn, ist vergeblich.

Mit diesem Vermögen steht auch die transscendentale Freyheit nunmehro fest, und zwar in derjenigen abfoluten Bedeutung genommen worin die speculative Vernunft beym Gebrauche des Begriffs der Caufalität sie bedurfte, um sich wider die Antinomie zu retten, darin fie unvermeidlich. geråth, wenn sie in der Reihe der Causalverbindung sich das Unbedingte denken will, welchen Begriff fie aber nur problematisch, als nicht unmöglich zu denken, aufstellen könnte, ohne ihm seine objective Realität zu sichern, sondern allein, um nicht durch vorgebliche Unmöglichkeit dessen, was sie doch wenigstens als denkbar gelten laffen muß, in ihrem Wesen angefochten und in einen Abgrund des Scepticisms gestürzt zu werden.

Der Begriff der Freyheit, so fern deffen Realität durch ein apodictisches Gesetz der practischen Vernunft bewiesen ist, macht nun den Schlußstein von dem ganzen Gebäude eines Systems-der reinen, selbst der speculativen, Vernunft aus, und alle andere Begriffe (die von Gott und Unsterblichkeit), welche, als bloße Ideen, in dieser ohne Haltung bleiben, schließen sich nun an ihn an, und bekommen mit ihm und durch ihn Bestand und objective Realität, d. i., die Möglichkeit dersel-

ben wird dadurch bewiesen, daß Freyheit wirklich ist; denn diese Idee offenbaret sich durchs moralische Gesetz.

i

Freyheit ist aber auch die einzige unter allen Ideen der spec. Vernunft, wovon wir die Möglich. feit a priori wissen, ohne sie doch einzusehen, weil fie die Bedingung *) des moralischen Gesetzes ist, welches wir wissen. Die Ideen von Gott und Unsterblichkeit sind aber nicht Bedingungen des moralischen Gefeßes, sondern nur Bedingungen des nothwendigen Objects eines durch dieses Gesetz

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*) Damit man hier nicht Inconsequenzen anzutreffen wähne, wenn ich jetzt die Freyheit die Bedingung des moralischen Gesetzes nenne, und in der Abhandlung nachher behaupte, daß das moralische Gesetz die Bedin gung sey, unter der wir uns allererst der Freyheit bes wußt werden können, so will ich nur erinnern, daß die Freyheit allerdings die ratio effendi des moralischen Gesetzes, das moralische Gesetz aber die ratio cognofcendi der Freyheit fey. Denn, wäre nicht das moralische Gefeß in unserer Vernunft eher deutlich gedacht, so würden wir uns niemals. berechtigt halten, so etwas, ald Freyheit ist, (ob diese gleich sich nicht widerspricht) anzunehmen. Wäre aber keine Freyheit, so würde. das moralische Gesetz in uns gar nicht anzutreffen feyn.

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