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Nun

negandum ac pernegandum, war die Untwort; der reuevolle Sunder muß sich diesen Reue besonders vom Himmel erbitten. fällt ja in die Augen: daß den, welcher um Reue (über seine Uebertretung) noch bitten muß, seine That wirklich nicht reuet; welches ebenso widersprechend aussieht, als wenn es vom Gebet heißt: es müsse, wenn es erhörlich sein soll, im Glauben geschehen. Denn wenn der Beter den Glauben hat, so braucht er nicht darum zu bitten; hat er ihn aber nicht, so kann er nicht erhörlich bitten.

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"Diesem Unwesen ist nunmehro gesteuret. Denn nicht allein zum bürgerlichen Wohl des gemeinen Wesens überhaupt, dem Religion ein höchstwichtiges Staatsbedürfniß ist, sondern besonders zum Vortheil der Wissenschaften, vermittelst eines diesen zu befördern eingeseßten. Oberschulcollegiums, hat sich neuerdings das glückliche Ereigniß zugetragen, daß die Wahl einer weisen Landesregierung einen erleuchteten Staatsmann getroffen hat, welcher, nicht durch einseitige Vorliebe für ein besonderes Fach derselben (die Theologie), sondern in Hinsicht auf das ausgebreitete Interesse des ganzen Lehrstandes, zur Beförderung desselben Beruf, Talent und Willen hat, und so das Fortschreiten der Cultur im Felde der Wissenschaften wider alle neue Eingriffe der Obscuranten sichern wird.

Unter dem allgemeinen Titel: „der Streit der Facultâten“, `erscheinen hier drei,in verschiedener Absicht, auch zu verschiedenen Zeiten von mir abgefaßte, gleichwohl aber doch zur systematischen Einheit ihrer Verbindung in einem Werk geeignete Abhandlungen; von denen ich nur späterhin inne ward, daß sie, als der Streit der unteren mit den drei oberen, (um der Zerstreuung vorzubeugen,) schicklich in Einem Bande sich zusammen finden können.

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Es war kein übler Einfall desjenigen, der zuerst den Gedanken faßte und ihn zur öffentlichen Ausführung vorschlug, den ganzen Inbegriff der Gelehrsamkeit, (eigentlich die derselben gewidmeten Köpfe,) gleichsam fabrikenmäßig, durch Vertheilung der Arbeiten, zu behandeln, wo, soviel es Fächer der Wissenschaften gibt, soviel ́öffentliche Lehrer, Professoren, als Depositåre derselben, angestellt würden, die zusammen eine Art von gelehrtem gemeinen Wesen, Universität (auch hohe Schule) genannt, ausmachten, die ihre Autonomie hätte, (denn über Gelehrte als solche können nur Gelehrte urtheilen;) die daher vermittelst ihrer Facultäten") (kleiner, nach Verschiedenheit der Hauptfächer der Gelehrsamkeit, in welche sich die Unviversitätsgelehrten theilen, verschiedener Gesellschaften) theils die aus niederen Schulen zu ihr aufstrebenden Lehrlinge aufzunehmen, theils auch freie, (keine Glieder derselben auss machende) Lehrer, Doctoren genannt, nach vorhergehender ́ Prüs

*) Deren jede ihren Decan als Regenten der Facultät hat. Dieser aus der Astrologie entlehnte Titel, der ursprünglich einen der 3 Astralgeister bedeutete, welche einem Zeichen des Thierkreises (von 30o) vorstehen, deren jeder 10 Grade anführt, ist von den Gestirnen zuerst auf die Feldlåger (ab astris ad castra, vid. Salmasius de annis climacteriis pag. 861) und zuleht gar auf die Universitåten gezogen worden; ohne doch hiebei eben auf die Zahl 10 (der Professoren) zu sehen. Man wird es den Gelehrten nicht verdenken, daß fie, von denen fast alle Ehrentitel, mit denen sich jezt Staatsleute ausschmücken, zuerst ausgedacht sind, sich selbst nicht vergessen haben.

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fung, aus eigener Macht, mit einem von Jedermann anerkannten Rang zu versehen (ihnen einen Grad zu ertheilen), d. i. sie zu creiren berechtigt wåre.

Außer diesen zünftigen kann es noch zunftfreie Gelehrte geben, die nicht zur Universität gehören, sondern, indem sie blos einen Theil des großen Inbegriffs der Gelehrsamkeit bearbeiten, entweder gewisse freie Corporationen (Akademien, auch Societàten der Wissenschaften genannt) als soviel Werkstätten ausmachen, oder gleichsam im Naturzustande der Gelehrsamkeit leben, und jeder für sich ohne öffentliche Vorschrift und Regel sich mit Erweiterung oder Verbreitung derselben als Liebhaber beschäftigen.

Von den eigentlichen Gelehrten sind noch die Literaten (Studirte) zu unterscheiden, die, als Instrumente der Regierung, von dieser zu ihrem eigenen Zweck, (nicht eben zum Besten der Wissenschaften,) mit einem Umte bekleidet, zwar auf der Universität ihre Schule gemacht haben müssen, allenfalls aber Vieles davon, (was die Theorie betrifft,) auch können vergessen haben, wenn sie nur so viel, als zur Führung eines bürgerlichen Amts, das seinen Grundlehren nach nur von Gelehrten ausgehen kann, erforderlich ist, nämlich empirische Kenntniß der Statuten ihres Amts, (was also die Praxis angeht,) übrig behalten haben; die man also Geschäftsleute oder Werkkundige der Gelehrsamkeit nennen kann. Diese, weil sie als Werkzeuge der Regierung, (Geistliche, Justizbeamte und Aerzte,) aufs Publicum gesetzlichen Einfluß haben und eine besondere Classe von Literaten ausmachen, die nicht frei sind, aus eigener Weisheit, sondern nur unter der Censur der Facultåten von der Gelehrsamkeit öffentlichen Gebrauch zu machen, müssen, weil sie sich unmittelbar ans Volk wenden, welches aus Idioten besteht, (wie etwa der Klerus an die Laiker,) in ihrem Fache aber zwar nicht die gesetzgebende, doch zum Theil die ausübende Gewalt haben, von der Regierung sehr in Ordnung gehalten werden, damit sie sich nicht über die richtende, welche den Facultåten zukommt, wegsehen.

