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dieses Ich (ein bloser Gedanke) nicht eben sowohl fließe, als die übrigen Gedanken, die dadurch aneinander gekettet werden.

Es ist aber merkwürdig, daß die Persönlichkeit und deren Voraussehung, die Beharrlichkeit, mithin die Substantialität der Secle jest allererst bewiesen werden muß. Denn könnten wir diese voraussehen, so würde zwar daraus noch nicht die Fortdauer des Bewußtseins, aber doch die Möglichkeit eines fortwährenden Bewußtseins in einem bleibenden Subjecte folgen, welches zu der Persönlichkeit schon hinreichend ist, die dadurch, daß ihre Wirkung etwa eine Zeit hindurch unterbrochen wird, selbst nicht sofort aufhört. Aber diese Beharrlichkeit ist uns vor der numerischen Identität unserer Selbst, die wir aus der identischen Upperception folgern, durch nichts gegeben, sondern wird daraus allererst gefolgert, (und auf Diese müßte, wenn es recht zuginge, allererst der Begriff der Substanz folgen, der allein empirisch brauchbar ist.) Da nun diese Identität der Person aus der Identität des Ich in dem Bewußtsein aller Zeit, darin ich mich erkenne, keinesweges folgt, so hat auch eben die Substantialität der Seele darauf nicht gegründet werden können.

Indessen kann, sowie der Begriff der Substanz und des Einfachen, ebenso auch der Begriff der Persönlichkeit, (sofern er blos transscendental ist, d. i. Einheit des Subjects, das uns übrigens unbekannt ist, in dessen Bestimmungen aber eine durchgängige Verknüpfung durch Apperception ist,) bleiben, und so fern ist dieser Begriff auch zum praktischen Gebrauche nöthig und hinreichend; aber auf ihn, als Erweiterung unserer Selbsterkenntniß durch reine Vernunft, welche uns eine ununterbrochene Fortdauer des Subjects aus dem blosen Begriffe des identischen Selbst vorspiegelt, können wir nimmermehr Staat machen, da dieser Begriff sich immer um sich selbst herumdreht und uns in Ansehung keiner einzigen Frage, welche auf synthetische Erkenntniß angelegt ist, weiterbringt. Was Materie für ein Ding an sich selbst (transscendentales Object) sei, ist uns zwar gänzlich unbekannt; gleichwohl kann doch die Beharrlichkeit derselben als Erscheinung, dieweil sie als etwas Aeußerliches

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vorgestellt wird, beobachtet werden. Da ich aber, wenn ich das blose Ich bei dem Wechsel aller Vorstellungen beobachten will, kein anderes Correlatum meiner Vergleichungen habe, als wiederum Mich selbst, mit den allgemeinen Bedingungen meines Bewußtseins, so kann ich keine andere, als tautologische Beantwortungen auf alle Fragen geben, indem ich nämlich meinen Begriff und dessen Einheit den Eigenschaften, die mir selbst als Object zukommen, unterschiebe und das voraussehe, was man zu wissen verlangte.

Der vierte Paralogismus der Idealität.
(Des äußeren Verhältnisses.)

Dasjenige, auf dessen Dasein nur als einer Ursache zu gegebenen Wahrnehmungen geschlossen werden kann, hat eine nur zweifelhafte Existenz.

Nun sind alle äußeren Erscheinungen von der Art, daß ihr Dasein nicht unmittelbar wahrgenommen, sondern auf fie, als die Ursache gegebener Wahrnehmungen, allein geschlossen werden kann.

Also ist das Dasein aller Gegenstände äußerer Sinne zweifelhaft. Diese Ungewißheit nenne ich die Idealität äußerer Erscheinungen und die Lehre dieser Idealität heißt der Idealismus, in Vergleichung mit welchem die Behauptung einer möglichen Ge: wißheit von Gegenständen äußerer Sinne der Dualismus ge

nannt wird.

Kritik des vierten Paralogismus der transscendentalen Psychologie.

