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ralischen Triebfedern (gereinigt vom Blödsinn des Aberglaubens und dem Wahnsinn der Schwärmerei);

3. Das Verhältniß unter dem Princip der Freiheit, sowohl das innere Verhältniß ihrer Glieder unter einander, als auch das äußere der Kirche zur politischen Macht, beides in einem Freistaate (also weder Hierarchie, noch Illuminatism, eine Art von Demokratie, durch besondere Eingebungen, die, nach jedes seinem Kopfe, von Anderer ihrer verschieden seyn können);

4. Die Modalität derselben, die Unveränderlichteit ihrer Constitution nach, doch mit dem Vorbehalt der nach Zeit und Umständen abzuändernden, blos die Administration derselben betreffenden zufälligen Anordnungen, wozu sie doch auch die sicheren Grundsätze schon in sich selbst (in der Idee ihres Zwecks) a priori enthalten muß (also unter ursprünglichen, einmal, gleich als durch ein Gesetzbuch, öffentlich zur Vorschrift gemachten Gesetzen, nicht willkührlichen Symbolen, die, weil ihnen die Authenticität mangelt, zufällig dem Widerspruche ausgesetzt und veränderlich find).

Ein ethisches Gemeinwesen also, als Kirche, d. i. als bloße Repräsentantin eines Staats Gottes betrachtet, hat eigentlich keine ihren Grundsätzen nach der politischen ähnliche Verfassung. Diese ist in ihm weder monarchisch (unter einem Papst oder Patriarchen), noch aristokratisch (unter Bischöfen und Prälaten), noch demokratisch (als fectirischer Illuminaten). Sie würde noch am Besten mit der einer Hausgenossenschaft (Familie) unter einem gemeinschaftlichen, ob zwar unsichtbaren, moralischen Vater verglichen werden können, so ferne sein heiliger Sohn, der feinen Willen weiß, und zugleich mit allen ihren Gliedern in Blutsverwandtschaft steht, die Stelle deffelben darin vertritt, daß er seinen Willen diesen näher bekannt macht, welche daher in ihm den Vater ehren, und so unter einan

der in eine freiwillige, allgemeine und fortdauernde Herzensvereinigung treten. (X, 119-121.)

In dem, was eigentlich Religion genannt zu werden verdient, kann es keine Sectenverschiedenheit geben (denn sie ist einig, allgemein und nothwendig, mithin unveränderlich), wohl aber in dem, was den Kirchenglauben betrifft, er mag nun blos auf die Bibel, oder auch auf Tradition gegründet seyn: so ferne der Glaube an das, was blos Vehikel der Religion ist, für Artikel derselben gehalten wird.

Allgemeinheit für einen Kirchenglauben zu fordern (catholicismus hierarchicus), ist ein Widerspruch, weil unbedingte Allgemeinheit Nothwendigkeit vorausseßt, die nur da stattfindet, wo die Vernunft selbst die Glaubenssätze hinreichend begründet, mithin diese nicht bloße Statute sind. Dagegen hat der reine Religionsglaube rechtmäßigen Anspruch auf Allgemeingültigkeit (catholicismus rationalis). Die Sectirerei in Glaubenssachen wird also bei dem letztern nie stattfinden, und, wo sie angetroffen wird, da entspringt sie immer aus einem Fehler des Kirchenglaubens: seine Statute (selbst göttliche Offenbarungen) für wesentliche Stücke der Religion zu halten, mithin den Empirism in Glaubenssachen dem Rationalism unterzuschieben, und so das blos Zufällige für an sich nothwendig auszugeben. Da nun in zufälligen Lehren es vielerlei einander widerstreitende, theils Sazungen, theils Auslegung von Satzungen, geben kann, so ist leicht einzusehen, daß der bloße Kirchenglaube, ohne durch den reinen Religionsglauben geläutert zu seyn, eine reiche Quelle unendlich vieler Secten in Glaubenssachen seyn werde.

Von dem Puncte, wo der Kirchenglaube anfängt, für sich selbst mit Autorität zu sprechen, ohne auf seine Rectification durch den reinen Religionsglauben zu achten, hebt auch die Sectirerei an; denn da dieser (als praktischer

Vernunftglaube) seinen Einfluß auf die menschliche Seele nicht verlieren fann, der mit dem Bewußtseyn der Freiheit verbunden ist, indeffen daß der Kirchenglaube über die Gewissen Gewalt ausübt, so sucht ein Jeder Etwas für seine eigene Meinung in den Kirchenglauben hinein oder aus ihm heraus zu bringen.

Diese Gewalt veranlaßt entweder bloße Absonderung von der Kirche (Separatism), d. i. Enthaltung von der öffentlichen Gemeinschaft mit ihr, oder öffentliche Spaltung der in Ansehung der kirchlichen Form Andersdenkenden (Schismatiker), oder Zusammentretung der Diffidenten in Ansehung gewisser Glaubenslehren in besondere, nicht immer geheime, aber doch vom Staat nicht sanctionirte Gefellschaften (Sectirer), deren einige noch besondere, nicht fürs große Publicum gehörende, geheime Lehren aus eben demselben Schatz her holen (gleichsam Clubbisten der Frömmigkeit), endlich auch falsche Friedensstifter, die durch die Zusammenschmelzung verschiedener Glaubensarten Allen genug zu thun meinen (Synkretisten); die dann noch schlimmer sind als Sectirer.

