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VII.

Von der

Unrechtmässigkeit

des

Büchernachdrucks.

1785.

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Diejenigen, welche den Verlag eines Buches als den Gebrauch des Eigenthums an einem Exemplare, (es mag nun als Manuscript vom Verfasser, oder als Abdruck desselben von einem schon vorhandenen Verleger auf den Besitzer gekommen sein,) ansehen und alsdann doch, durch den Vorbehalt gewisser Rechte, es sei des Verfassers, oder des von ihm eingesetzten Verlegers, den Gebrauch noch dahin einschränken wollen, dass es unerlaubt sei, es nachzudrucken, - können damit niemals zum Zwecke kommen. Denn das Eigenthum des Verfassers an seinen Gedanken, (wenn man gleich einräumt, dass ein solches nach äussern Rechten stattfinde,) bleibt ihm ungeachtet des Nachdrucks; und da nicht einmal füglich eine ausdrückliche Einwilligung der Käufer eines Buches zu einer solchen Einschränkung ihres Eigenthums stattfinden kann,* wieviel weniger wird eine blos präsumirte zur Verbindlichkeit derselben zureichen?

Ich glaube aber Ursache zu haben, den Verlag nicht als das Verkehr mit einer Waare in seinem eigenen Namen, sondern als die Führung eines Geschäftes im Namen eines Anderen, nämlich des Verfassers, anzusehen, und auf diese Weise die Unrechtmässigkeit des Nachdruckens leicht und deutlich darstellen zu können Mein Argument ist in einem Vernunftschlusse enthalten, der das Recht des Verlegers beweiset; dem ein zweiter folgt, welcher den Anspruch des Nachdruckers widerlegen soll.

*) Würde es wohl ein Verleger wagen, Jeden, bei dem Ankaufe seines Verlagswerks, an die Bedingung zu binden, wegen Veruntreuung eines fremden ihm anvertrauten Guts angeklagt zu werden, wenn mit seinem Vorsatz, oder auch durch seine Unvorsichtigkeit das Exemplar, das er verkauft, zum Nachdrucke gebraucht würde? Schwerlich würde Jemand dazu einwilligen; weil er sich dadurch allerlei Beschwerlichkeit der Nachforschung und Verantwortung aussetzen würde. Der Verlag würde jenem also auf dem Halse bleiben.

I.

.

Deduction des Rechts des Verlegers gegen den Nachdrucker.

Wer ein Geschäft eines Andern in dessen Namen und dennoch wider den Willen desselben treibt, ist gehalten, diesem oder seinem Bevollmächtigten allen Nutzen, der ihm daraus erwachsen möchte, abzutreten, und allen Schaden zu vergüten, der jenem oder diesem daraus entspringt.

Nun ist der Nachdrucker ein solcher, der ein Geschäft eines Andern (des Autors) u. s. w. Also ist er gehalten, diesem oder seinem Bevollmächtigten (dem Verleger) u. s. w.

Beweis des Obersatzes.

Da der sich eindringende Geschäftsträger unerlaubter Weise im Namen eines Andern handelt, so hat er keinen Anspruch auf den Vortheil, der aus diesem Geschäfte entspringt; sondern der, in dessen Namen er das Geschäft führt, oder ein anderer Bevollmächtigter, welchem jener es anvertraut hat, besitzt das Recht, diesen Vortheil, als die Frucht seines Eigenthums, sich zuzueignen. Weil ferner dieser Geschäftsträger dem Rechte des Besitzers durch unbefugte Einmischung in fremde Geschäfte Abbruch thut, so muss er nothwendig allen Schaden vergüten. Dieses liegt ohne Zweifel in den Elementarbegriffen des Naturrechts.

Beweis des Untersatzes.

Der erste Punkt des Untersatzes ist: dass der Verleger durch den Verlag das Geschäft eines Andern treibe. Hier kömmt alles auf den Begriff eines Buchs oder einer Schrift überhaupt, als einer Arbeit des Verfassers, und auf den Begriff des Verlegers überhaupt, (er sei bevollmächtigt oder nicht,) an. Ob nämlich ein Buch eine Waare sei, die der Autor, es sei mittelbar oder vermittelst eines Andern, mit dem Publicum verkehren, also, mit oder ohne Vorbehalt gewisser Rechte, veräussern kann; oder ob es vielmehr ein bloser Gebrauch seiner Kräfte (opera) sei, den er Andern zwar verwilligen (concedere), niemals aber veräussern (alienare) kann? Ferner: ob der Verleger sein Geschäft in seinem Namen, oder ein fremdes Geschäft im Namen eines Andern treibe?

In einem Buche als Schrift redet der Autor zu seinem Leser; und der, welcher sie gedruckt hat, redet durch seine Exemplare nicht für

sich selbst, sondern ganz und gar im Namen des Verfassers. Er stellt ihn als redend öffentlich auf, und vermittelt nur die Ueberbringung dieser Rede ans Publicum. Das Exemplar dieser Rede, es sei in der Handschrift oder im Druck, mag gehören, wem es wolle; so ist doch, dieses für sich zu brauchen oder damit Verkehr zu treiben, ein Geschäft, das jeder Eigenthümer desselben in seinem eigenen Namen und nach Belieben treiben kann. Allein Jemand öffentlich reden zu lassen, seine Rede als solche ins Publicum zu bringen, das heisst, in jenes Namen reden und gleichsam zum Publicum sagen: „,durch mich lässt ein Schriftsteller euch dieses oder jenes buchstäblich hinterbringen, lehren u. s. w.; ich verantworte nichts, selbst nicht die Freiheit, die jener sich nimmt, öffentlich durch mich zu reden; ich bin nur der Vermittler der Gelangung an euch;" das ist ohne Zweifel ein Geschäft, welches man nur im Namen eines Andern, niemals in seinem eigenen (als Verleger) verrichten kann. Dieser schafft zwar in seinem eigenen Namen das stumme Werkzeug der Ueberbringung einer Rede des Autors ans Publicum* an, aber dass er gedachte Rede durch den Druck ins Publicum bringt, mithin, dass er sich als denjenigen zeigt, durch den der Autor zu diesem redet, das kann er nur im Namen des Andern thun.

Der zweite Punkt des Untersatzes ist: dass der Nachdrucker nicht allein ohne alle Erlaubniss des Eigenthümers das Geschäft (des Autors), sondern es sogar wider seinen Willen übernehme. Denn da er nur darum Nachdrucker ist, weil er einem Andern, der zum Verlage vom Autor selbst bevollmächtigt ist, in sein Geschäft greift, so fragt sich, ob der Autor noch einem Andern dieselbe Befugniss ertheilen und dazu einwilligen könne. Es ist aber klar, dass, weil alsdann jeder von beiden, der erste Verleger, und der sich nachher des Verlags Anmassende (der Nachdrucker), des Autors Geschäft mit einem und demselben ganzen Publicum führen würde, die Bearbeitung des Einen die des Andern unnütz, und für jeden derselben verderblich machen müsse; mithin ein Ver

* Ein Buch ist das Werkzeug der Ueberbringung einer Rede ans Publicum, nicht blos der Gedanken, wie etwa Gemälde, symbolische Vorstellung irgend einer Idee oder Begebenheit. Daran liegt hier das Wesentlichste, dass es keine Sache ist, die dadurch überbracht wird; sondern eine opera, nämlich Rede, und zwar buchstäblich. Dadurch, dass es ein stummes Werkzeug genannt wird, unterscheide ich es von dem, was die Rede durch einen Laut überbringt, wie z. B. ein Sprachrohr, ja selbst der Mund Anderer ist.

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