Zuerst wollen wir die Prämissen der Prüfung unterwerfen. Wir können mit Recht behaupten, daß nur dasjenige, was in uns selbst ist, unmittelbar wahrgenommen werden könne, und daß meine eigene Existenz allein der Gegenstand einer blosen Wahrnehmung sein könne. Also ist das Dasein eines wirklichen Gegenstandes außer mir, (wenn dieses Wort in intellectueller Bedeutung genommen Kant f. B. II.

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wird,) niemals geradezu in der Wahrnehmung gegeben, sondern kann nur zu dieser, welche eine Modification des inneren Sinnes ist, als äußere Ursache derselben hinzugedacht und mithin geschlossen werden. Daher auch Cartefius mit Recht alle Wahrneh mung in der engsten Bedeutung auf den Saß einschränkte: Ich (als ein denkend Wesen) bin. Es ist nåmlich klar, daß, da das Aeußere nicht in mir ist, ich es nicht in meiner Upperception, mits hin auch in keiner Wahrnehmung, welche eigentlich nur die Bestimmung der Apperception ist, antreffen könne.

1 Ich kann also außere Dinge eigentlich nicht wahrnehmen, son: dern nur aus meiner inneren Wahrnehmung auf ihr Dasein schlie ßen, indem ich diese als die Wirkung ansehe, wozu etwas Aeußeres die nächste Ursache ist. Nun ist aber der Schluß von einer gegebenen Wirkung auf eine bestimmte Ursache jederzeit unsicher; weil die Wirkung aus mehr, als einer Ursache entsprungen sein kana. Demnach bleibt es in der Beziehung der Wahrnehmung auf ihre Ursache jederzeit zweifelhaft, ob diese innerlich oder äußerlich sei, ob also alle sogenannte äußere Wahrnehmungen nicht ein bloses Spiel unseres inneren Sinnes seien, oder ob sie sich auf äußere wirkliche Gegenstände, als ihre Ursache beziehen. Wenigstens ist das Dasein der letteren nur geschlossen, und läuft die Gefahr aller Schlüsse, da hingegen der Gegenstand des inneren Sinnes (Ich selbst mit allen meinen Vorstellungen) unmittelbar wahrgenommen wird und die Existenz desselben gar keinen Zweifel leidet.

Unter einem Idealisten muß man also nicht denjenigen verstehen, der das Dasein äußerer Gegenstände der Sinne leugnet, fons dern der nur nicht einräumt, daß es durch unmittelbare Wahrnehmung erkannt werde, daraus aber schließt, daß wir ihrer Wirklichkeit durch alle mögliche Erfahrung niemals völlig gewiß werden können.

Ehe ich nun unseren Paralogismus seinem trüglichen Scheine nach darstelle, muß ich zuvor bemerken, daß man nothwendig einen zweifachen Idealismus unterscheiden müsse, den transscendentalen und den empirischen. Ich verstehe aber unter dem transscen= dentalen Idealismus aller Erscheinungen den Lehrbegriff, nach

welchem wir sie insgesammt als blose Vorstellungen, und nicht als Dinge an sich selbst ansehen, und dem gemäß Zeit und Raum nur sinnliche Formen unserer Unschauung, nicht aber für sich gegebene Bestimmungen, oder Bedingungen der Objecte, als Dinge an sich selbst sind. Diesem Idealismus ist ein transscendentaler Realismus entgegengeseht, der Zeit und Raum als etwas an sich (unabhängig von unserer Sinnlichkeit) Gegebenes ansieht. Der transscendentalé Realist stellt sich also äußere Erscheinungen, (wenn man ihre Wirklichkeit einräumt,) als Dinge an sich selbst vor, die unabhängig von uns und unserer Sinnlichkeit existiren, also auch nach reinen Verstandesbegriffen außer uns wären. Dieser transscendentale Realist ist es eigentlich, welcher nachher den empirischen Idealisten spielt, und nachdem er fälschlich von Gegenständen der Sinne vorausge seht hat, daß, wenn sie äußere sein sollen, sie an sich selbst auch ohne Sinne ihre Existenz haben müßten, in diesem Gesichtspuncte alle unsere Vorstellungen der Sinne unzureichend findet, die Wirklichkeit derselben gewiß zu machen.

