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kräfte beizumessen ist. Es ist z. E. eine berühmte Frage, ob die Kålte eine positive Ursache erheische, oder ob sie, als ein Mangel schlechthin, der Abwesenheit der Ursache der Wärme beizumessen sei. Ich halte mich, so weit es zu meinem Zwecke dient, hiebei ein wenig auf. Ohne Zweifel ist die Kålte selber nur eine Verneinung der Wärme, und es ist leicht einzusehen, daß sie an sich selbst auch ohne positiven Grund möglich sei. Eben so leicht ist es aber zu verstehen, daß sie auch von einer positiven Ursache herrühren könne und wirklich bisweilen daraus entspringe, was man auch für eine Meinung vom Ursprung der Wärme annehmen mag. Man kennt keine absolute Kälte in der Natur, und wenn man von ihr redet, so versteht man sie nur vergleichungsweise. Nun stimmen Erfahrung und Vernunftgründe zusammen, den Gedanken des berühmten v. Mufchenbroeck zu bestätigen: daß die Erwärmung nicht in der inneren Erschütterung, sondern in dem wirklichen Uebergange des Elementarfeuers, aus einer Materie in die andere bestehe, obgleich dieser Uebergang vermuthlich mit einer inneren Erschütterung begleitet fein mag, imgleichen diese erregte Erschütterung den Austritt. des Elementarfeuers aus den Körpern befördert. Auf diesem Fuß, wenn das Feuerelement unter den Körpern in einem gewissen Raum im Gleichgewichte ist, sind sie verhältnißweise gegen einander weder kalt noch warm. Ist dieses Gleichgewicht gehoben, so ist diejenige Materie, in die das Elementarfeuer übergeht, verhältnißweise gegen den, der das durch desselben beraubt wird, kalt, dieser dagegen heißt, insoferne er in jenen diese Materie der Wärme überläßt, in Ansehung desselben warm, Der Zustand in dieser Veränderung heißt bei jenem Erwårmung, bei diesem Erkältung, bis Ulles wiederum im Gleichgewichte ist.

Nun ist wohl nichts natürlicher zu gedenken, als daß die Ans ziehungskräfte der Materie dieses subtile und elastische Flüssige so lange in Bewegung sehen und die Masse der Körper damit anfüllen, bis es allerwärts im Gleichgewicht ist, wenn nämlich die Räume in dem Verhältniß der Anziehungen, die daselbst wirken, damit an gefüllt sind. Und hier fällt es deutlich in die Augen, daß eine Materie, die eine andere in der Berührung erkältet, durch wahrhafte Kraft

(der Anziehung) das Elementarfeuer raube, womit die Masse des anderen erfüllt war, und daß die Kälte jenes Körpers eine negative Wärme gez nannt werden könne, weil die Verneinung, die in den wärmeren Körper daraus folgt, eine Beraubung ist. Allein hier würde die Einführung dieser Benennung ohne Nußen und nicht viel besser, als ein Wortspiel sein. Meine Absicht ist hiebei nur auf dasjenige, was folgt, gerichtet. :

Es ist lange bekannt, daß die magnetischen Körper zwei einander entgegenstehende Enden haben, die man Pole nennt, und deren der eine den gleichnamigen Punct an dem anderen zurückstößt und den anderen anzieht. Allein der berühmte Professor Aepinus zeigte in einer Abhandlung von der Aehnlichkeit der elektrischen Kraft mit der magnetischen, daß elektrisirte Körper bei einer gewissen Behandlung eben sowohl zwei Pole an sich zeigen, deren einen er den positiven, den anderen den negativen Pol nennt, und wovon der eine dasjenige anzieht, was der andere zurückstößt. Diese Erscheinung wird am deutlichsten wahrgenommen, wenn eine Röhre einem elektrischen Körper nahe genug gebracht wird, doch so, daß fie keinen Funken aus ihm zieht. Ich behaupté nun: daß bei den Erwärmungen oder Erkältungen d. i. bei allen Veränderungen der Wärme oder Kälte, vornehmlich den schnellen, die in einem zusammenhängenden Mittelraum oder in die Långe ausgebreiteten, Körper an einem Ende geschehen, jederzeit gleichsam zwei Pole der Wärme anzutreffen sind, wovon der eine positiv d. i. über den vorigen Grad des gedachten Körpers, der andere negativ, nämlich unter diesen Grad warm, d. i. kalt wird. Man weiß, daß verschiedene Erdgrüfte inwendig desto stärkeren Frost zeigen, je mehr draußen die Sonne Luft und Erde erwärmt, und Matthias Bel, der die im karpathischen Gebürge beschreibt, fügt hinzu, daß es eine Gewohn= heit der Bauern in Siebenbürgen sei, ihr Getränk kalt zu machen, wenn sie es in die Erde verscharren und ein schnell brennendes Feuer darüber machen. Es scheint, daß die Erdschicht in dieser Zeit auf der oberen Fläche nicht positiv warm werden könne, "ohne in etwas größerer Tiefe die Negative davon zu sein. Boerhave führt sonst an, daß das Feuer der Schmiedeheerde in einem gewissen

