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Bedingung, ohne welche das Subjekt nicht gedacht werden kann; das Prädikat ist also das Princip der Erkenntniß; ist nun der Begriff ein anschaulicher, so wird er nur die Bedingung der Möglichkeit einer ans schaulichen Erkenntniß seyn, mithin genau auf das Subjekt passen, deffen Begriff gleichfalls ein anschaus licher ist. Wendet man ihn aber auf einen intellectuels len Begriff an, so wird ein solches Urtheil nur nach subjektiven Gefeßen gültig seyn, man darf es folglich nicht als objektives Prädikat von dem intellectuellen Begriff selbst aussagen, sondern nur als Bedingung, ohne welche die anschauliche Erkenntniß des gegebenen Begriffs nicht statt hat *),

Der Gebrauch dieses Kennzeichens, um diejenigen Prin cipien, welche nur Gefeße der anschaulichen Erkennts niß aussagen, von denen, welche überdies auch noch die Objekte selbst bestimmen, zu unterscheiden, ist' leicht und fruchtbar. Denn wenn das Prádikat ein intellectueller Begriff ist, so bezeichnet die Heziehung desselben zum Subjecte des Urtheils, wenn es auch noch so anschaulich gedacht ist, stets ein dem Obs jekte selbst zukommendes Merkmal: ist aber das Prás dikat ein anschaulicher Begriff, so wird es, weil die Gefeße der anschaulichen Erkenntniß nicht Bedins gungen der Möglichkeit der Dinge selbst sind, nicht von einem intellectuell gedachten Subjekte geltend feyn, folglich wird es auch nicht objektiv auss gesagt werden können.

alles,

So ist in dem gemeinen Ariom; was exiftirt, ist irgendwo." Da hier das Prádikat (irgendwo) nur Bedingungen der anschaulis

Das Blendwerk des Verstandes, anschauliché Begriffe wie intellectuelle Merkmale zu bescheinigen,' kann man (nach der Analogie der hergebrachten Bes deutung) einen Erschleichungsfehler (vitium® subreptionis) nennen, mithin wird die Verwechselung des Intellectuellen mit dem Anschaulichen ein metas physischer Erschleichungsfehler seyn, (ein phaenomenon intellectuatum, ein zum Verstandeswesen gemachtes Sinnenwesen, eine intellectuirte Erscheinung, wenn man diesen fremden Ausdruck erlauben will). Ein solches a witterartiges Axiom also, welches 8 das Anschauliche für etwas dem intellectuellen Begriffe nothwendig Anhängendes ausgiebt, würde ich ein ers schlichenes Axiom nennen. Und aus solchen unächs ten Axiomen entsponnen sich die Principien der Verleis tung des Verstandes, welche die ganze Metaphysik. hindurch so übel hausen.

Um aber für diese Urtheile ein deutlich erkennbares Merkzeichen und gleichsam einen Prüfestein, durch welchen wir sie von den åchten unterscheiden können, wie auch, falls sie dem Verstande hartnäckig anhången follten, eine gewisse Probierkunst zur Hand zu haben,

chen Erkenntniß enthält, so wird es nicht vom Subs
jekt des Urtheils (nåmlich von einem jeden Eristirens
den) allgemein ausgesagt werden können. Diese For
mel also, als objektiver Grundsah genommen, ist
falsch. Kehrt man aber den Sak um, so, daß das
Prádikat ein intellectueller Begriff wird, so entspringt
ein ganz wahrer Sas, námlich: Alles, was irgends
we ist, das eristirt."

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durch deren Hülfe man den Antheil des Anschaulichen und den des Intellectuellen unparteiisch sæåßen könne, werde ich etwas tiefer in diese Untersuchung eindringen müssen.

6. 25.

Das Princip der Zurückführung eines jeden ers schlichenen Axioms ist folgendes:

Wenn von irgend einem Intellectuellen etwas allge`mein bejaht wird, was zu den Verhältnissen des Raums und der Zeit gehört, so muß man es nicht objektiv aussagen, und es bedeutet nur die Bedingung, ohne welche der gegebene Begriff nicht anschaulich erkennbar ist.

