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dem, was sie an sich sind, unbekannt bleiben, für eine Verschiedenheit dieser Dinge selbst hält. Ich, durch den inneren Sinn in der Zeit vorgestellt, und Gegenstände im Raume, außer mir, sind zwar skeptisch ganz unterschiedene Erscheinungen, aber dadurch werden sie nicht als verschiedene Dinge gedacht. Das transfcendentale Object, welches den äußeren Erscheinungen, imgleichen das, was der inneren Anschauung zum Grunde liegt, ist weder Materie, noch ein denkend Wesen an sich selbst, sondern ein uns unbekannter Grund der Erscheinungen, die den empirischen Begriff von der ersten sowohl, als zweiten Art an die Hand geben.

Wenn wir also, wie uns denn die gegenwärtige Kritik augenscheinlich dazu nöthigt, der oben festgesetten Regel treu bleiben, unsere Fragen nicht weiter zu treiben, als nur so weit mögliche Erfahrung uns das Object derselben an die Hand geben kann, so werden wir es uns nicht einmal einfallen lassen, über die Gegenstände unserer Sinne nach demjenigen, was sie an sich selbst d. i. ohne alle Beziehung auf die Sinne fein mögen, Erkundigung anzustellen. Wenn aber der Psycholog Erscheinungen für Dinge an sich selbst nimmt, so mag er als Materialist einzig und allein Materie, oder als Spiritualist blos denkende Wesen (nämlich nach der Form unseres inneren Sinnes), oder als Dualist beide als für sich existirende Dinge in seinen Lehrbegriff aufnehmen, so ist er doch immer durch Mißverstand hingehalten über die Art zu vernünfteln, wie dasjenige an sich selbst existiren möge, was doch kein Ding an sich, sondern nur die Erscheinung eines Dinges überhaupt ist.

Betrachtung

über die Summe der reinen Seelenlehre, zu Folge diesen Paralogismen.

Wenn wir die Seelenlehre, als die Physiologie des inneren Sinnes, mit der Körperlehre, als einer Physiologie der Gegenstände äußerer Sinne vergleichen, so finden wir, außer dem, daß in beiden Vieles empirisch erkannt werden kann, doch diesen merkwürdigen Unterschied, daß in der letteren Wissenschaft doch Bieles

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a priori, aus dem blosen Begriffe eines ausgedehnten undurchdringlichen Wesens, in der ersteren aber aus dem Begriffe eines denkenden : Wesens gar nichts a priori synthetisch erkannt werden kann. Die Ursache ist diese. Obgleich beides Erscheinungen sind, so hat doch die Erscheinung vor dem äußeren Sinne etwas Stehendes oder Bleibendes, welches ein, den wandelbaren Bestimmungen zum Grunde liegendes Substratum und mithin einen synthetischen Begriff, náme lich den vom Raume und einer Erscheinung in demselben an die Hand gibt, anstatt daß die Zeit, welche die einzige Form unserer inneren Anschauung ist, nichts Bleibendes hat, mithin nur den Wechsel der Bestimmungen, nicht aber den bestimmbaren Gegenstand zu erkennen gibt. Denn in dem, was wir Seele nennen, ist Alles im continuirlichen Flusse und nichts Bleibendes, außer etwa, (wenn man es durchaus will,) das darum so einfache Ich, weil diese Vorstellung keinen Inhalt, mithin kein Mannigfaltiges hat, weswegen sie auch scheint ein einfaches Object vorzustellen, oder besser gesagt, zu bezeichnen. Dieses Ich mußte eine Anschauung sein, welche, da sie beim Denken überhaupt (vor aller Erfahrung) vorausgesetzt würde, als Anschauung a priori synthetische Säße lieferte, wenn es möglich sein sollte, eine reine Vernunfterkenntniß von der Natur eines denkenden Wesens überhaupt zu Stande zu bringen. Allein dieses Ich ist so wenig Anschauung, als Begriff von irgend einem Gegenstande, sondern die blose Form des Bewußtseins, welches beiderlei Vorstellungen begleiten und sie dadurch zu Erkenntnissen erheben kann, sofern nämlich dazu noch irgend etwas Anderes in der Anschauung gegeben wird, welches zu einer Vorstellung von einem Gegenstande Stoff darreicht. Also fällt die ganze rationale Psychologie, als eine, alle Kräfte der menschlichen Vernunft übersteigende Wissenschaft, und es bleibt uns nichts übrig, als unsere Seele an dem Leitfaden der Erfahrung zu studiren und uns in den Schranken der Fragen zu halten, die nicht weiter gehen, als mögliche innere Erfahrung ihren Inhalt darlegen kann.