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Abstande Kälte verursacht habe. In der freien Luft über der Erdoberfläche scheint eben sowohl diese Entgegenseßung, vornehmlich bei den schnellen Veränderungen zu herrschen. Herr Jacobi führt irgendwo in dem Hamburg. Magazin an, daß bei der strengen Kälte, die oftmals weit gestreckte: Lånder angreift, doch gemeiniglich in einem langen Striche ansehnliche Plätze zwischen inne liegen, wo es temperirt und gelinde ist. Eben so fand Herr Aepinus bei der Röhre, deren ich gedachte, daß von dem positiven Pol des einen bis zum negativen des anderen in gewissen Weiten die positiv- und negativ elektrischen Stellen abwechselten. Es scheint, es könne in irgend einer Region: der Luft die Erwärmung nicht anheben, ohne in einer anderen gleichsam die Wirkung eines negativen Pols d. i. Kälte eben dadurch zu veranlassen, und auf diesem Fuß wird umgekehrt die an einem Orte behende zunehmende Kälte die Wärme in einer anderen Gegend zu vermehren dienen, gleichwie, wenn ein an einem Ende erhitter metallener Stab plöhlich im Wasser abgekühlt wird, die Wärme des anderen Endes zunimmt*). Demnach hört

*) Die Versuche, um sich der entgegengeseßten Pole der Wärme, gewiß zu machen, würden, wie mich důnkt, leicht anzustellen sein. In einer blechernen horizontalen Röhre von der Långe eines Fußes, welche an beiden Enden ein paar Zoll senkrecht in die Höhe gebogen wåre, wenn sie mit Weingeist angefüllt und auf der einen Seite derselben angesteckt würde, indem in dem anderen Ende das Thermometer stånde, würde sich meinem Vermuthen nach diese negative Entgegenseßung bald zeigen; wie man denn, um durch einseitige Erkältung die Wirkung auf der anderen Seite wahrzunehmen, sich des Salzwassers bedienen könnte, in welches auf der einen Seite gestoßenes Eis geworfen werden könnte. Bei dieser Gelegenheit will ich nur noch bemerken, von welcher Beobachtung, die ich wünsche angestellt zu sehen, aller Wahrscheinlichkeit nach die Erklärung der künstlichen Kålte und Wärme bei den Auflösungen gewisser vermengten Materien viel Licht bekommen würde. Ich überrede mich nämlich, daß der Unterschied dieser Erscheinungen vornehmlich darauf beruhen werde, ob die vermengten Flüssigkeiten nach der völligen Vereinbarung mehr oder weniger Volumen einnehmen, als ihr Raumesinhalt zusammengenommen vor der Vermischung austrug. Im ersteren Falle bez haupte ich werden fie Wärme, im zweiten Kålte am Thermometer zeigen. Denn in dem Falle, da sie nach der Vermengung ein dichteres Medium geben, ist nicht allein mehr attractivische Materie, welche das Element des benachbarten Feuers in sich zieht, als vorher in einem gleichen Raum, sondern es ist auch zu vermuthen, daß das Anziehungsvermögen größer werde, als nach Proportion der zunehmenden Dichtigkeit, indessen daß vielleicht die Aus

