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eine Vermehrung seiner Einkünfte von 2 Millionen Thalern, welche eine bloß sorgsamere Verwaltung hätte schaffen können. Dagegen sprach der Vizepräsident des Generaldirektoriums Valentin v. Massow, in einem Ministerrathe zu Charlottenburg, den 10. Jun 1765, die unrichtige Ansicht aus: „das durch den Krieg erschöpfte Land lasse an gar keine Abgabenerhöhung denken. “ Der König fragte weiter, wie viel Pfunde Kaffee in seinem Lande verbraucht würden? Man wusste ihm nicht zu antworten '). Da beschloss der Monarch, dessen Ungnade das Generaldirektorium während des Krieges schon erfahren 2), für die indirekten Steuersachen ein unabhängiges Departement zu errichten und dazu französische Finanzbediente kommen zu lassen; — und Preußen sahe eine ganz neue Erscheinung in's Leben treten: die sogenannte französische Regie, oder, nach dem amtlichen Ausdrucke: „die Generaladministrazion der königlichen Gefälle."

Einer von Friedrichs literarischen Gesellschaftern, der Generallicutenant Anton von Krockow3), aus Pommern, welcher 23 Jahre in französischen Diensten gestanden, unterhielt den König oft von den Einrichtungen jenes Landes und veranlasste denselben zu einem Briefwechsel mit dem berühmten Helvetius, der sich als General

kann, so besteht die Kunst darin, es so zu nehmen, daß der Bürger nicht erdrückt werde." Friedrich in den Oeuvres posth. Thl. 6. p. 75. 1) (Johann Daniel Richter, Krieges- und Steuerrath in Potsdam) Finansmaterialien nach allgemeinen verbesserten und praktischen Grundsäßen. Berlin bei Meyer 1789. gr. 8. Bd. 1. Stück 4. S. 19. 2) S. Friedrich's Briefe an den Gen. Lieut. v. Wedell im Urkundenbuche zum 2. Bande S. 78 und 80; d. 5. Januar 1761 aus Leipzig, cigenhåndig: ich bitte ihm, nehme er Sich doch aldort (nåmlich in Berlin) der Sachen an dan es ist Kein vernünftiger Mensch den ich sie dorten anvertrauen Kan." Den 19. Jan.,,Weilen Mir aber schon aus der vorigen Erfahrung bekannt ist, wie schläfrig und nachlässig während diesen jeßigen Kriegeszeiten auch die pressantesten Sachen bei dem Generaldirektorio betrieben werden, und wie verkehrt und unbe dachtsam sich solches mehrentheils in Sachen, die nicht von dem tåglichen Schlendrian sein, nimmt; So c."

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3) Geb. 1713; als Vafall aus franz. Diensten zurückgerufen; Oberst und Flügeladi.; 1757 G. M.; 1761 G. L.; 1773 Ritter des schwarzen Adler- Ordens; starb 1778 in Landeshut.

pachter, auf eine sehr anständige Weise, ein großes Vermögen erworben. Dieser bekannte Philosoph, wegen seines Buches De l'esprit, 1758 in Frankreich verfolgt und nach England geflüchtet, kam zu Ende des Jahres 1765 selbst nach Berlin, wo er auch bis zum Jun des folgenden Jahres blieb und dem Könige über das neue Werk die nöthige Auskunft gab '). Der Kabinetsbefehl vom 9. April 1766 zeigte dem Generaldirektorium die Veränderung amtlich so an: „Wir sind in Rücksicht, daß die Sachen, anlangend die Accise, bis dato so schlecht und unordentlich gewesen, zur Coupirung der dabei vorfallenden Defraudationen Allerhöchst bewogen worden, Fermiers aus Frankreich kommen zu lassen, so die Administration derselben übernehmen; und soll die Administration ge dachter Fermiers vom Juni a. c. angehen und die dieserhalb zu be stellenden neuen Bedienten im nächstkommenden Monat Mai sogleich in Activität gesezt werden. Auch sollt Ihr vom 1. Juny c. an nichts weiter mit den accises und douanes zu thun haben, dergestalt, daß die Summen, so dies Jahr von den Accisen zur Generalkriegskaffe fließen, durch die genannte Administration an die Generalkriegskaffe gezahlt und die Summen von den Zöllen nach dem Etat an die Kaffen, wohin sie gehören und sonst bezahlt worden sind, gleichergestalt in den gewöhnlichen Terminen berichtigt und abgeführt, und daß diejenigen Summen von Zöllen, so wie aparte erhoben und eingezogen, auch hinführo dergestalt direkt berechnet und eingesandt werden sollen. Daher Wir euch hierdurch solches zur Nachricht und ganz ohnfehlbaren genauesten Achtung bekannt machen"). Darauf erschien,,Vorläufiges Deklarazionspatent wegen einer für sämmtliche Königlich preußische Provinzien, wo bishero die Akzise eingeführt gewesen, vom 1. Junii 1766 an, allergnädigst gut gefundenen neuen Einrichtung der Akzise- und Zoll-Sachen. D. D. Berlin, den 14. April 1766"3). Der König versprach