Ob sie nun aber gleich als erweiternde Erkenntniß keinen Nuhen hat, sondern als solche aus lauter Paralogismen zusammengesett ist,

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so kann man ihr doch, wenn sie für nichts mehr, als eine kritische Behandlung unserer dialektischen Schlüsse und zwar der gemeinen und natürlichen Vernunft gelten soll, einen wichtigen negativen Nußen nicht absprechen.

Wozu haben wir wohl eine blos auf reine Vernunftprincipien gegründete Seelenlehre nöthig? Ohne Zweifel vorzüglich in der Absicht, um unser denkendes Selbst wider die Gefahr des Materialismus zu sichern. Dieses leistet aber der Vernunftbegriff von unserem denkenden Selbst, den wir gegeben haben. Denn weit gefehlt, daß nach demselben einige Furcht übrig bliebe, daß, wenn man die Materie wegnahme, dadurch alles Denken und selbst die Existenz denkender Wesen aufgehoben werden würde, so wird vielmehr klar gezeigt, daß, wenn ich das denkende Subject wegnehme, die ganze Körperwelt wegfallén muß, als die nichts ist, als die Erscheinung in der Sinnlichkeit unseres Subjects und eine Art Vorstellungen desselben.

Dadurch erkenne ich zwar freilich dieses denkende Selbst seinen Eigenschaften nach nicht besser, noch kann ich seine Beharrlichkeit, ja selbst nicht einmal die Unabhängigkeit seiner Eristenz von dem etwanigen transscendentalen Substratum äußerer Erscheinungen einsehen; denn dieses ist mir, eben so wohl als jenes, unbekannt. Weil es aber gleichwohl möglich ist, daß ich anders woher, als aus blos speculativen Gründen Ursache hernähme, eine selbstständige und bei allem möglichen Wechsel meines Zustandes beharrliche Existenz meiner denkenden Natur zu hoffen, so ist dadurch schon viel ge wonnen, bei dem freien Geständniß meiner eigenen Unwissenheit, dennoch die dogmatischen Ungriffe eines speculativen Gegners abtreiben zu können und ihm zu zeigen, daß er niemals mehr von der Natur meines Subjects wissen könne, um meinen Erwartungen die Möglichkeit abzusprechen, als ich, um mich an ihnen zu halten.

Auf diesen transscendentalen Schein unserer psychologischen Begriffe gründen sich denn noch drei dialektische Fragen, welche das eigentliche Ziel der rationalen Psychologie ausmachen, und nirgend anders, als durch obige Untersuchungen entschieden werden können; nämlich 1) von der Möglichkeit der Gemeinschaft der Seele mit

einem organischen Körper, d. i. der Unimalitát und dem Zustande der Seele im Leben des Menschen, 2) vom Anfange dieser Gemeinschaft, d. i. der Seele in und vor der Geburt des Menschen, 3) dem Ende dieser Gemeinschaft, d. i. der Seele in und nach dem Tode des Menschen (Frage wegen der Unsterblichkeit).

