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Charakteristisch für den Typus der Kantischen Moral im Gegensatz zu dem, was der mittelalterlichen Moral als das Höchste galt, sind Vorschriften, wie folgende (die er auf die Pflicht der Selbstschätzung des Menschen als eines Vernunftwesens im Bewusstsein der Erhabenheit seiner moralischen Anlage bei allem Bewusstsein und Gefühl der Geringfügigkeit seines moralischen Werths in Vergleichung mit dem Gesetz gründet): Lasset euer Recht nicht ungeahndet von Anderen mit Füssen treten. Macht keine Schulden, für die ihr nicht volle Sicherheit leistet. Nehmt nicht Wohlthaten an, die ihr entbehren könnt, und seid nicht Schmarotzer oder Schmeichler oder gar, was freilich nur im Grad von dem Vorigen unterschieden ist, Bettler. Daher seid wirthschaftlich, damit ihr nicht bettelarm werdet. Die Kriecherei ist des Menschen unwürdig; wer sich zum Wurm macht, kann nachher nicht klagen, dass er mit Füssen getreten wird. Die Pflicht der Achtung meines Nächsten ist in der Maxime enthalten, keinen andern Menschen als blosses Mittel zu meinen Zwecken herabzuwürdigen, nicht zu verlangen, der Andere solle sich selbst wegwerfen, um meinem Zwecke zu fröhnen. Die Pflicht der Nächstenliebe ist die Pflicht, die Zwecke Anderer, sofern diese Zwecke nur nicht unsittlich sind, zu den meinen zu machen; sie muss als Maxime des Wohlwollens gedacht werden, welches das Wohlthun zur Folge hat; als Gefühle können Liebe und Achtung nicht moralisch geboten sein; denn Gefühle zu haben, dazu kann es keine Verpflichtung durch Andere geben. Die Unterlassung der blossen Liebespflichten ist Untugend (peccatum); aber die Unterlassung der Pflicht, die aus der schuldigen Achtung für jeden Menschen überhaupt hervorgeht, ist Laster (vitium); denn durch die Verabsäumung der ersteren wird kein Mensch beleidigt; durch die Unterlassung aber der zweiten geschieht dem Menschen Abbruch in Ansehung seines gesetzmässigen Anspruchs. Die ethische Gymnastik ist nicht Mönchsascetik, sondern besteht nur in der Bekämpfung der Naturtriebe, die es dahin bringt, über sie bei vorkommenden der Moralität Gefahr drohenden Fällen Meister werden zu können, mithin wacker und im Bewusstsein seiner wiedererworbenen Freiheit fröhlich macht.

§ 18. An die Kritik der reinen speculativen und der praktischen Vernunft schliesst sich bei Kant als ein Verbindungsmittel des theoretischen und des praktischen Theiles der Philosophie zu einem Ganzen die Kritik der Urtheilskraft an. Kant definirt die Urtheilskraft überhaupt als das Vermögen, das Besondere als enthalten unter dem Allgemeinen zu denken. Ist das Allgemeine (die Regel, das Princip, das Gesetz) gegeben, so ist die Urtheilskraft, welche das Besondere dadurch subsumirt, bestimmend; ist aber das Besondere gegeben, wozu sie das Allgemeine finden soll, so

das Sittengesetz Gebotenen) und der Neigung gefunden wird. An Kant's Begründung des Rechts ist nicht ohne Grund eine zu exclusive Hervorhebung des Freiheitsbegriffs getadelt worden, da doch die Freiheit nur ein Moment der gesammten Rechtsordnung bilde. Aus der Beziehung auf die sittliche Gesammtaufgabe der Menschheit ist auch die Rechtsordnung zu begreifen (nämlich als die Abgrenzung der Sphären der freien Selbstbestimmung der einzelnen Personen zum Behuf der Realisirung der sittlichen Zwecke). Kant's Abtrennung der Rechtsform von dem sittlichen Zweck ist (ebenso, wie auf anderen Gebieten seine Trennung von Inhalt und Form) relativ berechtigt gegen eine naive Vermischung, erschliesst aber nicht das wahrhaft befriedigende Verständniss.

