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Auf solche und

Sinnlichkeit selbst zieht, zusammen stimmen müssen. keine andere Art kann der Geometer wider alle Chicanen einer seichten Metaphysik wegen der ungezweifelten objectiven Realität seiner Sätze gesichert werden, so befremdend sie auch dieser, weil sie nicht bis zu den Quellen ihrer Begriffe zurückgeht, scheinen müssen.

Anmerkung II.

Alles, was uns als Gegenstand gegeben werden soll, muss uns in der Anschauung gegeben werden. Alle unsere Anschauung geschieht aber nur vermittelst der Sinne; der Verstand schaut nichts an, sondern reflectirt nur. Da nun die Sinne nach dem jetzt Erwiesenen uns niemals und in keinem einzigen Stück die Dinge an sich selbst, sondern nur ihre Erscheinungen zu erkennen geben, diese aber blose Vorstellungen der Sinnlichkeit sind,,,so müssen auch alle Körper mitsammt dem Raume, darin sie sich befinden, für nichts, als blose Vorstellungen in uns gehalten werden, und existiren nirgend anders, als blos in unseren Gedanken." Ist dieses nun nicht der offenbare Idealismus?

Der Idealismus besteht in der Behauptung, dass es keine anderen, als denkende Wesen gebe; die übrigen Dinge, die wir in der Anschauung wahrzunehmen glauben, wären nur Vorstellungen in den denkenden Wesen, denen in der That kein ausserhalb diesen befindlicher Gegenstand correspondirte. Ich dagegen sage: es sind uns Dinge als ausser uns befindliche Gegenstände unserer Sinne gegeben, allein von dem, was sie an sich selbst sein mögen, wissen wir nichts, sondern kennen nur ihre Erscheinungen d. i. die Vorstellungen, die sie in uns wirken, indem sie unsere Sinne afficiren. Demnach gestehe ich allerdings, dass es ausser uns Körper gebe, d. i. Dinge, die, obzwar nach dem, was sie an sich selbst sein mögen, uns gänzlich unbekannt, wir durch die Vorstellungen kennen, welche ihr Einfluss auf unsere Sinnlichkeit uns verschafft, und denen wir die Benennung eines Körpers geben, welches Wort also blos die Erscheinung jenes uns unbekannten, aber nichts desto weniger wirklichen Gegenstandes bedeutet. Kann man dieses wohl Idealismus nennen? Es ist ja gerade das Gegentheil davon.

Dass man, unbeschadet der wirklichen Existenz äusserer Dinge von einer Menge ihrer Prädicate sagen könne: sie gehörten nicht zu diesen Dingen an sich selbst, sondern nur zu ihren Erscheinungen, und hätten ausser unserer Vorstellung keine eigene Existenz, ist etwas, was schon lange vor LOCKE's Zeiten, am meisten aber nach diesem allgemein ange

nommen und zugestanden ist. Dahin gehören die Wärme, die Farbe, der Geschmack etc. Dass ich aber noch über diese, aus wichtigen Ursachen, die übrigen Qualitäten der Körper, die man primarias nennt, die Ausdehnung, den Ort, und überhaupt den Raum, mit allem, was ihm anhängig ist (Undurchdringlichkeit oder Materialität, Gestalt etc.), auch mit zu blosen Erscheinungen zähle, dawider kann man nicht den mindesten Grund der Unzulässigkeit anführen; und so wenig, wie der, so die Farben nicht als Eigenschaften, die dem Object an sich selbst, sondern nur dem Sinn des Sehens als Modificationen anhängen, will gelten lassen, darum ein Idealist heissen kann, so wenig kann mein Lehrbegriff idealistisch heissen, blos deshalb, weil ich finde, dass noch mehr, ja alle Eigenschaften, die die Anschauung eines Körpers ausmachen, blos zu seiner Erscheinung gehören; denn die Existenz des Dinges, was erscheint, wird dadurch nicht wie beim wirklichen Idealismus aufgehoben, sondern nur gezeigt, dass wir es, wie es an sich selbst sei, durch Sinne gar nicht erkennen können.

Ich möchte gerne wissen, wie denn meine Behauptungen beschaffen sein müssten, damit sie nicht einen Idealismus enthielten. Ohne Zweifel müsste ich sagen: dass die Vorstellung vom Raume nicht blos dem Verhältnisse, was unsere Sinnlichkeit zu den Objecten hat, vollkommen gemäss sei, denn das habe ich gesagt, sondern dass sie sogar dem Object völlig ähnlich sei; eine Behauptung, mit der ich keinen Sinn verbinden kann, so wenig, als dass die Empfindung des Rothen mit der Eigenschaft des Zinnobers, der diese Empfindung in mir erregt, eine Aehnlichkeit habe.

Anmerkung III.

