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Gute kamen '); nein, es wurde ein eigener allgemeiner Meliora. zionsplan vom 21. Oktober 1774 für das ganze Land von einer Immediatkommission2) auf königliche Kosten ausgeführt. Der Zweck war, zur Verbesserung oder Gewinnung von Äckern und Wiesen die kleinen Flüsse in Kanäle zu legen, die größeren zu bewallen, sumpfige oder der Überschwemmung ausgeseßte Gegenden durch Kanäle trocken zu erhalten und den Flugsand zu bändigen. Fast aus allen Ländern des deutschen Reiches, aus Polen und ́aus andern Gegenden zog der König Ansiedler zur Bevölkerung seiner Staten. Abgesehen von den vielen tausend Soldaten, welche, in der Fremde geworben, am Ende doch auch dem Vaterlande verblieben, rechnet , man, daß von 1740 bis 1786 in der Kurmark überhaupt 262 neue Dörfer 3) und Anlagen, welche der König auf seinem, auf adligem und auf städtischem Grund und Boden veranstaltet hatte, 11,618 fremde Familien aufgenommen haben; in dem Neße- und Warthebruche der Neumark ließen sich (seit 1762) 2581 fremde Familien nieder; in Pommern (von 1740 bis 75) 2112 fremde Familien; in Schlesien (von 1763 bis 77) über 30,000 Kolonisten; in Westpreußen (von 1774 bis 1786) 1353 Familien; auch in den andern Provinzen deren mehrere Tausend; in Allem aber etwa 250,000 neue Anbauer: als Handwerker in den Städten, als Kolonisten auf dem platten Lande), oder als Büdner. Man rechnete

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1) v. Beneckendorf Nachrichten von Landes- und Wirthschaftsverbesserungen. Bd. 1. Stettin 1778. Aus jenen Zinsen der Meliorazionskapitalien Friedrich's 2. stammt der noch jeht in der Provinz Pommern bestehende Meliorations - Zinsen - Pensions-Fond her. f. Graaf Handbuch des Etats-, Kassen-, und Rechnungs - Wesens des Königlich Preußischen Stats. Berlin 1831. S. 462.

2) S. die beiden ersten Bånde der Beiträge zur Preußischen Finanzliteratur.

3) Wie umsichtig der König bei Anlegung neuer Dörfer und bei der Landesverbesserung Alles selbst anordnete, zeigt die Kavinetsordre vom 17. Okt. 1782 in knüppeln Geist Friedrichs des Einzigen S. 397 und an demselben Orte, S. 411 die Kabinetsordre vom 17. Mai 1786. 4) Den schönen Brief eines mecklenburg schwerinschen Mädchens, welches den König um ein Kolonistenetablissement bittet, hat Knuppeln Geist Friedrichs des Einzigen. S. 158.

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damals auf die Ansehung einer Familie 400 Thlr., und die auf solche Weise angelegten Kapitalien verzinseten sich sehr gut'). Wer über diesen Gegenstand genauere Belehrung sucht, der muss die einzelnen Schriften über die Urbarmachungen, z. B. des Warthebruches, des Oderbruches einsehen; oder die damals in zahlreich erscheinenden Topographieen der einzelnen Provinzen, namentlich die Goldbecksche von Preußen, die Borgstedesche von der Mark Brandenburg, sammt den Büschingschen und ähnlichen Arbeiten; vor allem aber die fast unzähligen Edikte, welche den eigentlichen Geist der königli chen Gesinnung am deutlichsten aussprechen 2).

In diesem großartigen Zweige der Urbarmachung und Bevölkerung des Landes durch fremde Ansiedler stand dem Könige ein sehr tüchtiger Mann zur Seite, der Geheime Finanzrath v. Bren. kenhoff, welcher 1723 zu Reideburg bei Halle geboren, in früher Jugend Page am Hofe des Fürsten Leopold von Dessau war, der große Fähigkeiten in ihm fand und ihn daher sorgfältig selbst auszubilden suchte, sich auch einen treuergebenen Vertrauten an ihm erzog. Im ersten schlesischen Kriege that Brenkenhoff, in Pagenuniform, Generaladjutantendienste bei seinem Fürsten und bewies sich tüchtig im Felde, wie in der Landesverwaltung; 1745 beförderte sein Herr ihn auf Einmal vom Pagen zum Oberstallmeister; Fürst Maximilian ernannte ihn zum Kammerdirektor und nach dieses Fürsten Tode war er Mitvormund des minderjährigen Fürsten Franz. Brenkenhoff nahm Theil an den Lieferungen, welche Schimmelman für das preußische Heer im siebenjährigen Kriege besorgte und gewann dabei ansehnlich 3). Diesen Mann nun lernte Friedrich in jenem

1) Büsching Zuverlässige Nachrichten. S. 239.

