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Das einzelne in Raum und Zeit und dem Satze des Grundes gemäss erscheinende Ding ist nur eine mittelbare Objectivation des Dinges an sich oder des Willens; zwischen diesem und dem Einzelobject steht noch die Idee als die alleinige unmittelbare Objectivität des Willens. Die Ideen sind die Stufen der Objectivation des Willens, welche, in zahllosen Individuen ausgedrückt, als die unerreichten Musterbilder dieser oder als die ewigen Formen der Dinge dastehen, nicht selbst in Zeit und Raum, das Medium der Individuen, eintretend, sondern feststehend, keinem Wechsel unterworfen, immer seiend, nie geworden, während jene entstehen und vergehen, immer werden und nie sind. Als die niedrigste Stufe der Objectivation des Willens stellen sich die allgemeinsten Kräfte der Natur dar, welche theils in jeder Materie ohne Ausnahme erscheinen, wie Schwere, Undurchdringlichkeit, theils sich untereinander in die überhaupt vorhandene Materie getheilt haben, so dass einige über diese, andere über jene, eben dadurch specifisch verschiedene Materie herrschen, wie Starrheit, Flüssigkeit, Elasticität, Elektricität, Magnetismus, chemische Eigenschaften und Qualitäten jeder Art. Die oberen Stufen der Objectivation des Willens, auf welchen immer bedeutender die Individualität hervortritt, erscheinen in den Pflanzen und Thieren bis zum Menschen hinauf. Jede Stufe der Objectivation des Willens macht der andern die Materie, den Raum, die Zeit streitig. Ein jeder Organismus stellt die Idee, deren Abbild er ist, nur nach Abzug des Theiles seiner Kraft dar, welcher verwendet wird auf die Ueberwältigung der niederen Ideen, die ihm die Materie streitig machen. Jenachdem dem Organismus die Ueberwältigung jener die tieferen Stufen der Objectivität des Willens ausdrückenden Naturkräfte mehr oder weniger gelingt, wird er zum vollkommneren oder unvollkommneren Ausdruck seiner Idee, d. h. er steht näher oder ferner dem Ideal, welchem in seiner Gattung die Schönheit zukommt *).

genden Willens zu verstehen sei.) Schopenhauer vermischt den Begriff,,Wille", welcher die Vorstellung des Erstrebten und die Ueberzeugung der Erreichbarkeit desselben involvirt, mit dem Begriffe ,,Trieb", der ohne solche theoretische Bestandtheile sein kann; wenn unser Vorstellen nicht Object unseres Vorstellens sein könnte, so könnte dies auch der Wille nicht sein, sondern höchstens nur der blinde Trieb, und doch kommt andererseits Schopenhauer in der Durchführung seiner Theorie nicht ohne den Begriff des Willens im vollen Sinne aus; er sagt, er wolle das Genus nach der vorzüglichsten Species benennen, erzielt aber dadurch den falschen Anschein, als ob die Naturkräfte, indem er dieselben den Willen in der Natur nennt, uns ebensosehr, wie der menschliche Wille, bekannt wären, und als ob die zweckmässige Wirksamkeit derselben eben so verständlich, wie die des bewussten Willens, wäre. Der bildliche und der eigentliche Sinn des Wortes Wille fliessen zusammen. Die Einheit des Willens, die Schopenhauer als real nimmt, ist in der That nur die Hypostase einer Abstraction. Zu dem lässt Schopenhauer ununtersucht, ob nicht alle Kraft und aller Trieb innere Zustände oder Qualitäten voraussetze, welche, mehr unseren Vorstellungen, als unseren Begehrungen analog, an sich nicht Kräfte seien, sondern dies erst durch ihre Beziehungen zu andern werden. An die Beschränkung unseres eigentlichen Wesens auf den Willen knüpft sich ferner in der praktischen Philosophie der Uebelstand, dass Schopenhauer consequentermaassen nicht die positive Bedeutung des Vorstellens und Erkennens anzuerkennen vermag, und demgemäss, da der blosse ,,Wille zum Leben" keine wahrhafte Befriedigung gewährt, nicht, über denselben hinaus auf ein edleres Ziel, sondern nur von demselben weg auf die Austilgung desselben zu verweisen vermag, wovon unten.

