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große Wichtigkeit zuzugestehen, als einem von den Problemen, daraus die menschliche Vernunft sich schwerlich zu helfen wisse. Denn in der That, wenn man äußere Erscheinungen als Vorstellungen anfieht, die von ihren Gegenständen, als an sich außer uns befindlichen Dingen, in uns gewirkt werden, so ist nicht abzusehen, wie man dieser ihr Dasein anders, als durch den Schluß von der Wirkung auf die Ursache erkennen könne, bei welchem es immer zweifelhaft bleiben muß, ob die letztere in uns oder außer uns sei. Nun kann man zwar einräumen, daß von unseren äußeren Anschauungen etwas, was im transscendentalen Verstande außer uns sein mag, die Ursache sei; aber dieses ist nicht der Gegenstand, den wir unter den Vorstellungen der Materie und körperlicher Dinge verstehen; denn diese sind lediglich Erscheinungen d. i. blose Vorstellungsarten, die sich jederzeit nur in uns befinden und deren Wirklichkeit auf dem unmittelbaren Bewußtsein eben so, wie das Bewußtsein meiner eigenen Gedanken beruht. Der transscendentale Gegenstand ist, sowohl in Ansehung der inneren als äußeren Anschauung, gleich unbekannt. Von ihm aber ist auch nicht die Rede, sondern von dem empirischen, welcher alsdann ein äußerer heißt, wenn er im Raume, und ein innerer Gegenstand, wenn er lediglich im Zeitverhältnisse vorgestellt wird; Raum aber und Zeit sind beide nur in uns anzutreffen.

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Weil indessen der Ausdruck: außer uns, eine nicht zu vermeidende Zweideutigkeit bei sich führt, indem er bald etwas bedeutet, was als Ding an sich selbst von uns unterschieden eristirt, bald was blos zur äußeren Erscheinung gehört, so wollen wir, um diesen Begriff in der letzteren Bedeutung, als in welcher eigentlich die psychologische Frage wegen der Realität unserer äußeren Anschauung genommen wird, außer Unsicherheit zu sehen, empirisch äußerliche Gegenstände dadurch von denen, die so im transscendentalen Sinne heißen möchten, unterscheiden, daß wir sie geradezu Dinge nennen, die im Raume anzutreffen sind.

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Raum und Zeit sind zwar Borstellungen a priori, welche uns als Formen unserer sinnlichen Anschauung beiwohnen, che noch

ein wirklicher Gegenstand unseren Sinn durch Empfindung bestimmt hat, um ihn unter jenen sinnlichen Verhältnissen vorzustellen. Allein dieses Materielle oder Reale, dieses Etwas, was im Raume angeschaut werden soll, sest nothwendig Wahrnehmung voraus und kann unabhängig von dieser, welche die Wirklichkeit von Etwas im Raume anzeigt, durch keine Einbildungskraft gedichtet und hervor: gebracht werden. Empfindung ist also dasjenige, was eine Wirk lichkeit im Raume und der Zeit bezeichnet, nachdem sie auf die eine oder die andere Art der sinnlichen Anschauung bezogen wird. Ist Empfindung einmal gegeben, (welche, wenn sie auf einen Ge genstand überhaupt, ohne diesen zu bestimmen, angewandt wird, Wahrnehmung heißt,) so kann durch die Mannigfaltigkeit derselben mancher Gegenstand in der Einbildung gedichtet werden, der außer der Einbildung im Raume oder der Zeit keine empirische Stelle hat. Dieses ist ungezweifelt gewiß, man mag nun die Empfindungen Lust und Schmerz, oder auch der äußeren, als Farben, Wärme u. s. w. nehmen, so ist Wahrnehmung dasjenige, wodurch der Stoff, um Gegenstände der sinnlichen Anschauung zu denken, zuerst gegeben werden muß. Diese Wahrnehmung stellt also, (damit wir diesmal nur bei äußeren Anschauungen bleiben,) etwas Wirkliches im Raume vor. Denn erstlich ist Wahrnehmung die Vorstellung einer Wirklichkeit, so wie Raum die Vorstellung einer blosen Möglichkeit des Beisammenseins. Zweitens wird diese Wirklichkeit für den äußeren Sinn d. i. im Raume vorgestellt. Drittens ist der Raum selbst nichts Anderes, als blose Vorstellung, mithin kann in ihm nur das als wirklich gelten, was in ihm vorgestellt *) wird, und umgekehrt,