In Ansehung der Sectirerei (welche auch wohl ihr Haupt bis zur Vermannigfaltigung der Kirche erhebt, wie es bei den Protestanten geschehen ist) pflegt man zwar zu sagen: es ist gut, daß es vielerlei Religionen (eigentlich kirchliche Glaubensarten in einem Staate) giebt, und so ferne ist dieses auch richtig, als es ein gutes Zeichen ist: nämlich daß Glaubensfreiheit dem Volke gelassen worden, aber das ist eigentlich nur ein Lob für die Regierung. An sich aber ist ein solcher öffentlicher Religionszustand doch nicht gut, dessen Princip so beschaffen ist, daß es nicht, wie es doch der Begriff einer Religion erfordert, Allgemeinheit und Einheit der wesentlichen Glaubensmarimen bei sich führt, und den Streit, der von dem Außerwesentlichen herrührt, nicht von jenem unterscheidet. (X, 302-307.)

Das Pfaffenthum ist die Verfassung einer Kirche, so ferne in ihr ein Fetischdienst regiert, welches allemal da anzutreffen ist, wo nicht Principien der Sittlichkeit, sondern statutarische Gebote, Glaubensregeln und Observanzen die Grundlage und das Wesentliche desselben ausmachen. Nun giebt es zwar manche Kirchenformen, in denen das Fetischmachen *) so mannigfaltig und so mechanisch ist, daß es beinahe alle Moralität, mithin auch Religion zu verdrängen und ihre Stelle vertreten zu sollen scheint, und so ans Heidenthum sehr nahe angrenzt; allein auf das Mehr oder Weniger kommt es hier nicht eben an, wo der Werth oder Unwerth auf der Beschaffenheit des zu oberst verbindenden Princips beruht. Wenn dieses die gehorsame Unterwerfung unter eine Satung, als Frohndienst, nicht aber die freie Huldigung auferlegt, die dem moralischen Gesetze zu oberst geleistet werden soll; so mögen der auferlegten Observanzen noch so wenig seyn, genug, wenn sie für unbedingt nothwendig erklärt werden, so ist das immer ein Fetischglauben, durch den die Menge regiert, und durch den Gehorsam unter eine Kirche (nicht der Religion) ihrer moralischen Freiheit beraubt wird. Die Verfassung derselben (Hierarchie) mag monarchisch, oder aristokratisch, oder demokratisch seyn: das

*) Ueber das Fetischmachen sagt Kant: Der Mensch, welcher Handlungen, die für sich selbst nichts Gott wohlgefälliges (moralisches) enthalten, doch als Mittel braucht, das göttliche unmittelbare Wohlgefallen an ihm und hiermit die Erfüllung seiner Wünsche zu erwerben, steht in dem Wahn des Besitzes einer Kunst, durch ganz natürliche Mittel eine übernatürliche Wirkung zuwege zu bringen, dergleichen Versuche man das Zaubern zu nennen pflegt, welches Wort wir aber (da es den Nebenbegriff einer Gemeinschaft mit dem bösen Princip bei sich führt, dagegen jene Versuche doch auch als übrigens in guter moralischer Absicht aus Mißverstande unternommen gedacht werden können) gegen das sonst bekannte Wort des Fetischmachens austauschen wollen. (X, 214.)

betrifft nur die Organisation; die Constitution derselben ist und bleibt doch unter allen diesen Formen immer despotisch. Wo Statute des Glaubens zum Constitutionalgesetz gezählt werden, da herrscht ein Klerus, der der Vernunft und selbst zuletzt der Schriftgelehrsamkeit gar wohl entbehren zu können glaubt, weil er als einzig autorisirter Bewahrer und Ausleger des Willens des unsichtbaren Gesetzgebers die Glaubensvorschrift ausschließlich zu verwalten, die Autorität hat, und also mit dieser Gewalt versehen, nicht überzeugen, sondern nur befehlen darf. Weil nun, außer diesem Klerus, alles Uebrige Laie ist (das Oberhaupt des politischen gemeinen Wesens nicht ausgenommen), so beherrscht die Kirche zuletzt den Staat, nicht eben durch Gewalt, sondern durch Einfluß auf die Gemüther, überdies auch durch Vorspiegelung des Nutzens, den dieser vorgeblich aus einem unbedingten Gehorsam soll ziehen können, zu dem eine geistige Disciplin selbst das Denken des Volks gewöhnt hat; wobei aber unvermerkt die Gewöhnung an Heuchelei die Redlichkeit und Treue der Unterthanen untergräbt, sie zum Scheindienst auch in bürgerlichen Pflichten abwitzigt, und, wie alle fehlerhaft genommenen Principien, gerade das Gegentheil von dem hervorbringt, was beabsichtigt war. (X, 217 fg.)

Subalterne müssen nicht vernünfteln (räsonniren), weil ihnen das Princip, wonach gehandelt werden soll, oft_ver= hehlt werden muß, wenigstens unbekannt bleiben darf; der Befehlshaber (General) aber muß Vernunft haben, weil ihm nicht für jeden vorkommenden Fall Instruction gegeben wer= den kann. Daß aber der sogenannte Laie in Sachen der Religion, da diese als Moral gewürdigt werden muß, sich feiner eigenen Vernunft nicht bedienen, sondern dem bestallten Geistlichen (Klerikus), mithin fremder Vernunft, folgen solle, ist ungerecht zu verlangen, da im Moralischen ein

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