*) Dass Schopenhauer, wie in seiner Lehre von dem Einen Willen als Ding an sich gleich den Eleaten, Megarikern und Spinoza, so in seiner Ideenlehre gleich Plato und Schelling Abstractionen, die wir im Denken vollziehen, fälschlich objectivirt und hypostasirt, ist offenbar. Wie die Ideen objectiv in den Organismen,

Auf dieser Ideenlehre ruht Schopenhauers im dritten Buche vorgetragene Kunstlehre. Die Idee ist noch nicht in die untergeordneten, unter dem Satze des Grundes begriffenen Formen des Erkennens eingegangen; aber sie trägt bereits die allgemeinste Form des Erkennens, die der Vorstellung überhaupt, des Objectseins für ein Subject. Als Individuen haben wir keine andere Erkenntniss, als die dem Satze des Grundes unterworfen ist; diese Form aber schliesst die Erkenntniss der Ideen aus. Von der Erkenntniss der einzelnen Dinge können wir uns zu der Erkenntniss der Ideen nur dadurch erheben, dass im Subject eine Veränderung vorgeht, welche jenem grossen Wechsel der ganzen Art des Objectes entspricht und vermöge welcher das Subject, sofern es eine Idee erkennt, nicht mehr Individuum ist. Das Erkennen gehört zur Objectivation des Willens auf ihren höheren Stufen. Ursprünglich und ihrem Wesen nach ist die Erkenntniss dem Willen durchaus dienstbar; bei den Thieren ist diese Dienstbarkeit nie aufzuheben; die Erkenntniss der Idee geschieht, indem die Erkenntniss im Menschen sich vom Dienste des Willens losreisst, wodurch das Subject aufhört, ein bloss individuelles zu sein und in fester Contemplation des dargebotenen Objectes, ausser seinem Zusammenhange mit irgend welchen anderen, ruht und darin aufgeht. Wenn man aufhört den Relationen der Dinge zu einander und zum eigenen Willen am Leitfaden der Gestaltungen des Satzes vom Grunde nachzugehen, also nicht mehr das Wo, das Wann, das Warum und das Wozu an den Dingen betrachtet, sondern einzig und allein das Was, und zwar nicht durch das abstracte Denken, sondern durch die ruhige Contemplation des gerade gegenwärtigen natürlichen Gegenstandes, dann ist, was so erkannt wird, nicht mehr das einzelne Ding als solches, sondern es ist die Idee, die ewige Form, die unmittelbare Obectivität des Willens auf dieser Stufe, und das Subject ist reines, willenloses, schmerzloses, zeitloses Subject der Erkenntniss. Diese Erkenntnissart ist der Ursprung der Kunst. Die Kunst, das Werk des Genies, wiederholt die durch reine Contemplation aufgefassten ewigen Ideen, das Wesentliche und Bleibende aller Erscheinungen der Welt. Ihr einziges Ziel ist die Mittheilung dieser Erkenntniss. Jenachdem der Stoff ist, in welchem sie wiederholt, ist sie bildende Kunst, Poesie und Musik *).

Das Ansich des Lebens, der Wille, das Dasein selbst, ist ein stetes Leiden, theils jämmerlich, theils schrecklich; dasselbe hingegen als Vorstellung allein, rein angeschaut oder durch die Kunst wiederholt, gewährt ein bedeutsames Schauspiel, Freiheit von Qual im Genuss des Schönen. Aber diese Erkenntniss erlöst nicht auf immer, sondern nur auf Augenblicke, vom Leben, und ist so noch nicht der Weg aus demselben, nicht ein Quietiv des Willens, dessen es zur dauernden Erlösung bedarf. Der Wille bejaht sich, wenn er, nachdem die Erkenntniss des Lebens eingetreten ist, dasselbe ebenso will, wie er es bis dahin ohne Erkenntniss als blinder Drang gewollt hat. Das Gegentheil hiervon, die Verneinung des Willens zum Leben, zeigt sich, wenn auf jene Erkenntniss das Wollen endet, indem sodann nicht mehr die erkannten einzelnen Erscheinungen als Motive des Wollens wirken, sondern die ganze, durch Auffassung der Ideen

die doch wesentlich auf der Form beruhen, raumlos existiren sollen, bleibt schlechthin unklar.

