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werden. (Die mechanische Erklärungsart, da sie der Mathematik am fügsamsten ist, hat unter dem Namen der Atomistik oder Corpuscularphilosophie mit weniger Abänderung vom alten DEMOKRIT an bis auf CARTES und selbst bis zu unseren Zeiten immer ihr Ansehen und Einfluss auf die Principien der Naturwissenschaft erhalten. Das Wesentliche derselben besteht in der Voraussetzung der absoluten Undurchdringlichkeit der primitiven Materie, in der absoluten Gleichartigkeit dieses Stoffs und dem allein übriggelassenen Unterschiede in der Gestalt, und in der absoluten Unüberwindlichkeit des Zusammenhanges der Materie in diesen Grundkörperchen selbst. Dies waren die Materialien zu Erzeugung der specifisch verschiedenen Materien, um nicht allein zu der Unveränderlichkeit der Gattungen und Arten einen unveränderlichen und gleichwohl verschiedentlich gestalteten Grundstoff bei der Hand zu haben, sondern auch aus der Gestalt dieser ersten Theile, als Maschinen, (denen nichts weiter, als eine äusserlich eingedrückte Kraft fehlte,) die mancherlei Naturwirkungen mechanisch zu erklären. Die erste und vornehmste Beglaubigung dieses Systems aber beruht auf der vorgeblich unvermeidlichen Nothwendigkeit, zum specifischen Unterschiede der Dichtigkeit der Materien leere Räume zu brauchen, die man innerhalb der Materien und zwischen jenen Partikeln vertheilt, in einer Proportion, wie man sie nöthig fand, zum Behuf einiger Erscheinungen gar so gross, dass der erfüllte Theil des Volumens, auch der dichtesten Materie, gegen den leeren beinahe für nichts zu halten ist, annahm. Um nun eine dynamische Erklärungsart einzuführen, (die der Experimentalphilosophie weit angemessener und beförderlicher ist, indem sie geradezu darauf leitet, die den Materien eigenen bewegenden Kräfte und deren Gesetze auszufinden, die Freiheit dagegen einschränkt, leere Zwischenräume und Grundkörperchen von bestimmten Gestalten anzunehmen, die sich beide durch kein Experiment bestimmen und ausfindig machen lassen,) ist es gar nicht nöthig neue Hypothesen zu schmieden, sondern allein das Postulat der blos mechanischen Erklärungsart: dass es unmöglich sei,. sich einen specifischen Unterschied der Dichtigkeit der Materien ohne Beimischung leerer Räume zu denken, durch diese blose Anführung einer Art, wie er sich ohne Widerspruch denken lasse, zu widerlegen. Denn wenn das gedachte Postulat, worauf die blos mechanische Erklärungsart fusst, nur erst als Grundsatz für ungültig erklärt worden, so versteht es sich von selbst, dass man es als Hypothese in der Naturwissenschaft nicht aufnehmen

Die

müsse, so lange noch eine Möglichkeit übrig bleibt, den specifischen Unterschied der Dichtigkeiten sich auch ohne alle leere Zwischenräume zu denken. Diese Nothwendigkeit aber beruht darauf, dass die Materie nicht, (wie blos mechanische Naturforscher annehmen,) durch absolute Undurchdringlichkeit ihren Raum erfüllt, sondern durch repulsive Kraft, die ihren Grad hat, der in verschiedenen Materien verschieden sein kann, und, da er für sich nichts mit der Anziehungskraft, welche der Quantität der Materie gemäss ist, gemein hat, sie bei einerlei Anziehungskraft in verschiedenen Materien dem Grade nach ursprüng-, lich verschieden sein könne, folglich auch der Grad der Ausdehnung dieser Materien bei derselben Quantität der Materie und umgekehrt die Quantität der Materie unter demselben Volumen, d. i. die Dichtigkeit derselben ursprünglich gar grosse specifische Verschiedenheiten zulasse. Auf diese Art würde man es nicht unmöglich finden, sich eine Materie zu denken, (wie man sich etwa den Aether vorstellt,) die ihren Raum ohne alles Leere ganz erfüllte und doch mit ohne Vergleichung minderer Quantität der Materie unter gleichem Volumen, als alle Körper, die wir unseren Versuchen unterwerfen können. repulsive Kraft muss am Aether, in Verhältniss auf die eigene Anziehungskraft desselben, ohne Vergleichung grösser gedacht werden, als an allen andern uns bekannten Materien. Und das ist denn auch das Einzige, was wir blos darum annehmen, weil es sich denken lässt, nur zum Widerspiel einer Hypothese (der leeren Räume), die sich allein auf das Vorgeben stützt, dass sich dergleichen ohne leere Räume nicht denken. lasse. Denn ausser diesem darf weder irgend ein Gesetz der anziehenden, noch zurückstossenden Kraft auf Muthmassungen a priori gewagt, sondern alles, selbst die allgemeine Attraction, als Ursache der Schwere, muss sammt ihrem Gesetze aus Datis der Erfahrung geschlossen werden. Noch weniger wird dergleichen bei den chemischen Verwandtschaften anders, als durch den Weg des Experiments versucht werden dürfen. Denn es ist überhaupt über dem Gesichtskreis unserer Vernunft gelegen, ursprüngliche Kräfte a priori ihrer Möglichkeit nach einzusehen, vielmehr besteht alle Naturphilosophie in der Zurückführung gegebener, dem Anscheine nach verschiedener Kräfte auf eine geringere Zahl Kräfte und Vermögen, die zur Erklärung der Wirkungen der ersten zulangen, welche Reduction aber nur bis zu Grundkräften fortgeht, über die unsere Vernunft nicht hinaus kann. Und so ist Nachforschung der Metaphysik, hinter dem, was dem empirischen Begriffe der Materie zum Grunde liegt,

nur zu der Absicht nützlich, die Naturphilosophie, so weit als es immer möglich ist, auf die Erforschung der dynamischen Erklärungsgründe zu leiten, weil diese allein bestimmte Gesetze, folglich wahren Vernunftzusammenhang der Erklärungen hoffen lassen.)