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1) Friedrich schäßte und rühmte Helvetius auch nach seinem Tode, d. 30. Jun 1772 in einem Briefe an d'Alembert, Oeuvres posthumes T. 11. P. 147: C'étoit un si honnête homme, que je relirai avec plaisir ses ouvrages. 66 Helvetius war 1715 geboren und starb 1771. 2) v. Beguelin Accise- und Zollverfassung. S. 114. 3) Mylius N. C. C. M. Bd. 4. Nr. 36. p. 293–308.

darin Erleichterung, besonders den geringeren Klassen seiner Unterthanen '). Eine Behörde, unter dem Vorsiße des kurmärkischen Kammerpräsidenten Freiherrn von der Horst 2), der im Jun 1766 zum Statsminister und zum Minister des 5. Departements im Generaldirektorium ernannt wurde, traf zu Berlin die einleitenden Maßregeln, und, während Frankreich an seinem schlechten Geldhaushalte schon sehr daniederlag, kamen uns eben daher allmälig ganze Scharen von Finanzkünstlern, unter, zum Theil sehr drolligen Namen: Directeurs, Inspecteurs, Vérificateurs, Controlleurs, Visitateur's, Commis, Plombeurs, Controlleurs ambulants (reitende Aufseher), Jaugeurs (Weinvisirer), Commis rats de cave 3) (Kellermäuse), Brigaden von Anticontrebandiers zu Fuß und zu Pferde *) als Wächter, welche auf dem platten Lande beschwerliche und willkürliche Nachsuchungen ausübten.

So entstand die,,Administration générale des Accises et Péages," gewöhnlich Regie genannt, an deren Spiße fünf Regisseurs standen: Le Grand de Cresssy, welcher schon im Februar 1766 starb, und dessen Nachfolger de Lattre, auch noch in demselben Jahre, den Regisseur Trablaine de Candy im Zwei

1) Diese verheißene Erleichterung trat indess nicht ein, weil, statt der erlassenen Brodakzise, eine Eingangsakzise vom Getraide und Mehl mit respektive 4 und 6 Pf. für den Scheffel (Umschüttegeld) erhoben wurde, auch die Zettel- und Plombagegelder eingeführt, und die Abgaben vom Biere, Branntwein und vom Fleische sehr bedeutend erhöhet wurden, wozu späterhin noch mehrere Erhöhungen, namentlich die sogenannten Aufschlags - Imposte kamen. Die Tonne Bier und das Quart Branntwein zahlten damals schon respektive 18 Gr. und 1 Gr.; die Fleischakzise betrug zwar nur 1 Pfennig auf das Pfund; aber, außer dieser sogenannten Pfundakzise musste von dem Schlachtvich (z. B. in Berlin, vom Ochsen 1 Thlr. 13 Gr. 6 Pf.) Eingangsund 10 Gr. Handlungsakzise; auch eine besondere Fell- und Talgakzise erlegt werden. (Handschriftliches) Promemoria.

2) 1763 den 27. Mai entließ der König den kurmärkischen Kammerprå sidenten von der Gröben und kassirte die beiden Kammerdirektøren Groschopp und Fiedler; v. d. Gröben hatte den bisherigen halberStädtischen Kriegesrath von der Horft zum Nachfolger.

3) Zu den Kellerrevisionen.

4) Beilage 3.