*) Schopenhauer rückt die ästhetische Auffassung, um sie von dem „Willen“ zu sondern, der theoretischen sehr nahe, ohne doch, da er einen Genuss des Schönen anerkennt, zur gänzlichen Abscheidung von der Beziehung auf den jedes Gefühl bedingenden Willen" fortgehen zu können. In seiner Ideenlehre schlägt die logische Allgemeinheit in eine ästhetische Vollkommenheit um.

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erwachsene Erkenntniss des Wesens der Welt, die den Willen spiegelt, zum Quietiv des Willens wird und so der Wille sich selbst frei aufhebt. Diesen Gedanken führt Schopenhauer im vierten Buche aus, welches seine Ethik enthält. Die nächste Forderung ist das auf dem Bewusstsein der Identität unseres Willens mit allem Willen beruhende Mitleid mit dem von allem Leben unabtrennbaren Leid, die höchste Aufgabe aber die Aufhebung nicht des Lebens, sondern

des Willens zum Leben durch Ascese*).

§ 26. Im Gegensatz zu Fichte's subjectivem Idealismus und zu Schelling's erneutem Spinozismus hat unter Anknüpfung an das realistische Element in der Kantischen Philosophie, wie auch an Eleatische, Platonische und Leibnizische Lehren Johann Friedrich Herbart (1776-1841) eine philosophische Doctrin ausgebildet, die er selbst nach ihrem vorherrschenden Charakter als Realismus bezeichnet. Die Philosophie definirt er als Bearbeitung der Begriffe. Die Logik zielt auf die Deutlichkeit der Begriffe ab, die Metaphysik auf die Berichtigung derselben, die Aesthetik im weiteren Sinne, welche die Ethik in sich fasst, auf die Ergänzung derselben durch Werthbestimmungen. Herbart's Logik kommt principiell mit der Kantischen überein. Herbart's Metaphysik ruht auf der Voraussetzung, dass in den durch die Erfahrung dargebotenen formalen Begriffen, insbesondere in dem Begriff des Dinges mit mehreren Eigenschaften, in dem Begriff der Veränderung und in dem Begriff des Ich Widersprüche enthalten seien, welche zu einer Umformung derselben nöthigen. In der Hinwegschaffung dieser Widersprüche findet Herbart die eigentliche Aufgabe der Speculation. Das Sein oder die absolute Position kann nicht mit Widersprüchen behaftet gedacht werden, daher dürfen jene Begriffe nicht unverändert bleiben; andererseits ist es so zu denken, dass es den empirisch gegebenen Schein zu erklären vermöge, denn wie viel Schein vorhanden ist, soviel Hinweisung auf Sein liegt vor; also sind jene Begriffe, obschon sie nicht beibehalten werden dürfen, doch auch nicht völlig zu verwerfen, sondern methodisch umzugestalten. Die Widersprüche in dem Begriffe des Dinges mit vielen Eigenschaften nöthigen zu der Annahme, dass viele einfache reale Wesen zusammen seien, deren jedem eine einfache Qualität zukomme. Die Widersprüche im Begriff

*) Schopenhauer sympathisirt mit den indischen Büssern, mit der buddhistischen Lehre von der Aufhebung des Leidens durch den Austritt aus der bunten Welt des Lebens (Sansara) und Eingang in die Bewusstlosigkeit (Nirwana) und mit den ascetischen Elementen im Christenthum, aber ohne in seiner greisenhaften Moral ein positives Ziel zu kennen, um desswillen die Aufhebung des Niederen eine sittliche Aufgabe ist; zu diesem Behuf würde es der (von Frauenstädt versuchten) Hervorhebung der dem Willen von seinen frühsten Stufen an wesentlichen Beziehung zum „Intellect" bedürfen.