2) Baron v. Lamotte Abhandlungen. Berlin 1793. S. 160 — 302 von den Kolonisten. In Ansehung der fremden Handwerker merke die Edikte vom 1. Sept. 1747 und 8. April 1764 (Mylius C. C. M. Cont. 3. Nr. 25. p. 181; Mylius N. C. C. M. Bd. 3. Nr. 23. p. 409 bis 412). Über die Vergünstigungen der Fremden, welche sich in den preußischen Landen niederlicßen s. die Edikte vom 26. Okt. 1770 und vom 8. Mårz 1775 (Mylius N. C. C. M. d. 4. Nr. 75. p. 7401). Neben den dußern Begünstigungen waren die Gewissensfreiheit, die Sicherheit des Eigenthums und die mancherlei Erwerbsquellen einladend. 3) (Meißner) Leben Franz Balthasar Schönberg v. Brenkenhoff. Leipzig bei Breitkopf 1782. 192 Seiten 8. S. 16 — 20.

Kriege aus seiner musterhaften Verwaltung des Dessauischen Landes kennen. Als der König dieses Gebiet nach der Schlacht von Torgau wieder berührte, da hatte Brenkenhoff, selbst schon in Anwesenheit der Österreicher, so zweckmäßige Verpflegungsanstalten für das preußische Heer getroffen, daß der König äußerst überrascht war und ihn als wirklichen Geheimen Oberfinanz-, Krieges- und Domänenrath mit Siß und Stimme im Generaldirektorium in seine Dienste zog, in denen er dann 18 Jahre rastlos wirkte '). Bei den für das Land äußerst segensreichen Unternehmungen in Pommern, in der Neumark und in Westpreußen 2) sette Brenkenhoff sein Vermögen zu und als er in Carzig in der Neumark auf dem Sterbebette lag, musste er des Königs Gnade anflehen ), weil er die Kassen, welche er verwaltet, in dem verwickeltesten Zustande hinterließ. Meißner sagt: „Was auf diesen Brief, vom 21. Mai 1780, seinem Todestage, erfolgte, gehört nicht für dieses Buch, das bloß Brenkenhoff's Leben enthalten soll.“ Der König aber ließ seine Güter, wie die Görneschen, schonungslos verkaæsen.

Die bisher versuchten einzelnen Aufzählungen, auch, wie viel an bedeutenden baren Summen der König dem brandenburgischen, pommerschen, schlesischen Adel, sowie vielen einzelnen Städten gespendet, geben immer noch kein ganz genügendes Bild von Friedrichs Sorgen für die Aufnahme seines Landes. Will man den treuen, nie rastenden Vater seines Volkes ganz kennen lernen; so muss man alle die einzelnen Werke’und Abhandlungen durchmustern, welche diesen Gegenstand absichtlich oder gelegentlich berühren, vor allem aber die eben berührte Brenkenhoffsche Biographie; von Klöber's vortreffliche Schrift: „Von Schlesïen vor und seit dem Jahre

1) a. a. D. S. 33 — 38.

2) über Brenkenhoffs dkonomische Unternehmungen s. sein Leben (von Meißner) S. 127 ff.

3) a. a. D. S. 171; neben Meißner muss man über v. Brenkenhoff den Pommerschen und Neumarkschen Wirth von v. Beneckendorf nachsehen, wo sich unter andern Bd. 2. Stück 2. eine umständliche Abhandlung über die Wirthschaftsunternehmungen des Geh. Raths v. Brenkenhoff auf seinen Neumärkischen und Pommerschen Landgütern findet.

1740; den Pommerschen und Neumärkischen Wirth'). Ganz besonders aber gehören hicher die acht Abhandlungen, welche der Minister von Herzberg in der Akademie der Wissenschaften an den Geburtstagen des Königs von 1780 bis 1787 vorgelesen und nachher 2) in Druck gegeben. Diese Abhandlungen find eigentlich Reden über wichtige Gegenstände der Geschichte oder Politik im Allgemeinen; der wichtigste Theil derselben aber ist unstreitig der Schluss, welcher jedesmal einen umständlichen Jahresbericht von der Statsverwaltung des großen Königs enthält, eine preußische Statschronik gleichsam, oder eine Art Rechenschaft der Regirung, welche sie sich selbst und der Welt ablegte, verfasst von einem vertrauten und be freundeten Minister des Königs unter den Augen desselben. Aus diesen acht Abhandlungen erhellet, daß Friedrich in der Zeit vom Hubertsburger Frieden bis an seinen Tod 24,399,838 Thlr. auf die Verbesserung des Landes gewandt.