ist sie reflectirend. Die reflectirende Urtheilskraft bedarf eines Princips, um von dem Besondern in der Natur zum Allgemeinen aufzusteigen. Die allgemeinen Naturgesetze haben nach der Kritik der reinen Vernunft ihren Grund in unserm Verstande, der sic der Natur vorschreibt; die besonderen Naturgesetze aber sind empirisch, also nach unserer Verstandeseinsicht zufällig, müssen aber doch, um Gesetze zu sein, aus einem wenn gleich uns unbekannten Princip der Einheit des Mannigfaltigen als nothwendig angesehen werden. Nun ist das Princip der reflectirenden Urtheilskraft eben dieses, dass die besonderen empirischen Gesetze in Ansehung dessen, was in ihnen durch die allgemeinen Gesetze unbestimmt bleibt, nach einer solchen Einheit betrachtet werden müssen, als ob gleichfalls ein Verstand, wenn gleich nicht der unserige, sie zum Bebuf unserer Erkenntnissvermögen, um ein System der Erfahrung nach besonderen Naturgesetzen möglich zu machen, gegeben hätte. In der Einheit des Mannigfaltigen der empirischen Gesetze liegt die Zweckmässigkeit der Natur, welche jedoch nicht den Naturproducten selbst beigelegt werden darf, sondern ein Begriff a priori ist, der lediglich in der reflectirenden Urtheilskraft seinen Ursprung hat. Vermöge der Zweckmässigkeit der Natur stimmt die Gesetzmässigkeit ihrer Form auch zur Möglichkeit der in ihr nach Freiheitsgesetzen zu bewirkenden Zwecke. Der Begriff der Einheit des Uebersinnlichen, das der Natur zum Grunde liegt, mit dem, das der Freiheitsbegriff praktisch enthält, macht den Uebergang von der reinen theoretischen zur reinen praktischen Philosophie möglich.

Die reflectirende Urtheilskraft ist theils ästhetische, theils teleologische Urtheilskraft; jene geht auf die subjective oder formale, diese auf die objective oder materiale Zweckmässigkeit. In beiderlei Beziehung ist der Zweckbegriff nur ein regulatives, nicht ein constitutives Princip.

Das Schöne ist das, was durch seine mit dem menschlichen Erkenntnissvermögen harmonirende Form ein uninteressirtes, allgemeines und nothwendiges Wohlgefallen erweckt. Das Erhabene ist das schlechthin Grosse, welches die Idee des Unendlichen in uns hervorruft und durch seinen Widerstreit gegen das Interesse der Sinne unmittelbar gefällt.

Die teleologische Urtheilskraft betrachtet die organische Natur nach der ihr innewohnenden Zweckmässigkeit. Was für intelligible Wesen das Gesetz der Sittlichkeit ist, das ist für blosse Naturwesen der organische Zweck. Die mechanische und die teleologische Naturerklärung beruhen darauf, dass sich die Naturobjecte theils als Gegenstände der Sinne, theils als Gegenstände der Ver

nunft betrachten lassen. Die mechanischen und die Zweckursachen mag ein intuitiver Verstand, den aber der Mensch nicht besitzt, als identisch erkennen.

Kant's Lehren über das Schöne und Erhabene sind von Schiller in seinen ästhetischen Abhandlungen, demnächst von Schelling etc. fortgebildet, von Herder in der Kalligone bekämpft worden; vgl. insbesondere Vischer's Aesthetik, Zimmermann's Gesch. der Aesthetik, Lotze's Gesch. der neueren deutschen Aesthetik, ferner Ludw. Friedländer, Kant in seinem Verhältniss zur Kunst und schönen Natur, in: Preuss. Jahrb. XX, 2, August 1867, S. 113-128. Die Kantische Teleologie hat namentlich auf Schelling's und Hegel's Philosophie wesentlichen Einfluss geübt; vgl. darüber die Aeusserungen von Rosenkranz in seiner Gesch. der Kantischen Philosophie, ferner von Michelet, Erdinann, Kuno Fischer und Anderen.