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der Veränderung nöthigen zu der Theorie der Selbsterhaltung als des Bestehens wider Störung bei gegenseitiger Durchdringung einfacher realer Wesen. Die Widersprüche im Begriffe des Ich nöthigen zur Unterscheidung von appercipirten und appercipirenden Vorstellungen; die gegenseitige Durchdringung und Einheit der Vorstellungen aber beweist die Einfachheit der Seele als ihres Trägers. Die Seele ist ein einfaches, unräumliches Wesen, dem eine einfache Qualität zukommt. Ihr Sitz ist ein einzelner Punkt inmitten des Gehirns. Werden die Sinne afficirt und setzt die Bewegung mittelst der Nerven zum Gehirn sich fort, so wird die Seele von den einfachen realen We esen, die in ihrer nächsten Umgebung sind, durchdrungen; ihre Qualität übt dann eine Selbsterhaltung wider die Störung, die sie durch jede der ihrigen partiell oder total entgegengesetzte Qualität eines jeden von jenen anderen einfachen Wesen erleiden würde; eine jede solche Selbsterhaltung der Seele aber ist eine Vorstellung. Alle Vorstellungen beharren, auch nachdem der Anlass, der sie hervorgerufen hat, aufgehört hat zu bestehen. Sind mehrere Vorstellungen gleichzeitig in der Seele und sind dieselben einander partiell oder total entgegengesetzt, so können dieselben nicht ungehemmt zusammenbestehen; es muss so viel von ihnen gehemmt, d. b. unbewusst werden, als die Intensität sämmtlicher Vorstellungen mit Ausnahme der stärksten beträgt. Dieses Hemmungsquantum nennt Herbart die Hemmungssumme. Jede Vorstellung hat um so mehr von der Hemmungssumme zu tragen, je schwächer sie selbst ist. An die Intensitätsverhältnisse der Vorstellungen und an die Gesetze der Aenderung dieser Verhältnisse knüpft sich die Möglichkeit und wissenschaftliche Nothwendigkeit, Mathematik auf die Psychologie änzuwenden. Unabhängig von der theoretischen Philosophie ist Herbart's Aesthetik, deren wichtigster Theil die Ethik ist. Die ästhetischen Urtheile erwachsen aus dem Gefallen und Missfallen, welches sich an gewisse Verhältnisse, die ethischen Urtheile insbesondere aus dem, welches sich an Willensverhältnisse knüpft. Auf die Uebereinstimmung des Willens mit dem über ihn ergehenden sittlichen Urtheil überhaupt bezieht sich die Idee (oder der „Musterbegriff") der innern Freiheit, auf die gegenseitigen Verhältnisse der Willensacte Einer Person die Idee der Vollkommenheit, auf die wohlgefällige Uebereinstimmung des Willens des Einen mit dem Willen des Andern die Idee des Wohlwollens oder der Liebe, auf die Vermeidung des missfallenden Streits, welcher bei der gleichzeitigen Richtung mehrerer Willen auf das nämliche Object entsteht, geht die Idee des Rechts, auf die Aufhebung der missfallenden Ungleichheit bei einseitigem Wohlthun oder Wehethun geht die Idee der

Vergeltung oder Billigkeit. Auf der Ethik, welche die Ziele bestimmt, und auf der Psychologie, welche die Mittel aufzeigt, ruht die Pädagogik, wie auch die Staatslehre. Der Staat, seinem Ursprung nach eine durch Macht geschützte Gesellschaft, ist bestimmt, die sämmtlichen ethischen Ideen als eine von ihnen beseelte Gesellschaft zur Darstellung zu bringen. Der Gottesbegriff, für dessen Gültigkeit Herbart den teleologischen Beweis führt, gewinnt in dem Maasse religiöse Bedeutung, als er durch ethische Prädicate bestimmt wird. Jeder Versuch einer theoretischen Durchbildung der philosophischen Gotteslehre ist mit der Herbart'schen Metaphysik unverträglich.