Wie wir den König hier Neues schaffen gesehen; so finden wir ihn auch das Alte bessern, mehren, erhalten. Gegen 6 Millionen Thaler wendet er auf die Festungen und auf das Geschüßwesen. ,,Der König, heißt es in den Hinterlassenen Werken '), machte diesen Aufwand keinesweges, wie es bei großen Höfen gewöhnlich geschieht, um Aufsehen zu erregen; er lebte wie ein Privatmann, um nicht seine vornehmsten Pflichten zu verabsäumen. Mittelst einer strengen Haushaltung wurde der große und der kleine Schaß gefüllt, jener auf den Fall eines Krieges, dieser zu allem nöthigen Heergeräthe; 900,000 Thlr. wurden in Magdeburg, 4 Million Thaler in Breslau zum Futterankaufe niedergelegt; seit 1769 zalte Preußen an Russland jährlich 480,000 Thlr. als Beihülfe zum Türkenkriege."

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brachte die Regie

In den Hungerjahren 1770 und 71 500,000 Thlr. weniger, als sonst ein; und die immer vollen königlichen Getraidevorräthe spendeten Brod- und Satkorn.

"Die

1) Das ist eine Zeitschrift, welche nachher u. d. T. „Zuverlässige Nachrichten von wichtigen Landes- und Wirthschaftsverbesserungen/ be= sonders erschienen und von dem Präsidenten v. Beneckendorf verfasst ist. 2) Huit Dissertations etc. 1787. Deutsch 1789.

3) T. 5. p. 147.

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Üppigkeit, sagt v. Birkenstock's Lapidarschrift, hielt er vom Hofe fern und den Hunger von den Provinzen." Auch die Ernte des Jahres 1772 war schlecht; in Sachsen und Böhmen galt der Scheffel Roggen 5 Thlr. '); in beiden Ländern wurde Eichenrinde gemalen und Gras gekocht, den Hunger zu stillen; über 20,000 säch sische und eben so viele böhmische Bauern wanderten in Friedrichs Staten ein und halfen, mit denen aus der Pfalz, aus Württemberg, Polen und Mecklenburg herkommenden Ansiedlern die neuen Anlagen bevölkern. Wie Friedrich, so hatten schon viele seiner Vorfahren alle Diejenigen gastlich aufgenommen, welche Glaubensdruck oder die Drangsale der Natur aus ihrem Vaterlande vertrieben: Albrecht der Bär die Flamländer; der große Kurfürst und sein Sohn die Hugenotten; Friedrich Wilhelm I. die Salzburger. Die neuen Landeskinder haben zum Theil mit wohlthätiger Dankbarkeit ihre Schuld abgetragen. Und, wenn nun keine fremde Ansiedler mehr Raum finden dürften; so wollen wir nicht vergessen, wie ersprießlich ehemals dergleichen Einwanderungen waren. Die Flamländer, die Hugenotten und die Salzburger kamen freilich in Massen, deren Kern sich durch Betriebsamkeit in Gewerben, in Bildung der Künste und Wissenschaften oder in anderer edler Beschäftigung vortheilhaft auszeichnete. Friedrichs Anbauer gehörten meist nur dem. Ackerleben an; aber auch sie haben in ihrem Bereiche tüchtig zum allgemeinen Besten beitragen helfen. Der Landban lag damals noch in der Wiege. Der König wollte auch ihm helfen durch Berathung, durch Muster, durch Unterstüßung. Er vertheilt Samen von Klee, Esparzette, Luzerne, Lupin, um bessere Futterkräuter üblich zu machen. Was er für Berlin gethan, indem er fremde Gärtner berief, die Sandschellen der Umgegend zu bebauen, sehen erst die jezigen Bewohner der Königsstadt im Genusse des schönen, veredelten und reichen Gemüse und Obstbaues ein. Es ist weit mehr aus jenen ersten Anlagen hervorgegangen, als selbst der König erwartete, welcher den 10. Januar 1776 über diese seine Bemühungen an Voltaire schrieb: „Ich gestehe zu, daß, Lybien ausgenommen, we

1) In Berlin kostete der Roggen im Jun 1770 1 Thlr. 3 Gr.

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