Ich behaupte nun, daß alle Schwierigkeiten, die man bei diesen Fragen vorzufinden glaubt, und mit denen, als dogmatischen Einwürfen man sich das Unsehen einer tieferen Einsicht in die Natur der Dinge, als der gemeine Verstand wohl haben kann, zu geben sucht, auf einem blosen Blendwerke beruhe, nach welchem man das, was blos in Gedanken existirt, hypostasirt und in eben derselben Qualität als einen wirklichen Gegenstand außerhalb dem denkenden Subjecte annimmt, nämlich Ausdehnung, die nichts, als Erscheinung ist, für eine, auch ohne unsere Sinnlichkeit subsistirende Eigenschaft` åußerer Dinge, und Bewegung für deren Wirkung, welche auch außer unseren Sinnen an sich wirklich vorgeht, zu halten. Denn die Materie, deren Gemeinschaft mit der Seele so großes Bedenken erregt, ist nichts Anderes, als eine blose Form, oder eine gewisse Vorstellungsart eines unbekannten Gegenstandes, durch diejenige Unschauung, welche man den äußeren Sinn nennt. Es mag also wohl etwas außer uns sein, dem diese Erscheinung, welche wir Materie nennen, correspondirt; aber in derselben Qualitât als Erscheinung ist es nicht außer uns, sondern lediglich als ein Gedanke in uns, wiewohl dieser Gedanke durch genannten Sinn es als außer uns befindlich vorstellt. Materie bedeutet also nicht eine von dem Gegenstande des inneren Sinnes (Seele) so ganz unterschiedene und heterogene Art von Substanzen, sondern nur die Ungleichartigkeit: der Erscheinungen von Gegenständen, (die uns an sich selbst unbekannt sind,) deren Vorstellungen wir außére nennen, in Vergleichung mit denen, die wir zum inneren Sinn zählen, ob sie gleich eben so wohl blos zum denkenden Subjecte, als alle übrigen Gedanken gehören, nur daß sie dieses Täuschende an sich haben, daß, da sie Gegenstände im Raume vorstellen, sie sich gleichsam von der Seele ablösen und außer ihr zu schweben scheinen, da doch selbst der Raum,

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darin sie angeschaut werden, nichts, als eine Vorstellung ist, deren Gegenbild in derselben Qualität außer der Seele gar nicht angetroffen werden kann. Nun ist die Frage nicht mehr von der Gemeinschaft der Seele mit anderen bekannten und fremdartigen Substanzen außer uns, sondern blos von der Verknüpfung der Vorstellungen des inneren Sinnes mit den Modificationen unserer äußeren Sinnlichkeit, und wie diese unter einander nach beständigen Geseßen verknüpft sein mögen, so daß sie in einer Erfahrung zusammenhängen.

So lange wir innere und äußere Erscheinungen, als blose Vorstellungen in der Erfahrung mit einander zusammenhalten, so finden wir nichts Widersinnisches und welches die Gemeinschaft beider Art Sinne befremdlich machte. Sobald wir aber die äußeren Erscheinungen hypostasiren, sie nicht mehr als Vorstellungen, sondern in derselben Qualität, wie sie in uns find, auch als außer uns für sich bestehende Dinge, ihre Handlungen aber, die sie als Erscheinungen gegen einander im Verhältniß zeigen, auf unser dens kendes Subject beziehen, so haben wir einen Charakter der wirkenden Ursachen außer uns, der sich mit ihren Wirkungen in uns nicht zusammenreimen will, weil jener sich blos auf äußere Sinne, diese aber auf den inneren Sinn beziehen; welche, ob sie zwar in einem Subjecte vereinigt, dennoch höchst ungleichartig sind. Da haben wir denn keine anderen äußeren Wirkungen, als Veränderungen des Orts, und keine Kräfte, als blos Bestrebungen, welche auf Verhåltnisse im Raume, als ihre Wirkungen auslaufen. In uns aber sind: die Wirkungen Gedanken, unter denen kein Verhältniß des Orts, Bewegung, Gestalt, oder Raumesbestimmung überhaupt Statt findet, und wir verlieren den Leitfaden der Ursachen gänzlich an den Wirkungen, die sich davon in dem inneren Sinne zeigen sollten. Aber wir sollten bedenken, daß nicht die Körper Gegenstände an sich sind, die uns gegenwärtig sind, sondern eine blose Erscheinung, wer weiß, welches unbekannten Gegenstandes; daß die Bewegung nicht die Wirkung dieser unbekannten Ursache, sondern blos die Erscheinung ihres Einflusses auf unsere Sinne sei; daß folglich beide' nicht Etwas außer uns, sondern blos Vorstellungen in uns find; mithin daß

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