der Unterschied der Wärmpole alsbald auf, wenn die Mittheilung oder Beraubung Zeit genug gehabt hat, sich durch die ganze Materie gleichförmig zu verbreiten, gleichwie die Röhre des Herrn Professor Aepinus nur einerlei Elektricität zeigt, sobald sie den Funken gezogen hat. Vielleicht daß auch die große Kålte der oberen Luftgegend nicht lediglich dem Mangel der Erwärmungsmittel, sondern einer positiven Ursache beizumessen ist, nämlich, daß sie in Ansehung der Wärme nach dem Maaße negativ wird, als die untere Luft und Boden es positiv sind. Ueberhaupt scheinen die magnetische Kraft, die Elektricitát und die Wärme durch einerlei Mittelmaterie zu geschehen. Alle insgesammt können durch Reiben erregt werden, und ich vermuthe, daß die Verschiedenheit der Pole und die Entgegensetzung der positiven und negativen Wirksamkeit durch eine geschickte Behandlung eben sowohl bei den Erscheinungen der Wärme dürften bemerkt werden. Die schiefe Fläche des Galilei, der Perpendikel des Huygens, die Quecksilberröhre des Torricelli, die Luftpumpe des Otto Guericke und das gläserne Prisma des Newton haben uns den Schlüssel zu großen Naturgeheimnissen gegeben. Die negative und positive Wirksamkeit der Materien, vornehmlich bei der Elektrizität, verbergen allem Ansehen nach wichtige Einsichten, und eine glücklichere Nachkommenschaft, in deren schöne Lage wir hinaussehen, wird hoffentlich davon allgemeine Geseze erkennen, was uns fürjeşt in einer noch zweideutigen Zusammenstimmung erscheint.

spannungskraft des verdichteten Uethers nur so, wie bei der Luft in Verhältniß der Dichtigkeit zunimmt, weil nach dem Newton die Anziehungen in großer Nahheit in viel größerer Proportion stehen, als der umgekehrten der Ente fernungen. Auf solche Weise wird die Mischung, wenn sie mehr Dichtigkeit hat, als beider mengbarer Sachen Dichtigkeit vor der Vermengung zusammengenommen, in Ansehung der benachbarten Körper das Uebergewicht der Unziehung gegen das Elementarfeuer zeigen und, indem sie das Thermometer desselben beraubt, Kålte blicken lassen. Alles aber wird umgekehrt vor sich gehen, wenn die Mischung ein dünneres Medium gibt. Denn indem sie eine Menge Elementarfeuers fahren läßt, so ziehen es benachbarte Materien an und zeigen das Phänomenon der Wårme. Der Ausgang der Versuche entspricht nicht immer den Vermuthungen. Wenn aber die Versuche nicht lediglich eine Sache des Ohngefährs sein sollen, so müssen sie durch Bermuthung veranlaßt werden.

Dritter Abschnitt.

Enthält einige Betrachtungen, welche zu der Anwendung des gedachten Begriffs auf die Gegenstände der Weltweisheit vorbereiten können.

Was ich bis daher vorgetragen habe, sind nur die ersten Blicke, die ich auf einen Gegenstand von Wichtigkeit, aber nicht minderer Schwierigkeit werfe. Wenn man von den angeführten Beispielen, die begreiflich genug sind, zu ́allgemeinen Säßen hinaufsteigt, so hat man Ursache äußerst besorgt zu sein, daß sich auf einer unbetretenen Bahn Fehltritte zutragen können, die vielleicht nur im Fortgange bekannt werden. Ich gebe demnach dasjenige, was ich noch hierüber zu sagen habe, nur für einen Versuch aus, der sehr unvollkommen ist, ob ich mir gleich von der Aufmerksamkeit, die man darauf etwa verwenden möchte, mannigfaltigen Nußen verspreche. Ich weiß wohl, daß ein dergleichen Geständniß eine sehr schlechte Empfehlung zum Beifalle ist für diejenigen, die einen dreisten dogmatischen Ton verlangen, um sich in eine jede Richtung bringen zu lassen, darin man sie haben will. Über ohne das mindeste Bedauern über den Verlust des Beifalls von dieser Art zu empfinden, sehe ich es einer so schlüpfrigen Erkenntniß, wie die metaphysische ist, für viel gemåßer an, seine Gedanken zuvörderst der öffentlichen Prüfung darzulegen in der Gestalt unsicherer Versuche, als sie sogleich mit allem Auspuß von angemaßter Gründlichkeit und vollständiger Ueberzeugung anzukündigen, weil alsdenn gemeiniglich alle Besserung von der Hand gewiesen und ein jedes Uebel, das darin anzutreffen ist, unheibar wird.

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Jedermann versteht leicht, warum etwas nicht ist, insoferne nämlich der positive Grund dazu mangelt; aber wie dasjenige, was da ist, aufhört zu sein, dieses ist so leicht nicht verstanden. Es eristirt z. E. anjeto in meiner Seele die Vorstellung der Sonne

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