Eintheilung der Facultäten überhaupt.

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Nach dem eingeführten Gebrauch werden sie in zwei Classen, die der drei oberen Facultäten und die einer unteren eingetheilt. Man sieht wohl, daß bei dieser Eintheilung und Benennung nicht der Gelehrtenstand, sondern die Regierung befragt worden ist. Denn zu den oberen werden nur diejenigen gezählt, deren Lehren, ob sie so oder anders beschaffen sein oder öffentlich vorgetragen werden sollen, es die Regierung selbst interessirt; da hingegen diejenige, welche nur das Interesse der Wissenschaft zu besorgen hat, die untere genannt wird, weil diese es mit ihren Sägen halten mag, wie sie es gut findet. Die Regierung aber interessirt das am allermeisten, wodurch sie sich den stärksten und daurendsten Einfluß aufs Volk verschafft, und dergleichen sind die Gegenstände der oberen Facul tåten. Daher behält sie sich das Recht vor, die Lehren der oberen selbst zu sanctioniren; die der unteren überläßt sie der eigenen Vernunft des gelehrten Volks. Wenn sie aber gleich Lehren sanctionirt, so lehrt sie (die Regierung) doch nicht selbst; sondern will nur, daß gewisse Lehren von den respectiven Facultäten in ihren öffentlichen Vortrag aufgenommen, und die ihnen entgegengesezten davon ausgeschlossen werden sollen. Denn sie lehrt nicht, sondern befehligt nur die, welche lehren, (mit der Wahrheit mag es bewandt sein, wie es wolle,) weil sie sich bei Antretung ihres Amts *) durch einen Vertrag mit der Regierung dazu verstanden haben. Eine Regierung, die sich mit den Lehren, also auch mit

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*) Man muß es gestehen, daß der Grundsaß des großbrittanischen Parlaments: die Rede ihres Königs vom Thron sei als ein Werk seines Ministers anzusehen, (da es der Würde eines Monarchen zuwider sein würde, sich Irrthum, Unwissenheit oder Unwahrheit vorrücken zu lassen, gleichwohl aber das Haus über ihren Inhalt zu urtheilen, ihn zu prüfen und anzufechten berechtigt sein muß,) daß, sage ich, dieser Grundsah sehr fein und richtig ausgedacht sei. Ebenso muß auch die Auswahl gewisser Lehren, welche die Regierung zum öffentlichen Vortrage ausschließlich sanctionirt, der Prüfung der Gelehrten ausgesezt bleiben, weil sie nicht als das Product des Monarchen, sondern eines dazu befehligten Staatsbeamten, von dem man annimmt, er könne auch wohl den Willen seines Herrn nicht recht verstanden oder auch verdreht haben, angesehen werden müsse.

der Erweiterung oder Verbesserung der Wissenschaften befaßte, mithin selbst, in höchster Person, den Gelehrten spielen wollte, würde sich durch diese Pedanterei nur um die ihr schuldige Achtung bringen, und es ist unter ihrer Würde, sich mit dem Volk (dem Gelehrtenstande desselben) gemein zu machen, welches keinen Scherz versteht und alle, die sich mit Wissenschaften bemengen, über einen Kamm schiert.

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Es muß zum gelehrten gemeinen Wesen durchaus auf der Universität noch eine Facultat geben, die in Ansehung ihrer Lehren vom Befehle der Regierung unabhängig *), keine Befehle zu geben, aber doch alle zu beurtheilen, die Freiheit habe, die mit dem wissenschaftlichen Interesse d. i. mit dem der Wahrheit zu thun hat, wo die Vernunft öffentlich zu sprechen berechtigt sein muß, weil ohne eine solche die Wahrheit (zum Schaden der Regierung selbst) nicht an den Tag kommen würde, die Vernunft aber ihrer Natur nach frei ist und keine Befehle etwas für wahr zu halten, (kein crede, sondern nur ein freies credo) annimmt. Daß aber eine solche Facultat, unerachtet dieses großen Vorzugs (der Freiheit), dennoch die untere genannt wird, davon ist die Ursache in der Natur des Menschen anzutreffen: daß nämlich der, welcher befehlen kann, ob er gleich ein demüthiger Diener eines Anderen ist, sich doch vornehmer dünkt, als ein Anderer, der zwar frei ist, aber Niemandem zu befehlen hat.

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*) Ein französischer Minister berief einige der angeschensten Kaufleute zu fich und verlangte von ihnen Vorschläge, wie dem Handel aufzuhelfen 'fei; gleich als ob er darunter den besten zu wählen verstånde. Nachdem Einer dies, der Undere das in Vorschlag gebracht hatte, sagte ein alter Kaufmann, der so lange geschwiegen' hatte: Schafft gute Wege, schlagt gut Geld, gebt ein promptes Wechselrecht u. dgk., übrigens aber „laßt uns machen. Dies wåre ungefähr die Antwort, welche die phllosophische Facultät, wenn die Regierung fie um die Lehren befrüge, die sie den Gelehrten überhaupt vorzuschreiben habe: den Fortschritt der Einsichten und Wissenschaften nur nicht zu hindern.

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