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nisirten Wesens dieser: dass es ein materielles Wesen sei, welches nur durch die Beziehung alles dessen, was in ihm enthalten ist, auf einander als Zweck und Mittel möglich ist, (wie auch wirklich jeder Anatomiker, als Physiolog, von diesem Begriffe ausgeht.) Eine Grundkraft, durch die eine Organisation gewirkt würde, muss also als eine nach Zwecken wirkende Ursache gedacht werden, und zwar so, dass diese Zwecke der Möglichkeit der Wirkung zum Grunde gelegt werden müssen. Wir kennen aber dergleichen Kräfte ihrem Bestimmungsgrunde nach, durch Erfahrung, nur in uns selbst, nämlich an unserem Verstande und Willen, als eine Ursache der Möglichkeit gewisser ganz nach Zwecken eingerichteter Producte, nämlich der Kunstwerke. Verstand und Wille sind bei uns Grundkräfte, deren der letztere, sofern er durch den ersteren bestimmt wird, ein Vermögen ist, etwas gemäss einer Idee, die Zweck genannt wird, hervorzubringen. Unabhängig von aller Erfahrung aber sollen wir uns keine neue Grundkraft erdenken, dergleichen doch diejenige sein würde, die in einem Wesen zweckmässig wirkte, ohne doch den Bestimmungsgrund in einer Idee zu haben. Also ist der Begriff von dem Vermögen eines Wesens, aus sich selbst zweckmässig, aber ohne Zweck und Absicht, die in ihr oder in ihrer Ursache lägen, zu wirken, als eine besondere Grundkraft, von der die Erfahrung kein Beispiel gibt, völlig erdichtet und leer, d. i. ohne die mindeste Gewähr

Wirkungen des Gemüthes nicht als einerlei erkennen. Die Kraft, die sich darauf bezieht, kann daher nicht anders, als Einbildungskraft (als Grundkraft) genannt werden. Eben so sind unter dem Titel der bewegenden Kräfte Zurückstossungs- und Anziehungskraft Grundkräfte. Zu der Einheit der Substanz haben Verschiedene geglaubt, eine einige Grundkraft annehmen zu müssen, und haben sogar gemeint, sie zu erkennen, indem sie blos den gemeinschaftlichen Titel verschiedener Grundkräfte nannten, z, B. die einzige Grundkraft der Seele sei Vorstellungskraft der Welt, gleich als ob ich sagte: die einzige Grundkraft der Materie ist bewegende Kraft, weil Zurückstossung und Anziehung beide unter dem gemeinschaftlichen Begriffe der Bewegung stehen. Man verlangt aber zu wissen, ob sie auch von dieser abgeleitet werden können, welches unmöglich ist. Denn die niedrigeren Begriffe können nach dem, was sie Verschiedenes haben, von dem höheren niemals abgeleitet werden; und was die Einheit der Substanz betrifft, von der es scheint, dass sie die Einheit der Grundkraft schon in ihrem Begriffe bei sich führe, so beruht diese Täuschung auf einer unrichtigen Definition der Kraft. Denn diese ist nicht das, was den Grund der Wirklichkeit der Accidenzen enthält, (denn das ist die Substanz,) sondern ist blos das Verhältniss der Substanz zu den Accidenzen, soferne sie den Grund ihrer Wirklichkeit enthält. Es können aber der Substanz (unbeschadet ihrer Einheit) verschiedene Verhältnisse gar wohl beigelegt werden.

leistung, dass ihr überhaupt irgend ein Object correspondiren könne. Es mag also die Ursache organisirter Wesen in der Welt oder ausser der Welt anzutreffen sein, so müssen wir entweder aller Bestimmung ihrer Ursache entsagen, oder ein intelligentes Wesen uns dazu denken; nicht als ob wir, (wie der sel. MENDELSSOHN mit. Anderen glaubte,) einsähen, dass eine solche Wirkung aus einer andern Ursache unmöglich sei, sondern weil wir, um eine andere Ursache mit Ausschliessung der Endursachen zum Grunde zu legen, uns eine Grundkraft erdichten müssten, wozu die Vernunft durchaus keine Befugniss hat, weil es ihr alsdenn keine Mühe machen würde, alles, was sie will und wie sie will, zu erklären.