kampfe erstach '), La Haye de Launay, Briere und de Pernety, mit denen der König einen sechsjährigen Vertrag schloff, nach welchem jeder dieser Fünfmänner jährlich 12,000 Thlr. Gehalt 2), auch bedeutende Prämien von Dem bekam, was von Akzisegefällen über den Etat von 178% eingehen würde, und den Titel eines Geheimen Finanzrathes führte. Direktoren waren Anfangs elf in den Provinzen Ostpreußen, Lithauen, Breslau, Glogau, Pommern, Berlin, Kurmark, Neumark, Magdeburg, Kleve, Minden; bald nachher auch in Neiße eine besondere, zwölfte Direkzion. Indeff wurden die westphälischen Provinzen, auf viele Vorstellungen der Unterthanen, bald nach Einführung der Regie, von dieser neuen Einrichtung ausgenommen; dagegen aber mit der Akzisefirazion oder Fixakzise belegt, nach welcher die Städte ein Gewisses (das Accise. Firations Quantum) aufbrachten und an die ihnen vorgeseßten Krieges- und Domänenkammern abführten. Die „Deklarazion die Accise - Einrichtung in den westphälischen Provinzen betreffend. D. D. Berlin, den 25. Januar 1777, bestimmte theils jenes Accise-Firazions - Quantum ebenmäßiger; theils stellte sie in den Provinzen Kleve, Mark, Minden, Ravensberg die ordinäre Akzisse, nach den vom Präsidenten Roden revidirten Tarifs, wieder her; doch sollten die Kammern darauf sehen, daß das bisherige Firazionsquantum dabei erreicht würde 3). Im Meursischen, sowie im Tecklenburgischen und Lingenschen blieb die Firazion bestehen. In diesen beiden Bestimmungen sahe man auf den Wunsch der Unterthanen. Im Herzogthum Geldern hat nie eine Akzise statt gefunden; alle Einkünfte, mit Ausnahme der Zölle, waren, nach der Konvenzion von 1770, an die Geldernschen Stände auf 30 Jahre verpachtet. — In Ostfriesland wurden 1749 die Pachtakzisen abgeschafft und dafür ein Surrogat eingeführt; die Stände übernahmen die Verwaltung der landesherrlichen Revenuen, welche unter anderen Abgaben zu

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1) von Beguelin Accise- und Zollverfassung S. 141. de Lattre bekam Pardon; de Candy wurde nicht erseht: sein Gehalt theilten die übrigen Vier unter sich.

2) Da de Candy's Stelle nicht erseht wurde; so theilten die andern vier Regisseurs sein Gehalt, wie seine Arbeit unter sich.

3) Vergleiche v, Beguelin a. a. D. S. 174 ff.

gleich mit erhoben wurden '). Für Westpreußen wurde eine Akzisedirekzion zu Fahrwasser und Fordon errichtet.

Als den 31. Mai 1772 der Vertrag zu Ende ging, entließ der König die Regisseurs, bis auf de la Haye de Launay; ernannte zwei neue französische Regisseurs dazu, Morinval und la Serre, und zwei deutsche, Magusch und Engelbrecht; verbesserte auch das Justizwesen der Akzise durch das „Reglement vom 11. Jun 1772 für das Königliche Akzise- und Zollgericht in Berlin, welches in zweifelhaften Fällen noch jezt Kraft hat; und gab den 16. Of tober 1783 ein noch gegenwärtig giltiges Edikt „betreffend die Bestrafung der Vergehungen der Akzise-, Zoll- und Lizent-Offizianten." Endlich wurde ein eigenes Ober- Akzise- und Zollgericht für die Monarchie errichtet, unter welchem die ProvinzialAkzise- und Zollrichter standen.

Die Regie, welcher, so lange Friedrich lebte, de la Haye de Launay als erster Regisseur vorstand, und in deren eigentliches Verwaltungsgeschäft auch der Akziseminister v. d. Horst, der den 3. Dezember 1774 den Abschied nahm 2), sich nicht mischen durfte, erregte in ganz Europa Aufmerksamkeit und im Lande selbst viele Klagen. Man weissagte das Verderben des Stats, der aber immer mehr aufblühete. Daß die neue Verwaltung große Umsichtigkeit und Ordnung in das Akzisewesen brachte, wird kein ruhiger Beobachter läugnen. Ihren Nußen und ihren Nachtheil näher zu entwickeln, gehört hieher nicht. Wir verweisen aber auf die gegenseitigen Schriften 3) und erinnern, daß der Stat 1818 wieder Pro

1) S. Bd. 1. S. 307.

2) In Zimmermanns Fragmenten Bd. 2. S. 226 findet man den vortrefflichen Abschiedsbrief, welchen v. d. Horst damals an den König schrieb. Er hatte den Minister v. Görne zum Nachfolger.

3) Compte Rendu Au Roi, par le Conseiller privé des finances de la Haye de Launay, régisseur général de ses droits, des différentes opérations confiées à ses soins par feu le roi (vom 1. Oktober 1786); abgedruckt in dem Werke des Grafen de Mirabeau De la Monarchie prussienne sous Frédéric le Grand. A Londres 1788. T. 4. p. 258-287, worauf p. 293 das Examen du Compte rendu folgt.

De la Haye de Launay Justification du système d'Economie politique et financière de Frédéric II. Roi de Prusse, pour

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