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In mehrfachem Betracht bildet die Kritik der Urtheilskraft zwischen der Kritik der reinen und praktischen Vernunft die Vermittlung. Die Kritik der reinen Vernunft erkannte nur dem Verstande constitutive Principien zu, die Kritik der praktischen Vernunft erkannte Vernunftideen als maassgebend für das Handeln an; zwischen dem Verstand und der Vernunft aber bildet Urtheilskraft das Mittelglied. Zwischen dem Erkennen und Begehren steht psychologisch das Gefühl der Lust und Unlust, auf dieses aber bezieht sich die Urtheilskraft in ihrem ästhetischen Gebrauch, indem sie ihm a priori die Regel giebt. Zwischen dem Gebiete des Naturbegriffs als dem Sinnlichen und dem Gebiete des Freiheitsbegriffs als dem Uebersinnlichen ist nach Kant eine unübersehbare Kluft befestigt, so dass von jenem zu diesem vermittelst des theoretischen Gebrauchs der Vernunft kein Uebergang möglich ist, gleich als ob es verschiedene Welten wären, davon die erste auf die zweite keinen Einfluss haben kann; gleichwohl soll doch diese auf jene einen Einfluss haben, nämlich der Freiheitsbegriff den durch seine Gesetze aufgegebenen Zweck in der Sinnenwelt wirklich machen, folglich muss die Natur auch so gedacht werden können, dass in ihr Zwecke nach Freiheitsgesetzen sich bewirken lassen; durch den Begriff der Naturzweckmässigkeit vermittelt die Urtheilskraft den Uebergang vom Gebiete der Naturbegriffe zum Gebiete des Freiheitsbegriffs.

An einem in der Erfahrung gegebenen Gegenstande kann Zweckmässigkeit vorgestellt werden entweder aus einem bloss subjectiven Grunde, als Uebereinstimmung seiner Form in der Auffassung (apprehensio) desselben vor allem Begriffe mit dem Erkenntnissvermögen, um die Anschauung mit Begriffen zu einem Erkenntniss überhaupt zu vereinigen, oder aus einem objectiven, als Uebereinstimmung seiner Form mit der Möglichkeit des Dinges selbst, nach einem Begriffe von ihm, der vorhergeht und den Grund dieser Form enthält. Die Vorstellung der Zweckmässigkeit der ersteren Art beruht auf der unmittelbaren Lust an der Form des Gegenstandes in der blossen Reflexion über sie; die Vorstellung von der Zweckmässigkeit der zweiten Art hat es nicht mit einem Gefühle der Lust an den Dingen, sondern mit dem Verstande in Beurtheilung der Dinge zu thun, da sie die Form des Objects nicht auf die Erkenntnissvermögen des Subjects in der Auffassung derselben, sondern auf ein bestimmtes Erkenntniss des Gegenstandes unter einem gegebenen Begriffe bezieht. Wir können, indem wir der Natur gleichsam eine Rücksicht auf unser Erkenntnissvermögen nach der Analogie eines Zwecks beilegen, die Naturschönheit als Darstellung (Veranschaulichung) des Begriffs der formalen oder bloss subjectiven Zweckmässigkeit ansehen, die Naturzwecke aber als Darstellung des Begriffs einer realen oder objectiven Zweckmässigkeit; jene beurtheilen wir ästhetisch, vermittelst des Gefühls der Lust, durch Geschmack, diese logisch, nach Begriffen, durch Verstand und Ver

nunft. Hierauf gründet sich die Eintheilung der Kritik der Urtheilskraft in die Kritik der ästhetischen und die Kritik der teleogischen Urtheilskraft.

Das Vermögen der Beurtheilung des Schönen ist der Geschmack. Um zu unterscheiden, ob etwas schön sei oder nicht, beziehen wir die Vorstellungen nicht durch den Verstand auf's Object zum Erkenntnisse, sondern durch die Einbildungskraft (vielleicht mit dem Verstande verbunden) auf's Subject und das Gefühl der Lust oder Unlust desselben; das Geschmacksurtheil ist daher nicht logisch, sondern ästhetisch.

