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mengenommen den ganzen Inhalt einer einzigen gegebenen Erkenntniß ausmachen. Und dieses ist es auch nur, was ich des Folgenden wegen hiebei anzumerken nöthig finde.

4. Die Modalität der Urtheile ist eine ganz besondere Function derselben, die das Unterscheidende an sich hat, daß sie nichts zum Inhalte des Urtheils beiträgt, (denn außer Größe, Qualitåt und Verhältniß ist nichts mehr, was den Inhalt des Urtheils ausmachte,) sondern nur den Werth der Copula in Beziehung auf das Denken überhaupt angeht. Problematische Urtheile sind solche, wo man das Bejahen oder Verneinen als blos möglich (beliebig) annimmt. Assertorische, da es als wirklich (wahr) betrachtet wird. Apodiktische, in denen man es als nothwendig ansieht *). So sind die beiden Urtheile, deren Verhältniß das hypothetische Urtheil ausmacht (antecedens und consequens), imgleichen in deren Wechselwirkung das Disjunctive besteht (Glieder der Eintheilung), insgesammt nur problematisch. In dem obigen Beispiel wird der Sat: es ist eine vollkommene Gerechtigkeit da, nicht assertorisch gesagt, sondern nur als ein beliebiges Urtheil, wovon es möglich ist, daß Jemand es annehme, gedacht, und nur die Consequenz ist assertorisch. Daher können solche Urtheile auch offenbar falsch sein und doch, problematisch genommen, Bedingungen der Erkenntniß der Wahrheit sein. So ist das Urtheil: die Welt ist durch blinden Zufall da, in dem disjunctiven Urtheil nur von problematischer Bedeutung, nåmlich daß Jemand diesen Sah etwa auf einen Augenblick annehmen möge, und dient doch (wie die Verzeichnung des falschen Weges, unter der Zahl aller derer, die man nehmen kann,) den wahren zu finden. Der problematische Saß ist also derjenige, der nur logische Möglichkeit (die nicht objectiv ist) ausdrückt d. i. eine freie Wahl einen solchen Sak gelten zu lassen, eine blos willkürliche Aufnehmung desselben in den

*) Gleich als wenn das Denken im ersten Fall eine Function des Verstandes, im zweiten der Urtheilskraft, im dritten der Vernunft wåre. Eine Bemerkung, die erst in der Folge ihre Aufklärung erwartet.

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Verstand. Der assertorische sagt von logischer Wirklichkeit oder Wahrheit, wie etwa in einem hypothetischen Vernunftschluß das Antecedens im Obersahe problematisch, im Untersahe assertorisch vorkommt, und zeigt an, daß der Sah mit dem Verstande nach dessen Gesehen schon verbunden sei. Der apodiktische Sah denkt sich den affertorischen durch diese Geseze des Verstandes selbst be stimmt und daher a priori behauptend, und drückt auf solche Weise logische Nothwendigkeit aus. Weil nun hier Alles sich gradweise dem Verstande einverleibt, so daß man zuvor etwas problematisch urtheilt, darauf auch wohl es assertorisch als wahr annimmt, endlich als unzertrennlich mit dem Verstande verbunden d. i. als nothwendig und apodiktisch behauptet, so kann man die drei Functionen der Modalitat auch so viel Momente des Denkens überhaupt nennen.

Des Leitfadens der Entdeckung aller reinen Verstandesbegriffe dritter Abschnitt.

§. 10.

Von den reinen Verstandesbegriffen oder Kategorien.

Die allgemeine Logik abstrahirt, wie mehrmalen schon gesagt worden, von allem Inhalt der Erkenntniß und erwartet, daß ihr anderwärts, woher es auch sei, Vorstellungen gegeben werden, um diese zuerst in Begriffe zu verwandeln, welches analytisch zugeht. Dagegen hat die transscendentale Logik ein Mannigfaltiges der Sinnlichkeit a priori vor sich liegen, welches die transscendentale Aesthetik ihr darbietet, um zu den reinen Verstandesbegriffen einen Stoff zu geben, ohne den sie ohne allen Inhalt, mithin völlig leer sein würde. Raum und Zeit enthalten nun ein Mannigfaltiges der reinen Anschauung a priori, gehören aber gleichwohl zu den Bedingungen der Receptivitát unseres Gemüths, unter denen es allein Vorstellungen von Gegenständen empfangen kann, die mithin auch den Begriff derselben jederzeit afficiren müssen. Allein die Spontaneität unseres Denkens erfordert es, daß dieses Mannigfaltige zuerst auf gewisse

Weise durchgegangen, aufgenommen und verbunden werde, um daraus eine Erkenntniß zu machen. Diese Handlung nenne ich Synthesis.

Ich verstehe aber unter Synthesis in der allgemeinsten Bedeutung die Handlung, verschiedene Vorstellungen zu einander hinzuzuthun und ihre Mannigfaltigkeit in einer Erkenntniß zu begreifen. Eine solche Synthesis ist rein, wenn das Mannigfaltige nicht empirisch, sondern a priori gegeben ist (wie das im Raum und der Zeit). Vor aller Analysis unserer Vorstellungen müssen diese zuvor gegeben sein, und es können keine Begriffe dem Inhalte nach analytisch entspringen. Die Synthesis eines Mannigfaltigen aber (es sei empirisch oder a priori gegeben) bringt zuerst eine Erkenntniß hervor, die zwar anfänglich noch roh und verworren sein kann und also der Analysis bedarf; allein die Synthesis ist doch dasjenige, was eigentlich die Elemente zu Erkenntnissen sammlet und zu einem gewissen Inhalte vereinigt; sie ist also das Erste, worauf wir Acht zu geben haben, wenn wir über den ersten Ursprung unserer Erkenntniß urtheilen wollen.