Der transscendentale Idealist kann hingegen ein empirischer Realist, mithin, wie man ihn nennt, ein Dualist sein, d. i. die Existenz der Materie einräumen, ohne aus dem blosen Selbstbewußtsein hinauszugehen und etwas mehr, als die Gewißheit der Vorstellungen in mir, mithin das cogito, ergo sum, anzunehmen. Denn weil er diese Materie und sogar deren innere Möglichkeit blos für Erscheinung gelten läßt, die, von unserer Sinnlichkeit abgetrennt, nichts ist, so ist sie bei ihm nur eine Art Vorstellungen (Unschauung), welche äußerlich heißen, nicht, als ob sie sich auf an sich selbst außere Gegenstände bezögen, sondern weil sie Wahrnehmungen auf den Raum beziehen, in welchem Alles außer einander, er selbst der Raum aber in uns ist.

Für diesen transscendentalen Idealismus haben wir uns schon im Anfange erklärt. Also fällt bei unserm Lehrbegriff alle Bedenklichkeit weg, das Dasein der Materie eben so auf das Zeugniß unseres blosen Selbstbewußtseins anzunehmen und dadurch für bewiesen zu erklären, wie das Dasein meiner selbst als eines denkenden Wesens.

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Denn ich bin mir doch meiner Vorstellungen bewußt; also existiren diese und ich selbst, der ich diese Vorstellungen habe. Nun sind aber åußere Gegenstände (Körper) blos Erscheinungen, mithin auch nichts Anderes, als eine Art meiner Vorstellungen, deren Gegenstände nur durch diese Vorstellungen etwas sind, von ihnen abgesondert aber nichts sind. Also existiren eben sowohl äußere Dinge, als ich Selbst existire, und zwar beide auf das unmittelbare Zeugniß meines Selbstbewußtseins; nur mit dem Unterschiede, daß die Vorstellung meiner Selbst, als des denkendèn Subjects, blos auf den inneren, die Vorstellungen aber, welche ausgedehnte Wesen bezeichnen, auch auf den äußeren Sinn bezogen werden. Ich habe in Absicht auf die Wirklichkeit äußerer Gegenstände eben so wenig nöthig zu schließen, als in Ansehung der Wirklichkeit des Gegenstandes meines inneren Sinnes, (meiner Gedanken ;) denn sie sind beiderseitig nichts, als Vorstellungen, deren unmittelbare Wahrnehmung (Bewußtsein) zugleich ein genugsamer Beweis ihrer Wirklichkeit ist.

Also ist der transscendentale Idealist ein empirischer Realist und gesteht der Materie, als Erscheinung eine Wirklichkeit zu, die nicht geschlossen werden darf, sondern unmittelbar wahrgenommen wird. Dagegen kommt der transscendentale Realismus nothwendig in Verlegenheit, und sieht sich genöthigt, dem empirischen Idealismus Platz einzuräumen, weil er die Gegenstände äußerer Sinne für etwas von den Sinnen selbst Unterschiedenes und blose Erscheinungen für selbstständige Wesen ansieht, die sich außer uns befinden; da denn freilich bei unserem besten Bewußtsein unserer Vorstellung von diesen Dingen noch lange nicht gewiß ist, daß, wenn die Vorstellung eristirt, auch der ihr correspondirende Gegenstand existire; da hingegen in unserem System diese äußeren Dinge, die Materie nämlich, in allen ihren Gestalten und Veränderungen nichts, als blose Erscheinungen d. i. Vorstellungen in uns sind, deren Wirklichkeit wir uns unmittelbar bewußt werden.

Da nun, so viel ich weiß, alle dem empirischen Idealismus anhängende Psychologen transscendentale Realisten sind, so haben sie freilich ganz consequent verfahren, dem empirischen Idealismus

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