*) Man muß diesen paradoren, aber richtigen Saß wohl merken: daß im Raume nichts sei, als was in ihm vorgestellt wird, denn der Raum ist selbst nichts Anderes, als Vorstellung, folglich was in ihm ist, muß in der Vorstellung enthalten sein, und im Raume ist gar nichts, außer sofern es in ihm wirklich vorgestellt wird. Ein Saß, der allerdings befremdlich klingen muß: daß eine Sache nur in der Vorstellung von ihr existiren könne, der aber hier das Unstößige verliert, weil die Sachen, mit denen wir es zu thun haben, nicht Dinge an sich, sondern nur Erscheinungen d. i. Borstellungen sind.

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was in ihm gegeben d. i. durch Wahrnehmung vorgestellt wird, ist in ihm auch wirklich; denn wäre es in ihm nicht wirklich d. i. unmittelbar durch empirische Anschauung gegeben, so könnte es auch nicht erdichtet werden, weil man das Reale der Anschauungen gar nicht a priori erdenken kann,

Alle äußere Wahrnehmung also beweiset unmittelbar etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche selbst, und in sofern ist also der empirische Realismus außer Zweifel, d. i. es correspondirt unseren äußeren Anschauungen etwas Wirkliches im Raume. Freilich ist der Raum selbst, mit allen seinen Erscheinungen, als Vorstellungen nur in mir; aber in diesem Raume ist doch gleichwohl das Reale, oder der Stoff aller Gegenstände äußerer Anschauung wirklich und unabhängig von aller Erdichtung gegeben, und es ist auch unmöglich, daß in diesem Raume irgend etwas außer uns (im transscendentalen Sinne) gegeben werden sollte, weil der Raum selbst außer unserer Sinnlichkeit nichts ist. Also kann der strengste Idealist nicht verlangen, man solle beweisen, daß unserer Wahrnehmung der Gegenstand außer uns (in stricter Bedeutung) entspreche. Denn wenn es dergleichen gåbe, so würde es doch nicht als außer uns vorgestellt und angeschaut werden können, weil dieses den Raum vorausseßt, und die Wirklichkeit im Raume, als einer blosen Vorstellung, nichts Anderes, als die Wahrnehmung selbst ist. Das Reale äußerer Erscheinungen ist also wirklich nur in der Wahrnehmung und kann auf keine andere Weise wirklich sein.

Aus Wahrnehmungen kann nun, entweder durch ein bloses Spiel der Einbildung, oder auch vermittelst der Erfahrung Erkenntniß der Gegenstände erzeugt werden. Und da können allerdings trügliche Vorstellungen entspringen, denen die Gegenstände nicht entsprechen und wobei die Täuschung bald einem Blendwerke der Einbildung (im Traume), bald einem Fehltritte der Urtheilskraft (beim sogenannten Betruge der Sinne) beizumessen ist. Um nun hierin dem falschen Scheine zu entgehen, verfährt man nach der Regel: Was mit einer Wahrnehmung nach empirischen Gesehen zusammenhangt, ist wirklich. Allein diese Täuschung sowohl,

als die Verwahrung wider dieselbe trifft eben sowohl den Idealismus, als den Dualismus, indem es dabei nur um die Form der Erfahrung zu thun ist. Den empirischen Idealismus, als eine falsche Bedenklichkeit wegen der objectiven Realität unserer äußeren Wahrnehmungen, zu widerlegen, ist schon hinreichend, daß äußere Wahr: nehmung eine Wirklichkeit im Raume unmittelbar beweise, welcher Raum, ob er zwar an sich nur blose Form der Vorstellungen ist, dennoch in Ansehung aller äußeren Erscheinungen, (die auch nichts Anderes, als blose Vorstellungen sind,), objective Realitát hat; imgleichen, daß ohne Wahrnehmung selbst die Erdichtung und der Traum nicht möglich seien, unsere åußeren Sinne also, den datis nach, woraus Erfahrung entspringen kann, ihre wirklichen correspondirenden Gegenstände im Raume haben.