Das Wohlgefallen am Schönen ist, seiner Qualität nach, uninteressirt *). Das Interesse ist das Wohlgefallen, das wir mit der Vorstellung der Existenz eines Gegenstandes verbinden. Das Interesse hat immer zugleich Beziehung auf das Begehrungsvermögen, entweder als Bestimmungsgrund desselben, oder doch als mit dem Bestimmungsgrunde desselben nothwendig zusammenhängend. Mit Interesse verbunden ist das Wohlgefallen am Angenehmen und Guten. Angenehm ist das, was den Sinnen in der Empfindung gefällt. Gut ist das, was vermittelst der Vernunft durch den blossen Begriff gefällt. Schön ist das, was ohne alles Interesse wohlgefällt, oder das, dessen Vorstellung in mir mit Wohlgefallen begleitet ist, so gleichgültig ich auch immer in Ansehung der Existenz des Gegenstandes dieser Vorstellung sein mag. Das Angenehme vergnügt, das Schöne gefällt. Das Gute wird geschätzt (dem Guten wird ein objectiver Werth beigelegt). Annehmlichkeit gilt auch für vernunftlose Thiere, Schönheit nur für Menschen, d. h. thierische, aber doch zugleich vernünftige Wesen, das Gute aber für jedes vernünftige Wesen überhaupt. Sowohl das Wohlgefallen der Sinne, als auch das der Vernunft zwingt den Beifall ab, das des Geschmacks am Schönen aber ist ein freies Wohlgefallen. Das Wohlgefallen am Angenehmen beruht auf Neigung, das am Schönen auf Gunst, das am Guten auf Achtung **).

*) In dieser Begriffsbestimmung, die das Schöne durch seine Wirkung auf das Subject charakterisirt, verwendet Kant ein bereits von Mendelssohn hervorgehobenes Merkmal dieser Wirkung. Mendelssohn sagt in seinen ,,Morgenstunden" (Schr. II, S. 294 f., cit. von Kanngiesser, die Stellung M.'s in der Aesth. S. 114); ,,Man pflegt gemeiniglich das Vermögen der Seele in Erkenntnissvermögen und Begehrungsvermögen einzutheilen und die Empfindung der Lust und Unlust schon mit zum Begehrungsvermögen zu rechnen. Allein mich dünkt, zwischen dem Erkennen und Begehren liege das Billigen, der Beifall, das Wohlgefallen der Seele, welches noch eigentlich von Begierde weit entfernt ist. Wir betrachten die Schönheit der Natur und der Kunst, ohne die mindeste Regung von Begierde, mit Verguügen und Wohlgefallen. Es scheint vielmehr ein besonderes Merkmal der Schönheit zu sein, dass sie mit ruhigem Wohlgefallen betrachtet wird, dass sie gefällt, wenn wir sie auch nicht besitzen und von dem Verlangen sie zu benutzen auch noch so weit entfernt sind. Erst alsdann, wenn wir das Schöne in Beziehung auf uns betrachten und den Besitz desselben als ein Gut ansehen, alsdann erst erwacht bei uns die Begierde zu haben, an uns zu bringen, zu besitzen, eine Begierde, die von dem Genusse der Schönheit sehr weit unterschieden ist." Mendelssohn findet in dem,,Billigungsvermögen" den Uebergang vom Erkennen zum Begehren. Kant's Begriff der Uninteressirtheit reicht aber über das blosse Nichtbegehren nach Besitz weit hinaus.

*) Die strenge Abtrennung des Reizes als des Angenehmen, das in der Empfindung gefalle, von dem Schönen (z. B. in der Malerei der Farbe und der Zeichnung), ist undurchführbar in der Kunst. Mit eben so viel Grund, wie Kant die Farbe bei einem Bilde für eine entbehrliche Zuthat erklärt, die nur durch ihren Reiz die Aufmerksamkeit auf den Gegenstand selbst erwecke und erhebe, hätte er dasselbe vom Versmaass, Rhythmus und Reim in der Poesie sagen können, und doch lässt er selbst mit richtiger Einsicht eine Poesie ohne Reim und ohne Metrum gar nicht gelten. Kant hat auf dem ästhetischen Gebiete ganz ebenso, wie auf

Das Wohlgefallen am Schönen ist, seiner Quantität nach, allgemein. Das Wohlgefallen am Schönen kann, weil es uninteressirt und frei ist, nicht (wie das am Angenehmen) in Privatbedingungen gegründet sein, sondern nur in demjenigen, was der Urtheilende auch bei jedem andern voraussetzen kann. Aber die Gültigkeit für Jedermann kann bei dem ästhetischen Urtheil nicht (wie beim ethischen Urtheil) aus Begriffen entspringen; es ist also mit demselben nicht ein Anspruch auf objective, sondern nur auf subjective Allgemeinheit verbunden.

