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würdig, sie auch sicherlich einbüssen, und dieses Unglück noch dazu dem übrigen schuldlosen Theile über den Hals ziehen, der sonst wohl gesinnt gewesen wäre, sich seiner Freiheit gesetzmässig und dadurch auch zweckmässig zum Weltbesten zu bedienen!

kann ein Jeder mit sich selbst anstellen; und er wird Aberglauben und Schwärmerei bei dieser Prüfung alsbald verschwinden sehen, wenn er gleich bei weitem die Kenntnisse nicht hat, beide aus objectiven Gründen zu widerlegen. Denn er bedient sich blos der Maxime der Selbsterhaltung der Vernunft. Aufklärung in einzelnen Subjecten durch Erziehung zu gründen, ist also gar leicht; man muss nur früh anfangen, die jungen Köpfe zu dieser Reflexion zu gewöhnen. Ein Zeitalter aber aufzuklären, ist sehr langwierig; denn es finden sich viel äussere Hindernisse, welche jene Erziehungsart theils verbieten, theils erschweren.

KANT'S sämmtl. Werke. IV.

23

XIII.

Metaphysische Anfangsgründe

der

Naturwissenschaft,

1786.

V

VORREDE.

Wenn das Wort Natur blos in formaler Bedeutung genommen wird, da es das erste innere Princip alles dessen bedeutet, was zum Dasein eines Dinges gehört,* so kann es so vielerlei Naturwissenschaften geben, als es specifisch verschiedene Dinge gibt, deren jedes sein eigenthümliches inneres Princip der zu seinem Dasein gehörigen Bestimmungen enthalten muss. Sonst wird aber auch Natur in materieller Bedeutung genommen, nicht als eine Beschaffenheit, sondern als der Inbegriff aller Dinge, sofern sie Gegenstände unserer Sinne, mithin auch der Erfahrung sein können, worunter also das Ganze aller Erscheinungen, d. i. die Sinnenwelt, mit Ausschliessung aller nicht sinnlichen Objecte, verstanden wird. Die Natur, in dieser Bedeutung des Worts genommen, hat nun, nach der Hauptverschiedenheit unserer Sinne, zwei Haupttheile, deren der eine die Gegenstände äusserer, der andere den Gegenstand des inneren Sinnes enthält, mithin ist von ihr eine zwiefache Naturlehre, die Körperlehre und Seelenlehre möglich, wovon die erste die ausgedehnte, die zweite die denkende Natur in Erwägung zieht.

Eine jede Lehre, wenn sie ein System, d. i. ein nach Principien geordnetes Ganze der Erkenntniss sein soll, heisst Wissenschaft, und da jene Principien entweder Grundsätze der empirischen oder rationalen Verknüpfung der Erkenntnisse in einem Ganzen sein können, so würde auch die Naturwissenschaft, sie mag nun Körperlehre oder Seelenlehre sein, in historische oder rationale Naturwissenschaft eingetheilt werden müssen, wenn nur nicht das Wort Natur, (weil dieses eine Ableitung des mannigfaltigen, zum Dasein der Dinge Gehörigen aus ihrem

* Wesen ist das erste innere Princip alles dessen, was zur Möglichkeit eines Dinges gehört. Daher kann man den geometrischen Figuren, (da in ihrem Begriffe nichts, was ein Dasein ausdrückte, gedacht wird,) nur ein Wesen, nicht aber eine Natur beilegen.

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