Die Synthesis überhaupt ist, wie wir künftig sehen werden, die blose Wirkung der Einbildungskraft, einer blinden, obgleich unentbehrlichen Function der Seele, ohne die wir überall gar keine Erkenntniß haben würden; der wir uns aber selten nur einmal bewußt sind. Allein diese Synthesis auf Begriffe zu bringen, das ist eine Function, die dem Verstande zukommt, und wodurch er uns allererst die Erkenntniß in eigentlicher Bedeutung verschafft.

Die reine Synthesis, allgemein vorgestellt, gibt nun den reinen Verstandesbegriff. Ich verstehe aber unter dieser Synthesis diejenige, welche auf einem Grunde der synthetischen Einheit a priori beruht; so ist unser Zählen (vornehmlich ist es in gròßeren Zahlen merklicher) eine Sythesis nach Begriffen, weil sie nach einem gemeinschaftlichen Grunde der Einheit geschieht (z. B. der Dekadik). Unter diesem Begriffe wird also die Einheit in der Synthesis des Mannigfaltigen nothwendig.

Analytisch werden verschiedene Vorstellungen unter einen Begriff gebracht (ein Geschäft, wovon die allgemeine Logik handelt). Aber nicht die Vorstellungen, sondern die reine Synthesis der Vor

stellungen auf Begriffe zu bringen lehrt die transc. Logik. Das Erste, was uns zum Behuf der Erkenntniß aller Gegenstände a priori gegeben sein muß, ist das Mannigfaltige der reinen Anschauung; die Synthesis dieses Mannigfaltigen durch die Einbildungskraft ist das Zweite, gibt aber noch keine Erkenntniß. Die Begriffe, welche dieser reinen Synthesis Einheit geben und lediglich in der Vorstellung dieser nothwendigen synthetischen Einheit bestehen, thun das Dritte zum Erkenntnisse eines vorkommenden Gegenstandes, und beruhen auf dem Verstande.

Dieselbe Function, welche den verschiedenen Vorstellungen in einem Urtheile Einheit gibt, die gibt auch der blosen Synthesis verschiedener Vorstellungen in einer Anschauung Einheit, welche, allgemein ausgedrückt, der reine Verstandesbegriff heißt. Derselbe Verstand also, und zwar durch eben dieselben Handlungen, wodurch er in Begriffen, vermittelst der analytischen Einheit, die logische Form eines Urtheils zu Stande brachte, bringt auch, vermittelst der synthetischen Einheit des Mannigfaltigen in der Unschauung überhaupt, in seine Vorstellungen einen transscendentalen Inhalt, weswegen sie reine Verstandesbegriffe heißen, die a priori auf Objecte gehen, welches die allgemeine Logik nicht leisten kann.

Auf solche Weise entspringen gerade so viel reine Verstandesbegriffe, welche a priori auf Gegenstände der Anschauung überhaupt gehen, als es in der vorigen Tafel logische Functionen in allen möglichen Urtheilen gab; denn der Verstand ist durch gedachte Functionen völlig erschöpft und sein Vermögen dadurch gänzlich ausgemessen. Wir wollen diese Begriffe nach dem Aristoteles Kategorien nennen, indem unsere Absicht uranfänglich mit der seinigen zwar einers lei ist, ob sie sich gleich davon in der Ausführung gar sehr entfernt. Tafel der Kategorien.

1.

Der Quantitát:

Einheit

Bielheit

Alheit

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Dieses ist nun die Verzeichnung aller ursprünglich reinen Begriffe der Synthesis, die der Verstand a priori in sich enthält und um deren willen er auch nur ein reiner Verstand ist; indem er durch sie allein etwas bei dem Mannigfaltigen der Anschauung verstehen d. i. ein Object derselben denken kann. Diese Eintheilung ist syste matisch aus einem gemeinschaftlichen Princip, nämlich dem Vermogen zu urtheilen, (welches eben so viel ist, als das Vermögen zu denken,) erzeugt und nicht rhapsodisch aus einer auf gut Glück unternommenen Aufsuchung reiner Begriffe entstanden, von deren Volls záhligkeit man niemals gewiß sein kann, da sie nur durch Induction geschlossen wird, ohne zu gedenken, daß man noch auf die legtere Art niemals einsieht, warum denn gerade diese und nicht andere Begriffe dem reinen Verstande beiwohnen. Es war ein eines scharffinnigen Mannes würdiger Anschlag des Aristoteles, diese Grundbegriffe aufzusuchen. Da er aber kein Principium hatte, so raffte er sie auf, wie sie ihm aufstießen, und trieb deren zuerst zehn auf, die er Kategorien (Prådicamente) nannte. In der Folge glaubte er noch ihrer fünfe aufgefunden zu haben, die er unter dem Namen der Postprådicamente hinzufügte. Allein feine Tafel blieb noch immer mangelhaft. Außerdem finden sich auch einige modi der reinen

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