Und nun die Summe von allem gezogen! Zwecke haben eine gerade Beziehung auf Vernunft, sie mag nun eine fremde oder unsere eigene sein. Allein um sie auch in fremder Vernunft zu setzen, müssen wir unsere eigene wenigstens als ein Analogon derselben zum Grunde legen; weil sie ohne diese gar nicht vorgestellt werden können. Nun sind die Zwecke entweder Zwecke der Natur oder der Freiheit. Dass es in der Natur Zwecke geben müsse, kann kein Mensch a priori einsehen; dagegen er a priori ganz wohl einsehen kann, dass es darin eine Verknüpfung der Ursachen und Wirkungen geben müsse. Folglich ist der Gebrauch des teleologischen Princips in Ansehung der Natur jederzeit empirisch bedingt. Ebenso würde es mit den Zwecken der Freiheit bewandt sein, wenn dieser vorher die Gegenstände des Wollens durch die Natur (in Bedürfnissen und Neigungen) als Bestimmungsgründe gegeben werden müssten, um, blos vermittelst der Vergleichung derselben unter einander und mit ihrer Summe dasjenige durch Vernunft zu bestimmen, was wir uns zum Zwecke machen. Allein die Kritik der praktischen Vernunft zeigt, dass es reine praktische Principien gebe, wodurch die Vernunft a priori bestimmt wird, und die also a priori den Zweck derselben angeben. Wenn also der Gebrauch des teleologischen Princips zu Erklärungen der Natur, darum, weil es auf empirische Bedingungen eingeschränkt ist, den Urgrund der zweckmässigen Verbindung niemals vollständig und für alle Zwecke bestimmt genug angeben kann; so muss man dieses dagegen von einer reinen Zwecklehre (welche keine andere, als die der Freiheit sein kann,) erwarten, deren Princip a priori die Be

ziehung einer Vernunft überhaupt auf das Ganze aller Zwecke enthält und nur praktisch sein kann. Weil aber eine reine praktische Teleologie, d. i. eine Moral, ihre Zwecke in der Welt wirklich zu machen bestimmt ist, so wird sie deren Möglichkeit in derselben, sowohl was die darin gegebenen Endursachen betrifft, als auch die Angemessenheit der obersten Weltursache zu einem Ganzen aller Zwecke, als Wirkung, mithin sowohl die natürliche Teleologie, als auch die Möglichheit einer Natur überhaupt, d. i. die Transscendental-Philosophie, nicht verabsäumen dürfen, um der praktischen reinen Zwecklehre objective Realität, in Absicht auf die Möglichkeit des Objects in der Ausübung, nämlich die des Zwecks, den sie als in der Welt zu bewirken vorschreibt, zu sichern.

In beider Rücksicht hat nun der Verfasser der Briefe über die Kant'sche Philosophie sein Talent, Einsicht und ruhmwürdige Denkungsart, jene zu allgemein nothwendigen Zwecken nützlich anzuwenden, musterhaft bewiesen, und ob es zwar eine Zumuthung an den vortrefflichen Herausgeber gegenwärtiger Zeitschrift ist, welche der Bescheidenheit zu nahe zu treten scheint, habe ich doch nicht ermangeln können, ihn um die Erlaubniss zu bitten, meine Anerkennung des Verdienstes, das der ungenannte, und mir bis nur vor kurzem unbekannte Verfasser jener Briefe um die gemeinschaftliche Sache einer nach festen Grundsätzen geführten, sowohl speculativen als praktischen Vernunft, sofern ich einen Beitrag dazu zu thun bemüht gewesen, in seine Zeitschrift einrücken zu dürfen. Das Talent einer lichtvollen, sogar anmuthigen Darstellung trockener abgezogener Lehren, ohne Verlust ihrer Gründlichkeit, ist so selten, (am wenigsten dem Alter beschieden) und gleichwohl so nützlich, ich will nicht sagen, blos zur Empfehlung, sondern selbst zur Klarheit der Einsicht, der Verständlichkeit und der damit verknüpften Ueberzeugung, dass ich mich verbunden halte, demjenigen Manne, der meine Arbeiten, welchen ich diese Erleichterung nicht verschaffen konnte, auf solche Weise ergänzte, meinen Dank öffentlich abzustatten.