Nach der Relation der Zwecke, welche in den Geschmacksurtheilen in Betracht gezogen werden, ist die Schönheit die Form der Zweckmässigkeit eines Gegenstandes, sofern sie ohne Vorstellung eines Zwecks an ihm wahrgenommen wird. Eine Blume, z. B. eine Tulpe, wird für schön gehalten, weil eine gewisse Zweckmässigkeit, die so, wie wir sie beurtheilen, auf gar keinen Zweck bezogen ist, in ihrer Wahrnehmung angetroffen wird. Kant unterscheidet freie und anhängende Schönheit. Die freie Schönheit (pulchritudo vaga) setzt keinen Begriff von dem voraus, was der Gegenstand sein soll; die bloss anhängende Schönheit pulchritudo adhaerens) setzt einen solchen und die Vollkommenheit des Gegenstandes nach demselben voraus. Das Wohlgefallen an dem Mannigfaltigen in einem Dinge in Beziehung auf den innern Zweck, der seine Möglichkeit bestimmt, ist auf einen Begriff gegründet; das Wohlgefallen an der (freien) Schönheit aber setzt keinen Begriff voraus, sondern ist unmittelbar mit der Vorstellung, wodurch der Gegenstand gegeben (nicht wodurch er gedacht wird), verknüpft. Wird der Gegenstand unter der Bedingung eines bestimmten Begriffs für schön erklärt, wird also das Geschmacksurtheil über die Schönheit durch das Vernunfturtheil über die Vollkommenheit oder innere Zweckmässigkeit eingeschränkt, so ist das Urtheil nicht mehr ein freies und reines Geschmacksurtheil; nur in der Beurtheilung einer freien Schönheit ist das Geschmacksurtheil rein.

Der Modalität nach hat das Schöne eine nothwendige Beziehung auf das Wohlgefallen. Diese Nothwendigkeit ist nicht theoretisch und objectiv, auch nicht praktisch, sondern sie kann als Nothwendigkeit, die in einem ästhetischen Urtheile gedacht wird, nur exemplarisch genannt werden, d. h. sie ist die Nothwendigkeit der Beistimmung Aller zu einem Urtheil, das wie ein Beispiel einer allgemeinen Regel, die man nicht angeben kann, angesehen wird. Der ästhetische Gemeinsinn als Wirkung aus dem freien Spiel unserer Erkenntnisskräfte ist eine idealische Norm, unter deren Voraussetzung sich ein Urtheil, welches mit ihr zusammenstimmt und das in demselben ausgedrückte Wohlgefallen an einem Object für Jedermann mit Recht zur Regel machen lässt, weil das Princip zwar nur subjectiv, aber subjectiv allgemein, eine Jedermann nothwendige Idee ist.

Das Schöne gefällt mit einem Anspruch auf jedes Andern Beistimmung als Symbol des sittlich Guten, und der Geschmack ist demgemäss im Grunde ein Beurtheilungsvermögen der Versinnlichung sittlicher Ideen.

dem theoretischen und praktischen (s. o. S. 181 ff. und S. 207 f.), nicht eine aufsteigende Stufenfolge vom Sinnlichen zum Geistigen anerkannt, sondern beides dualistisch von einander geschieden. Mit Recht dagegen scheidet Kant das,,uninteressirte Wohlgefallen", das sich an die blosse Anschauung knüpft, von dem praktischen Interesse ab; jenes knüpft sich bereits an das blosse Bild des Gegenstandes und nicht an die Beziehungen des Objectes selbst zu unserm Eigenleben. Das uninteressirte Wohlgefallen aber hat eine objective Basis, welche Kant, in der Consequenz seines einseitigen Subjectivismus, vergeblich zu beseitigen sucht; diese Basis liegt in dem Wesen des angeschauten Objectes, und die aesthetisch befriedigende Form ist nicht etwas Selbständiges, sondern nur die angemessene Weise der Ausprägung dieses Wesens in der Erscheinung (in Kant's fälschlich sogenannter,,freier Schönheit“).

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