Hieraus lässt sich nun ein leicht vorherzusehender, aber nichtiger Einwurf gar leicht abweisen:,,dass nämlich durch die Idealität des Raums und der Zeit die ganze Sinnenwelt in lauter Schein verwandelt werden würde." Nachdem man nämlich zuvörderst alle philosophische Einsicht von der Natur der sinnlichen Erkenntniss dadurch verdorben hatte, dass man die Sinnlichkeit bloss in einer verworrenen Vorstellungsart setzte, nach der wir die Dinge immer noch erkennten, wie sie sind, nur ohne das Vermögen zu haben, alles in dieser unseren Vorstellung zum klaren Bewusstsein zu bringen; dagegen von uns bewiesen worden, dass Sinnlichkeit nicht in diesem logischen Unterschiede der Klarheit oder Dunkelheit, sondern in dem genetischen des Ursprungs der Erkenntniss selbst

bestehe, da sinnliche Erkenntniss die Dinge gar nicht vorstellt, wie sie sind, sondern nur die Art, wie sie unsere Sinnen afficiren, und also dass durch sie blos Erscheinungen, nicht die Sachen selbst dem Verstande zur Reflexion gegeben werden: nach dieser nothwendigen Berichtigung regt sich ein aus unverzeihlicher und beinahe vorsätzlicher Missdeutung entspringender Einwurf, als wenn mein Lehrbegriff alle Dinge der Sinnenwelt in lauter Schein verwandelte.

Wenn uns Erscheinung gegeben ist, so sind wir noch ganz frei, wie wir die Sache daraus beurtheilen wollen. Jene, nämlich Erscheinung, beruhte auf den Sinnen, diese Beurtheilung aber auf dem Verstande, und es fragt sich nur, ob in der Bestimmung des Gegenstandes Wahrheit sei oder nicht. Der Unterschied aber zwischen Wahrheit und Traum wird nicht durch die Beschaffenheit der Vorstellungen, die auf Gegenstände bezogen werden, ausgemacht, denn die sind in beiden einerlei, sondern durch die Verknüpfung derselben nach denen Regeln, welche den Zusammenhang der Vorstellungen in dem Begriffe eines Objects bestimmen, und wiefern sie in einer Erfahrung beisammen stehen können oder nicht. Und da liegt es gar nicht an den Erscheinungen, wenn unsere Erkenntniss den Schein für Wahrheit nimmt, d. i. wenn Anschauung, wodurch uns ein Object gegeben wird, für Begriff vom Gegenstande, oder auch der Existenz desselben, die der Verstand nur denken kann, gehalten wird. Den Gang der Planeten stellen uns die Sinne bald rechtläufig, bald rückläufig vor, und hierin ist weder Falschheit noch Wahrheit, weil, so lange man sich bescheidet, dass dieses vorerst nur Erscheinung ist, man über die objective Beschaffenheit ihrer Bewegung noch gar nicht urtheilt. Weil aber, wenn der Verstand nicht wohl darauf Acht hat, zu verhüten, dass diese subjective Vorstellungsart nicht für objectiv gehalten werde, leichtlich ein falsches Urtheil entspringen kann, so sagt man: sie scheinen zurückzugehen; allein der Schein kommt nicht auf Rechnung der Sinne, sondern des Verstandes, dem es allein zukommt, aus der Erscheinung ein objectives Urtheil zu fällen.

Auf solche Weise, wenn wir auch gar nicht über den Ursprung unserer Vorstellungen nachdächten, und unsere Anschauungen der Sinne, sie mögen enthalten, was sie wollen, im Raume und Zeit nach Regeln. des Zusammenhanges aller Erkenntniss in einer Erfahrung verknüpfen, so kann, nachdem wir unbehutsam oder vorsichtig sind, trüglicher Schein. oder Wahrheit entspringen; das geht lediglich den Gebrauch sinnlicher Vorstellungen im Verstande, und nicht ihren Ursprung an. Eben so,

wenn ich alle Vorstellungen der Sinne sammt ihrer Form, nämlich Raum und Zeit, für nichts, als Erscheinungen, und die letzteren für eine blose Form der Sinnlichkeit halte, die ausser ihr an den Objecten gar nicht angetroffen wird, und ich bediene mich derselben Vorstellungen nur in Beziehung auf mögliche Erfahrung, so ist darin nicht die mindeste Verleitung zum Irrthum, oder ein Schein enthalten, dass ich sie für blose Erscheinungen halte; denn sie können dessenungeachtet nach Regeln der Wahrheit in der Erfahrung richtig zusammenhängen. Auf solche Weise gelten alle Sätze der Geometrie vom Raume ebensowohl von allen Gegenständen der Sinne, mithin in Ansehung aller möglichen Erfahrung, ob ich den Raum als eine blose Form der Sinnlichkeit, oder als etwas an den Dingen selbst Haftendes ansehe; wiewohl ich im ersteren Falle allein begreifen kann, wie es möglich sei, jene Sätze von allen Gegenständen der äusseren Anschauung a priori zu wissen; sonst bleibt in Ansehung aller nur möglichen Erfahrung alles eben so, wie wenn ich diesen Abfall von der gemeinen Meinung gar nicht unternommen hätte.