Daß aber ein dergleichen Ariom unacht und, wo nicht falsch, so doch wenigstens ungegründet und eri bettelt sey, leuchtet daher ein: weil das Subjekt des Uttheils, wenn es intellectuel gedacht wird, zum Obe jekte gehört, das Prädikat aber, weil es Bestimmun gen des Raums und der Zeit enthält, gehört nur za den Bedingungen der anschaulichen Erkenntniß des Menschen; da nun diese nicht einer jeden Erkennt niß desselben Objekts nothwendig anhångt, so kann sie von dem gegebenen intellectuellen Begriff nicht allges mein ausgesagt werden.

Daß aber der Verstand diesem Erschleichungsfeh ler so leicht unterworfen wird, rührt daher, weil er unter dem Schirm einer andern, aber völlig wahren, Regel hintergangen wird. Denn es ist eine richtige

Boraussetzung: „Was nicht durch irgend eine Anschauung erkannt werden kann, das ist auch überall nicht denkbar, ja unmöglich.“ Weil wir nun eine andere Anschauung, als diejenige ist, welche der Form des Raums und der Zeit gemäß geschieht, durch keine Anstrengung des Geistes, auch nicht einmal erdichten können, so geschieht es, daß wir alle Anschauung überhaupt, welche an diese Gesche nicht gebunden sey, für unmöglich halten (indem wir Die reine intellectuelle, von den Geschen der Sinne uns abhängige, Anschauung, dergleichen die göttliche ist, welche Plato eine Idee nennt, übergehen) und des halb alles Mögliche den anschaulichen Axiomen des Raums und der Zeit unterwerfen.

§. 26.

Alles Blendwerk, wodurch sinnliche Erkenntniffe als intellectuelle vorgespiegelt werden, kann, als die Quelle der erschlichenen Arionen, auf drei Gattungen zurückgeführt und in folgenden allgemeinen Formeln dargelegt werden.

1. Dieselbe sinnliche Bedingung, unter welcher allein die Anschauung des Objekts möglich ist, ist auch die Bedingung der Möglichkeit des Objekts selbst.

2. Dieselbe sinnliche Bedingung, unter welcher allein das Gegebene mit einander verglichen werden kann, um einen intellectuellen Begriff des Objekts zu bilden, ist auch die Bedins gung der Möglichkeit des Objekts selbst.

8. Dieselbe sinnliche Bedingung, unter welcher die Subsumtion eines vorkommenden Objekts unter einem gegebenen intellectuellen Begriff allein möglich ist, ist auch die Bedins gung der Möglichkeit des Objekts selbst.

§. 27.

Das erschlichene Axiom der ersten Klasse ist dieses:

,,Alles was ist, ist irgendwo und irgends wann" *). Aber durch dieses unächte Princip wers" den alle Dinge, wenn sie auch intellectuel erkannt wers den, den Bedingungen des Raums und der Zeit im Daseyn unterworfen. Daher die leeren Fragen von

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Raum und Zeit werden gedacht, als wenn sie alles, was dem Sinnen auf irgend eine Weise vorkommt, in sich begriffen. Daher giebt es nach den Geschen des menschlichen Geistes keine Anschauung irgend eines Wesens, wenn es nicht im Raum und in der Zeit enthalten ist. Diesem Vorurtheil kann man ein Anderes au die Seite sehen, das jedoch eigentlich nicht ein erschlichenes Ariom, sondern nur ein Spiel der Einbildungskraft ist, und in einer allgemeinen Formel also ausgedrückt werden kann:,, alles, was eriftirt, in dem ist Raum und Zeit, d. b., jede Substanz ist ausgedehnt und in stetiger Veränderung." Denn ob wohl alle, deren Bes' griffe noch zu roh sind, an dieses Gesetz der Einbils bung sehr fest gebunden sind, so sehen sie doch leicht felbst ein, daß dieses bloß zu den Versuchen der Eins bildungskraft, sich die Gestalten der Dinge zu ents werfen, gehöre; keinesweges aber zu den Bedingungen bes Daseyns.

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