Dies ist nun alles, was Metaphysik zur Construction des Begriffs der Materie, mithin zum Behuf der Anwendung der Mathematik auf Naturwissenschaft, in Ansehung der Eigenschaften, wodurch Materie einen Raum in bestimmtem Maasse erfüllt, nur immer leisten kann, nämlich diese Eigenschaften als dynamisch anzusehen und nicht als unbedingte ursprüngliche Positionen, wie sie etwa eine blos mathematische Behandlung postuliren würde.

Den Beschluss kann die bekannte Frage wegen der Zulässigkeit leerer Räume in der Welt machen. Die Möglichkeit derselben lässt sich nicht streiten. Denn zu allen Kräften der Materie wird Raum erfordert, und, da dieser auch die Bedingungen der Gesetze der Verbreitung jener enthält, nothwendig vor aller Materie vorausgesetzt. So wird der Materie Attractionskraft beigelegt, sofern sie einen Raum um sich durch Anziehung einnimmt, ohne ihn gleichwohl zu erfüllen, der also selbst da, wo Materie wirksam ist, als leer gedacht werden kann, weil sie da nicht durch Zurückstossungskräfte wirksam ist und ihn also nicht erfüllt. Allein leere Räume als wirklich anzunehmen, dazu kann uns keine Erfahrung, oder Schluss aus derselben, oder nothwendige Hypothesis, sie zu erklären, berechtigen. Denn alle Erfahrung gibt uns nur comparativ-leere Räume zu erkennen, welche, nach allen beliebigen Graden aus der Eigenschaft der Materie, ihren Raum mit grösserer oder bis ins Unendliche immer kleinerer Ausspannungskraft zu erfüllen, vollkommen erklärt werden können, ohne leere Räume zu bedürfen.

Drittes Hauptstück.

Metaphysische Anfangsgründe

der

Mechanik.

Erklärung 1.

Materie ist das Bewegliche, sofern es, als ein solches, bewegende Kraft hat.

Anmerkung.

Dieses ist nun die dritte Definition von einer Materie. Der blos dynamiche Begriff konnte die Materie auch als in Ruhe betrachten; die bewegende Kraft, die da in Erwägung gezogen wurde, betraf blos die Erfüllung eines gewissen Raumes, ohne dass die Materie, die ihn erfüllte, selbst als bewegt angesehen werden durfte. Die Zurückstossung war daher eine ursprünglich-bewegende Kraft, um Bewegung zu ertheilen; dagegen wird in der Mechanik die Kraft einer in Bewegung gesetzten Materie betrachtet, um diese Bewegung einer andern mitzutheilen. Es ist aber klar, dass das Bewegliche durch seine Bewegung keine bewegende Kraft haben würde, wenn es nicht ursprünglich - bewegende Kräfte besässe, dadurch es vor aller eigenen Bewegung in jedem Orte, da es sich befindet, wirksam ist, und dass keine Materie einer anderen, die ihrer Bewegung in der geraden Linie vor ihr im Wege liegt, gleichmässige Bewegung eindrücken würde, wenn beide nicht ursprüngliche Gesetze der Zurückstossung besässen, noch dass sie eine andere durch ihre Bewegung nöthigen könne, in der geraden Linie ihr zu folgen,

(sie nachschleppen könnte,) wenn beide nicht Anziehungskräfte besässen. Also setzen alle mechanische Gesetze die dynamischen voraus, und eine Materie als bewegt, kann keine bewegende Kraft haben, als nur vermittelst ihrer Zurückstossung oder Anziehung, auf welche und mit welchen sie in ihrer Bewegung unmittelbar wirkt und dadurch ihre eigene Bewegung einer anderen mittheilt. Man wird es mir nachsehen, dass ich 'der Mittheilung der Bewegung durch Anziehung, (z. B. wenn etwa ein Komet von stärkerem Anziehungsvermögen, als die Erde, im Vorbeigehen vor derselben sie nach sich fortschleppte,) hier nicht weiter Erwähnung thun werde, sondern nur der Vermittelung der repulsiven Kräfte, also durch Druck, (wie vermittelst gespannter Federn,) oder durch Stoss, da ohnedem die Anwendung der Gesetze der einen auf die der anderen nur in Ansehung der Richtungslinie verschieden, übrigens aber in beiden Fällen einerlei ist.

Erklärung 2.

Die Quantität der Materie ist die Menge des Beweglichen in einem bestimmten Raum. Dieselbe, sofern alle ihre Theile in ihrer Bewegung als zugleich wirkend (bewegend) betrachtet werden, heisst die Masse, und man sagt, eine Materie wirke in Masse, wenn alle ihre Theile in einerlei Richtung bewegt, ausser sich zugleich ihre bewegende Kraft ausüben. Eine Masse von bestimmter Gestalt heisst ein Körper (in mechanischer Bedeutung). Die Grösse der Bewegung (mechanisch geschätzt) ist diejenige, die durch die Quantität der bewegten Materie und ihre Geschwindigkeit zugleich geschätzt wird; phoronomisch besteht sie blos in dem Grade der Geschwindigkeit.

Lehrsatz 1.

Die Quantität der Materie kann in Vergleichung mit jeder anderen nur durch die Quantität der Bewegung bei gegebener Geschwindigkeit geschätzt werden.

Beweis.

Die Materie ist ins Unendliche theilbar, folglich kann keiner ihre Quantität durch eine Menge ihrer Theile unmittelbar bestimmt

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