Wage ich es aber mit meinen Begriffen von Raum und Zeit über alle mögliche Erfahrung hinauszugehen, welches unvermeidlich ist, wenn ich sie für Beschaffenheiten ausgebe, die den Dingen an sich selbst anhingen, (denn was sollte mich da hindern, sie auch von ebendenselben Dingen, meine Sinnen möchten nun auch anders eingerichtet sein, und für sie passen oder nicht, dennoch gelten zu lassen?) alsdenn kann ein wichtiger Irrthum entspringen, der auf einem Scheine beruht, da ich das, was eine blos meinem Subject anhangende Bedingung der Anschauung der Dinge war, und sicher für alle Gegenstände der Sinne, mithin alle nur mögliche Erfahrung galt, für allgemein gültig ausgab, weil ich sie auf die Dinge an sich selbst bezog und nicht auf Bedingungen der Erfahrung einschränkte.

Also ist es so weit gefehlt, dass meine Lehre von der Idealität des Raumes und der Zeit die ganze Sinnenwelt zum blosen Scheine mache, dass sie vielmehr das einzige Mittel ist, die Anwendung einer der allerwichtigsten Erkenntnisse, nämlich derjenigen, welche Mathematik a priori vorträgt, auf wirkliche Gegenstände zu sichern, und zu verhüten, dass sie nicht für blosen Schein gehalten werde, weil ohne diese Bemerkung es ganz unmöglich wäre auszumachen, ob nicht die Anschauungen von Raum und Zeit, die wir von keiner Erfahrung entlehnen und die dennoch in unserer Vorstellung a priori liegen, blose selbstgemachte Hirngespinnste wären, denen gar kein Gegenstand, wenigstens nicht adäquat correspon

dirte, und also Geometrie selbst ein bloser Schein sei, dagegen ihre unstreitige Gültigkeit in Ansehung aller Gegenstände der Sinnenwelt eben darum, weil diese blose Erscheinungen sind, von uns hat dargethan werden können.

Es ist zweitens so weit gefehlt, dass diese meine Principien darum, weil sie aus den Vorstellungen der Sinne Erscheinungen machen, statt der Wahrheit der Erfahrung sie in blosen Schein verwandeln sollten, dass sie vielmehr das einzige Mittel sind, den transscendentalen Schein zu verhüten, wodurch Metaphysik von jeher getäuscht und eben dadurch zu den kindischen Bestrebungen verleitet worden, nach Seifenblasen zu haschen, weil man Erscheinungen, die doch blose Vorstellungen sind, für Sachen an sich selbst nahm, woraus alle jene merkwürdigen Auftritte der Antinomie der Vernunft erfolgt sind, davon ich weiterhin Erwähnung thun werde, und die durch jene einzige Bemerkung gehoben wird, dass Erscheinung, so lange als sie in der Erfahrung gebraucht wird, Wahrheit, sobald sie aber über die Grenze derselben hinausgeht und transscendent wird, nichts, als lauter Schein hervorbringt.

Da ich also den Sachen, die wir uns durch Sinne vorstellen, ihre Wirklichkeit lasse und nur unsere sinnliche Anschauung von diesen Sachen dahin einschränke, dass sie in gar keinem Stücke, selbst nicht in den reinen Anschauungen von Raum und Zeit, etwas mehr, als blos Erscheinung jener Sachen, niemals aber die Beschaffenheit derselben an ihnen selbst vorstellen, so ist dies kein der Natur von mir angedichteter durchgängiger Schein, und meine Protestation wider alle Zumuthung eines Idealismus ist so bündig und einleuchtend, dass sie sogar überflüssig scheinen würde, wenn es nicht unbefugte Richter gäbe, die, indem sie für jede Abweichung von ihrer verkehrten, obgleich gemeinen Meinung gerne einen alten Namen haben möchten und niemals über den Geist der philosophischen Benennungen urtheilen, sondern blos am Buchstaben hingen, bereit ständen, ihren eigenen Wahn an die Stelle wohl bestimmter Begriffe zu setzen, und diese dadurch zu verdrehen und zu verunstalten. Denn dass ich selbst dieser meiner Theorie den Namen eines transscendentalen Idealismus gegeben habe, kann Keinen berechtigen, ihn mit dem empirischen Idealismus des CARTES, (wiewohl dieser nur eine Aufgabe war, wegen deren Unauflöslichkeit es, nach CARTESIUS' Meinung, Jedermann frei stand, die Existenz der körperlichen Welt zu verneinen, weil sie niemals genugthuend beantwortet werden könnte,) oder mit dem mystischen und schwärmerischen des BERKELEY, (wowider

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