Der dogmatische Idealist würde derjenige sein, der das Dasein der Materie leugnet, der skeptische, der sie bezweifelt, weil er sie für unerweislich hält. Der Erstere kann es nur darum sein, weil er in der Möglichkeit einer Materie überhaupt Widersprüche zu finden glaubt und mit diesem haben wir es jetzt noch nicht zu thun. Der folgende Abschnitt von dialektischen Schlüssen, der die Vernunft in ihrem inneren Streite in Ansehung der Begriffe, die sie sich von der Möglichkeit dessen, was in den Zusammenhang der Erfahrung gehört, vorstellt, wird auch dieser Schwierigkeit abhelfen. Der skeptische Idealist aber, der blos den Grund unserer Behauptung anficht und unsere Ueberredung von dem Dasein der Materie, die wir auf unmittelbare Wahrnehmung zu gründen glauben, für unzureichend erklärt, ist sofern ein Wohlthäter der menschlichen Vernunft, als er uns nöthigt, selbst bei dem kleinsten Schritte der ge meinen Erfahrung, die Augen wohl aufzuthun und, was wir vielleicht nur erschleichen, nicht sogleich als wohlerworben in unseren Besitz aufzunehmen. Der Nußen, den diese idealistischen Einwürfe hier schaffen, fällt jetzt klar in die Augen. Sie treiben uns mit Gewalt dahin, wenn wir uns nicht in unseren gemeinsten Behauptungen verwickeln wollen, alle Wahrnehmungen, fie mögen nun innere oder außere heißen, blos als ein Bewußtsein dessen, was unserer Sinn

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lichkeit anhängt, und die äußeren Gegenstände derselben nicht für Dinge an sich selbst, sondern nur für Vorstellungen anzusehen, deren wir uns, wie jeder anderen Vorstellung, unmittelbar bewußt werden können, die aber darum äußere heißen, weil sie demjenigen Sinne anhängen, den wir den äußeren Sinn nennen, dessen Anschauung der Raum ist, der aber doch selbst nichts Anderes, als eine innere welcher sich gewisse Wahrnehmungen mit

Vorstellungsart ist, in
einander verknüpfen.

Wenn wir äußere Gegenstände für Dinge an sich gelten lassen, so ist schlechthin unmöglich zu begreifen, wie wir zur Erkenntniß ihrer Wirklichkeit außer uns kommen sollen, indem wir uns blos auf die Vorstellung ftüßen, die in uns ist. Denn man kann doch außer sich nicht empfinden, sondern nur in sich selbst, und das ganze Selbstbewußtsein liefert daher nichts, als lediglich unsere eigenen Bestimmungen. Also nöthigt uns der skeptische Idealismus, die einzige Zuflucht, die uns übrig bleibt, nämlich zu der Idealität aller Erscheinungen zu ergreifen, welche wir in der transscendentalen Aesthetik unabhängig von diesen Folgen, die wir damals nicht voraussehen konnten, dargethan haben. Fragt man nun, ob denn diesem zu Folge der Dualismus allein in der Seelenlehre Statt finde, so ist die Antwort: allerdings! aber nur im empirischen Verstande, d. i. in dem Zusammenhange der Erfahrung ist wirklich Materie, als Substanz in der Erscheinung, dem äußeren Sinne, so wie das denkende Ich, gleichfalls als Substanz_in_der Erscheinung, vor dem inneren Sinne gegeben und nach den Regeln, welche diese Kategorie in den Zusammenhang unserer äußeren sowohl, als inneren Wahrnehmungen zu einer Erfahrung hineinbringt, müssen auch beiderseits Erscheinungen unter sich verknüpft werden. Wollte man aber den Begriff des Dualismus, wie es gewöhnlich geschieht, erweitern und ihn im transscendentalen Verstande nehmen, so hatten weder er, noch der ihm entgegengesette Pneumatismus einerseits, oder der Materialismus andererseits, nicht den mindesten Grund, indem man alsdenn die Bestimmung seiner Begriffe verfehlte, und die Verschiedenheit der Vorstellungsart von Gegenständen, die uns nach

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