Herbart's kleinere philos. Schriften und Abh. nebst dessen wiss. Nachlass hat G. Hartenstein in 3 Bden., Leipz. 1842 herausgegeben. Seine sämmtl. Werke hat G. Hartenstein in 12 Bdn. herausg., Lpzg. 1850 - 52. / Herbartische Reliquien. Ein Supplem. zu H.'s sämmtl. Werk., hrsg. v. Ziller, Lpz. 1871 (enth. Briefe u. Abhandl. u. Aphorismen). Ueber Herbart's Leben handelt Hartenstein in der Einleitung zu s. Ausg. der kleineren philos. Schriften u. Abhandl. H.'s, Bd. I., Lpzg. 1842; vgl. auch Voigdt, zur Erinnerung an H., Worte, gesprochen am 28. Oct. 1841 in der öffentl. Sitzung der K. deutsch. Gesellsch. zu Königsberg, Kgsbg. 1841, Joh. Friedr. Herbart, Erinnerung an die Göttingische Katastrophe im Jahr 1837, ein Posthumum (hrsg. von Taute), Kgsbg 1842, F. H. Th. Allihn üb. d. Leb. und die Schriften J. F. Herbart's, nebst e. Zusammenstellung der Litteratur seiner Schule, in: Zeitschr. für exacte Philos., hrsg. von Allihn und Ziller, Bd. I., Heft 1, Leipzig 1860, S. 44 ff. Zur Biogr. H.'s u. Sanio, z. Erinnerung an H. als Lehrer d. Kgsbg. Univers. in ,,Herbartische Reliq." S. 1-19. Ueber Herbart's philosophischen Standpunkt und über einzelne seiner Doctrinen finden sich zahlreiche kritische Bemerkungen in verschiedenen Schriften und Abhandlungen von Beneke, Trendelenburg, Chalybaus, Ulrici, Franz Hoffmann, Lotze, Lange und anderen unten (§ 28) zu erwähnenden Philosophen; in jüngster Zeit sind u. a. erschienen: P. J. H. Leander, über H.'s phil. Standp., Lund 1865. K. Fr. W. L. Schulze, H.'s Stellung zu Kant, entwickelt an den Hauptbegriffen ihrer Philosophie, Göttinger Inaug.-Diss., Luckau 1866. Herm. Langenbeck, die theoretische Philosophie Herbart's und seiner Schule und die darauf bezügliche Kritik, Berlin 1867. Wilh. Schacht, kritisch-philos. Aufsätze, 1. Heft: Herbart und Trendelenburg, Aarau 1868 (vgl. dagegen J. Bergmann in den philos. Monatsheften, Bd. I, 1868, S. 237-242). E. F. Wyneken, das Naturgesetz der Seele, Hannover 1869. E. Otto Zacharias, über einige metaphys. Differenzen zwischen Herbart und Kant, Rostocker Promotionsschrift, Leipzig 1869. Rich. Quäbicker, Kant's und Herbart's metaphys. Grundans. über das Wesen der Seele, Berlin 1870.

Johann Friedrich Herbart, geboren zu Oldenburg, wo sein Vater Justizrath war, am 4. Mai 1776, erhielt seine erste Bildung durch Privatunterricht und auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt; er ward früh mit der Wolff'schen Philosophie, daneben auch mit Kantischen Lehren bekannt. Im Jahr 1794 bezog er die Universität Jena, wo damals gerade Fichte seine Wissenschaftslehre entwickelte. Lebhaft zu philosophischem Denken angeregt, legte Herbart schriftlich seinem Lehrer Bedenken gegen Sätze der Wissenschaftslehre vor und überreichte ihm auch eine Kritik der beiden ersten Schriften Schelling's: über die Möglichkeit einer Form der Philosophie überhaupt, und: vom Ich oder dem Unbedingten im menschlichen Wissen. Herbart gewann die Ueberzeugung, es komme in der Philosophie nicht darauf an: da fortzufahren, wo ein zu grosser Berühmtheit gelangter Philosoph zu bauen aufgehört hat“, sondern: auf die Fundamente zu achten, dieselben der schärfsten Kritik zu unterwerfen, ob sie auch wirklich tauglich sind ein Gebäude des Wissens zu tragen". Herbart's Streben nach Genauigkeit in der Untersuchung ward durch die Anregung, die er von Fichte empfing, gefördert. Auf den Begriff des Ich ward früh sein Nachdenken gelenkt. In einem

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