Ich will bei dieser Gelegenheit nur noch mit Wenigem den Vorwurf entdeckter vorgeblicher Widersprüche, in einem Werke von ziemlichem Umfange, ehe man es im Ganzen wohl gefasst hat, berühren. Sie schwinden insgesammt von selbst, wenn man sie in der Verbindung mit dem Uebrigen betrachtet. In der Leipz. gelehrt. Zeitung 1787, Nr. 94 wird das, was in der Kritik etc. Auflage 1787, in der Einleitung S. 3, Z. 7 steht mit dem, was bald darauf S. 5, Z. 1 und 2 angetroffen wird, als im

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496 Ueber den Gebrauch teleolog. Principien in der Philosophie. geraden Widerspruche stehend angegeben; denn in der ersteren Stelle hatte ich gesagt: von den Erkenntnissen a priori heissen diejenigen rein, denen gar nichts Empirisches beigemischt ist, und hatte als ein Beispiel des Gegentheils den Satz angeführt: alles Veränderliche hat eine Ursache. Dagegen führe ich S. 5 eben diesen Satz zum Beispiel einer reinen Erkenntniss a priori, d. i. einer solchen, die von nichts Empirischem abhängig ist, an; zweierlei Bedeutungen des Worts rein, von denen ich aber im ganzen Werke es nur mit der letzteren zu thun habe. Freilich hätte ich den Missverstand durch ein Beispiel der ersteren Art Sätze verhüten können: alles Zufällige hat eine Ursache. Denn hier ist gar nichts Empirisches beigemischt. Wer besinnt sich aber auf alle Veranlassungen zum Missverstande? Eben das ist mir mit einer Note zur Vorrede der metaph. Anfangsgr. d. Naturwissenschaft S. XIV XVII1 widerfahren, da ich die Deduction der Kategorien zwar für wichtig, aber nicht für äusserst nothwendig ausgebe, Letzteres aber in der Kritik doch geflissentlich behaupte. Aber man sieht leicht, dass sie dort nur zu einer negativen Absicht, nämlich um zu beweisen, es könne vermittelst ihrer allein (ohne sinnliche Anschauung) gar kein Erkenntniss der Dinge zu Stande kommen, in Betrachtung gezogen wurden, da es denn schon klar wird, wenn man auch nur die Exposition der Kategorien (als blos auf Objecte überhaupt angewandte logische Functionen) zur Hand nimmt. Weil wir aber von ihnen doch einen Gebrauch machen, darin sie zur Erkenntniss der Objecte (der Erfahrung) wirklich gehören, so musste nun auch die Möglichkeit einer objectiven Gültigkeit solcher Begriffe a priori in Beziehung auf's Empirische besonders bewiesen werden, damit sie nicht gar ohne Bedeutung, oder auch nicht empirisch entsprungen zu sein geurtheilt würden; und das war die positive Absicht, in Ansehung deren die Deduction allerdings unentbehrlich nothwendig ist.

Ich erfahre eben jetzt, dass der Verfasser obbenannter Briefe, Herr Rath REINHOLD, seit kurzem Professor der Philosophie in Jena sei; ein Zuwachs, der dieser berühmten Universität nicht anders, als sehr vortheilhaft sein kann.

1) s. oben S. 363 ff.

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